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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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von Mahagoni und war damit kaum heller als Majaguas eigene. Sie sprach in der Zunge der Blassnasen, doch ihre Worte waren fließender als bei den Weißen und rollten ihr geschmeidig von den Lippen. »Wir bringen euch Essen«, sagte sie ruhig und wies mit einer Hand auf die Körbe und Kessel. »Jeder bekommt eine Schale. Achtet gut auf diese Schale, ihr bekommt ab jetzt nur etwas zu essen, wenn ihr eure Schale habt. Wir kommen jeden Morgen und jeden Abend hier herunter und verteilen das Essen. Es gibt Eintopf und Brot, und jeder bekommt gleich viel. Hast du das verstanden?«
    Der Mann nickte und fing an, hektisch in Majaguas Sprache zu erklären, während die Frau sich abwandte und begann, grobe hölzerne Schalen aus einem Korb auf der rauen Decke zu stapeln. Vielleicht ist sie Tangyes Weib , dachte Majagua verächtlich . Mögen die Ahnen ihre Träume stehlen und ihren Geist krank machen!
    Doch nach außen ließ er sich diese Gedanken nicht anmerken, sondern beobachtete stumm das Treiben. Die Frau war jung, vielleicht sogar jünger als Majagua selbst. Sie trug ein einfaches, buntes Kleid mit einer Schürze und hatte ihre langen, dunklen Locken mit einem Tuch nach oben gebunden. Besonders fielen dem jungen Paranao jedoch ihre Augen auf, die schmal waren, geformt wie Mandeln, anders als die muskatnussförmigen Augen der Blassnasen, aber auch anders als die Augen der Paranao. Sie ist von gemischtem Herzen , erkannte Majagua. In seinem Dorf hatte es eine Handvoll gegeben, deren Väter Blassnasen gewesen waren. Manche waren in die großen Dörfer der Hellhäutigen gegangen, aber es hieß, sie seien dort nicht willkommen, und so blieben viele bei den Paranao. Die Gemeinschaft gab ihnen Hütten und ließ sie in ihrer Mitte wohnen, doch sie waren unbeliebt, und Majagua war es gewöhnt, auf sie herabzublicken.
    Zornig riss er sich aus seinen Erinnerungen. Hier, an diesem finsteren Ort, konnten die Halbherzen ihm Befehle geben, waren es welche wie sie, die auf ihn herabblickten. Hier konnten die Mischlinge, die von den Blassnasen manchmal Criolos genannt wurden, offensichtlich frei leben und die Paranao versklaven. Eine Welle der Wut spülte über Majagua hinweg, doch er beherrschte sich, auch wenn in seinem Herzen ein großes Feuer tobte, das seine Gedanken zu verschlingen drohte. Ich werde heimkehren!
    »Du! Deine Schale!«
    Die Stimme der jungen Frau war laut, und ihre Finger deuteten auf den Stapel zu ihren Füßen. Mürrisch bückte sich Majagua, nahm eine der Schalen in die Hand und streckte sie vor. Ein kränklich aussehender Mann mit schütterem Haar hob eine Kelle aus dem Kessel und klatschte einen grünbraunen Brei in die Schale, woraufhin ein weiterer Mann ein Stück dunkles Brot darauflegte.
    »Kannst du mich verstehen?«, fragte die Frau langsam, als spreche sie mit einem, den die Ahnen mit einem lahmen Geist gestraft hatten. Wütend starrte Majagua sie an. »Gibt es welche, die zu schwach sind, um sich Essen zu holen?«, fragte sie leise. »Dann nimm noch eine Schale mit.«
    Noch bevor Majagua antworten konnte, wurde er in den Rücken gestoßen. Hastig griff er nach einem weiteren Napf, ließ ihn sich füllen und ging einige Schritte weiter. Er zog die Schultern hoch und kehrte zurück in den Schatten vor der Hütte, wo er die zweite Schale abstellte und den mageren Inhalt seines Napfes inspizierte. Es waren gekochte Maniokwurzeln und ein grünes Gemüse, das er nicht kannte. Ein Stück Kochfleisch trieb in der breiigen Masse, mehr Sehne und Knorpel als Fleisch. Das Brot war hart, aus kaum gemahlenen Samen, und zu seinem Entsetzen sah er darin eine kleine Bewegung – eine Made! Angewidert ließ er das Brot zu Boden fallen und konnte es auch nicht über sich bringen, von dem sogenannten Eintopf zu kosten. Ein Mann mit müdem Gesichtsausdruck, kaum älter als er selbst, und doch von seinen Bewegungen her schon ein Greis, schlurfte an ihm vorbei. Wortlos gab er ihm die verbliebene Schale und wandte beschämt den Blick ab, als der andere ihm danken wollte.
    Dann lehnte er sich zurück und beobachtete die Wachen und die Essensverteiler. Er prägte sich ihre Gesichter ein, ihre Kleidung, ihr Verhalten. Und er schwor sich im Stillen, sie zu töten. Sie alle.
     
    Mit dem letzten Licht der Sonne kehrten die Arbeiter in das Lager zurück. Sie schlurften langsam, als seien ihre Füße zu schwer, um sie über den Boden zu heben. Inmitten der leeren Gesichter sah Majagua den Alten wieder und lief zu ihm.
    »Ich kenne und

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