Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste
keinen Einfluss hatte. Beides schmeckte ihm überhaupt nicht.
Sein Blick zuckte zum Eingang des Raums. Aber er spürte Maecans Aufmerksamkeit. Eine Flucht dürfte nun unmöglich sein. Vorsichtig trat der Poet einen Schritt vor, als befände er sich in einem Sumpf, wo jederzeit der Boden unter ihm nachgeben konnte. Er leckte sich nervös über die Lippen. »Wie habt Ihr die Magie noch gleich genannt?«
»Sympathetisch.«
»Richtig, richtig.«
Noch ein Schritt. Der schwarze Kreis hing vor ihm in der Luft, vollkommen unbewegt. Es gab keinen Laut im Raum außer Franigos Atmen. Ein weiterer Schritt. Jetzt stand der Dichter nur noch eine Armeslänge entfernt, und nun wirkte das Gebilde wie ein dunkler Tunnel, der komplett in Schatten gehüllt war. Ein Tunnel! Das ist gut. Es ist nur ein Tunnel. Ein einfacher, simpler Gang, von denen es hier unten sicher Dutzende, wenn nicht gar Hunderte gibt. Doch er konnte sich selbst nicht täuschen. Das war kein Abwasserrohr, bei dem alles, was es zu fürchten galt, schlechter Geruch und beschmutzte Stiefel waren. Das hier war durch einen uralten Zauber geschaffen. Verfällt auch Vigoris dem Zahn der Zeit? So wie steinerne Ruinen? Was, wenn der Weg überhaupt nicht mehr gangbar ist?
Er blickte Maecan an, der nun ungeduldig mit dem Stock auf den Boden tippte. Langsam streckte Franigo eine Hand aus. Gerade, als er glaubte, die Schwärze zu berühren, zuckte sein Arm wie von selbst zurück.
»Los!«
Maecans Stimme donnerte durch den Raum, erfüllt von solcher Macht, dass es Franigo durch Mark und Bein fuhr und er unwillkürlich vortrat.
Um ihn herum wurde es pechschwarz. Kälte streifte seine Haut, unangenehm, aber nicht erschreckend. Es war einfach, als sei er in einen vollkommen dunklen, kühlen Raum getreten, einen Weinkeller etwa. Noch ein Schritt, und er befand sich ganz darin. Um ihn herum war nichts, aber er stand noch auf festem Boden. Angespannt lauschte er, doch er hörte nur den rasenden Schlag seines Herzens.
Bange Sekunden stand er so da, dann erhellte plötzlich ein Lichtschein die Umgebung. Hinter ihm musste es eine Lichtquelle geben, denn das Leuchten warf einen gewaltigen
Schatten auf die alten Steine. Als sich der Poet umdrehte, sah er, wie Maecans Gehstock aus dem schwarzen Kreis hinter ihm auftauchte, ein leuchtender Mast in einem Meer von Dunkelheit. Dann erschien Maecans Hand, und schließlich trat der Alte selbst durch den Schatten.
Verdutzt sah Franigo sich um. Sie befanden sich in einem Raum mit steinernem Boden und Wänden. Es war, als hätten sie sich überhaupt nicht bewegt.
»Wir sind noch hier«, stellte er mit großer Erleichterung fest. Maecan packte ihn am Arm und zog ihn ein Stück von dem schwarzen Kreis fort, der sich zusammenzog und die Sicht auf eine runde, steinerne Platte freigab, die sanft herabschwebte, sich in die Waagerechte senkte und sich mit einem leisen Geräusch auf den Boden legte.
»Oh, wir sind hier , keine Frage, aber ich muss annehmen, dass du dich irrst, was deine Vermutungen angeht, wo hier ist.«
»Bitte?« Der Dichter war so verwirrt, dass er sich nicht einmal über die neuerliche vertraute Anrede ärgerte. »Wir haben uns nicht bewegt. Dies ist der Raum, in dem wir auch vorher waren und den wir zu verlassen trachteten.«
»Sicher?«, fragte Maecan, so dass der Poet sich noch einmal genau umsah. Alles war wie zuvor. Nur der Eingang lag im Schatten. Doch jetzt fielen Franigo kleinste Veränderungen auf, andere Muster in den gemauerten Wänden, eine andere Beschaffenheit des Steins. Der Raum war ähnlich, aber es war nicht der Raum in Boroges.
»Wo sind wir?«
»Weit im Osten, mein Freund. Weit im Osten. Wir sind unserem Ziel jetzt schon recht nah. Aber wir haben trotzdem noch eine kurze Reise vor uns.« Als Maecan Franigos Blick sah, kicherte er leise. »Keine Sorge. Den Rest des Weges werden wir auf die Art zurücklegen, die dir eher vertraut ist.«
Damit schritt Maecan zum Eingang und hob seinen Stock. Das Licht zeigte eine niedrige metallene Tür, die den Gang versperrte.
»Wir haben Glück. Viele dieser Orte haben die Umwälzung nicht überlebt, aber hier haben die Anhänger Corbans nicht so gewütet. Und in Boroges war das Tor, wie du es vielleicht nennen würdest, damals bereits inaktiv, und für die meisten Menschen sieht es dann nur aus wie gewöhnliches Felsgestein, und so blieb es verschont.«
Franigo blickte zu der runden Steinplatte, die hinter ihm lag. Tatsächlich war nun nichts Außergewöhnliches
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