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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Kreis. Wieder habe ich alle verraten, die mir etwas bedeuten .
    Mit einem Seufzen richtete er sich auf.
    »Du solltest schlafen«, erklärte Bihrâd, der mit geschlossenen Augen auf dem Boden lag. Die Züge des Mauresken waren unbewegt, im Dämmerlicht wirkten die Tätowierungen auf seinen Wangen wie eine Maske.
    »Ich sollte schlafen«, pflichtete Jaquento ihm bei. »Allein, ich kann nicht.«
    »Leere deinen Geist. Wir können nichts tun, nichts erreichen, nichts verändern. Wenn du das hinnimmst, wird es dir besser gehen.«
    Leichter gesagt als getan , dachte Jaquento bei sich, schwieg aber. Er erhob sich und streckte die müden Glieder. Die fehlende Bewegung der letzten Tage machte ihm zu schaffen,
seine Muskeln waren verkrampft und so voller Knoten wie die Taue an Deck. Die schwüle Luft der Brig, in die sich der Geruch des Bilgenwassers mischte, sorgte für ein unangenehmes Gefühl auf seiner Haut. Dennoch hatte er beinahe den Eindruck, dankbar sein zu müssen, denn immerhin waren sie nicht gefesselt. Am Boden waren eiserne Vorrichtungen angebracht, in die wohl für gewöhnlich die Beine von Delinquenten an Bord gesteckt wurden. Eine Überfahrt auf diese Art zu bestreiten, unfähig, sich auch nur umzudrehen, wäre eine wahre Tortur gewesen.
    »Wie kannst du so ruhig bleiben«, brach es aus dem jungen Hiscadi heraus.
    Bihrâd regte sich nicht, hob nicht einmal die Lider. »Weil alles andere unnütz ist. Wir sind im Bauch eines großen Schiffes, mit vielen Dutzend unserer Feinde um uns herum. Wir sind gefangen, ohne Waffen, ohne Freunde. Wir sind mitten auf dem Ozean. Nichts, was ich tue, kann das ändern.«
    Natürlich hatte der Maureske recht. Daran zweifelte Jaquento nicht eine Sekunde. Aber das hinderte ihn dennoch nicht daran, einerseits ihre Hilflosigkeit zu verfluchen, andererseits dauernd nach einem Ausweg zu suchen, auch wenn er wusste, dass es keinen geben würde.
    »Wenn wir in Thaynric ankommen …«
    »Dann werden wir sehen, was geschieht. Wenn es unser Schicksal ist, werden wir entkommen.«
    »Oder freigesprochen«, entgegnete Jaquento mit einem finsteren Grinsen. Jetzt lächelte Bihrâd doch. Der Gedanke, dass die Thayns mit ihren strengen Regeln und Gesetzen sie nicht hängen würden, war unbestreitbar erheiternd.
    Keine Nation Corbanes war Piraten wohlgesonnen, aber es war vor allem Thaynric, das unter ihnen litt, denn es beherrschte die Meere, und der Handel zur See war das Lebensblut des Inselstaates. Dementsprechend hart waren die
Strafen für Seeräuberei. Unter den Piraten kursierten Geschichten von Käfigen an den Hafeneinfahrten, in denen die Gehängten ausgestellt wurden, bis die Überreste ihrer Körper einfach zwischen den Gitterstäben herausfielen.
    Ganz in Gedanken versunken, legte Jaquento sich wieder zurück und tat es Bihrâd gleich. Doch auch mit geschlossenen Augen fand er keine Ruhe.
    Du darfst nicht hängen .
    Für den Bruchteil eines Augenblicks glaubte Jaquento, es wäre sein eigener Gedanke gewesen. Immerhin war er genau dieser Meinung. Dann jedoch erkannte er den Ursprung.
    »Sinosh?« Es war nicht einmal ein Flüstern.
    Ja .
    Jaquentos Blick zuckte zu Bihrâd, doch der Maureske schien bereits zu schlafen. Vorsichtig drehte Jaquento sich auf die Seite, mit dem Gesicht zu Bordwand.
    »Wo bist du?«
    Unten. Hier ist es nass. Und es stinkt .
    »Wie bist du an Bord gekommen? Warum? Was tust du hier? Wer …«
    Ich bin nachts ein Tau entlanggelaufen und dann durch eine Luke geklettert , unterbrach ihn die kleine Echse. Ich bin dir gefolgt, als die Männer in Rot dich weggebracht haben. Du lässt dich oft schlagen . Das ist dumm von dir.
    »Ja, genau, es ist eine dämliche Vorliebe meinerseits«, zischte der junge Hiscadi grimmig. Das Gefühl der fremden Stimme in seinem Kopf war wie ein Band hinter der Stirn, als ob die Haut um seinen ganzen Kopf sich enger zog. Seine Gedanken gehörten nicht mehr ihm allein, er war ausgeliefert, den fremden Gedanken mehr noch als den Thayns. Denn die mochten über seinen Leib bestimmen, doch niemals über ihn, sein Selbst, das, was er war. Doch diese Stimme einer unvorstellbaren Kreatur nahm ihm diese letzte Bastion; welche
Gedanken die seinen waren und welche von Sinosh kamen, war eine Frage, die ihm immer wieder durch den Kopf gegangen war.
    Aber der Weg ist richtig .
    »Was meinst du?«
    Deine Beute ist dir voraus, aber du folgst ihr .
    »Die Beute? Die Beute? Du kleines, dämliches Mistvieh!«, brach es aus Jaquento heraus. »Ich bin an

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