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Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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mehr an ihr festzustellen.
    Der Poet schloss für einen kurzen Moment die Augen. Er hatte den Mann an seiner Seite unterschätzt, so viel war längst klar. Doch wie sehr hatte er sich in ihm getäuscht? Die altertümliche Sprache, die ich nicht zuordnen konnte. Die Züge, die das wahre Alter nicht verraten. Zauber, die niemand mehr in Corbane beherrschen sollte.
    Franigo schlug die Augen wieder auf. »Maecan … Ihr … Ihr sprecht von diesen Zeiten, als …«
    »Als hätte ich sie erlebt?«
    Maecan wandte sich ihm zu und richtete sich dabei auf. Das gleichmäßige Licht des Gehstocks ließ sein Gesicht nun noch seltsamer erscheinen. Alle Zeichen des Alters schienen plötzlich daraus verschwunden, und mit einem Mal sah sein Gesicht mit der kühnen Nase und dem ausgeprägten Kinn aus wie das einer Feldherrnstatue aus alter Zeit. Er schaute Franigo aus Augen an, deren Blick dem Poeten nun unangenehm war.
    »Das habe ich, mein Freund«, sagte Maecan mit fester Stimme. »Ich habe zusehen müssen, wie die Wunder des Imperiums vernichtet wurden. Wie gemeines Volk die Errungenschaften von Jahrtausenden mit Füßen trat. Wie alles,
was wir an Kenntnissen besaßen, nicht mehr sein durfte. Bibliotheken brannten, Weise wurden gekreuzigt, und eine ungeheuerliche Menge Wissen ging verloren. Wissen und Lehren, die nun selbst mir verschlossen bleiben.«
    Franigo schluckte, da er den bitteren Zorn in der Stimme des Alten beinahe körperlich spürte.
    »Aber die Zeiten ändern sich. Das dunkle Äon endet, und wir werden den Glanz der Vergangenheit wiederauferstehen lassen.« Maecan wandte sich ab. »Und du wirst alles festhalten und niederschreiben, wirst den Anbruch der neuen Zeit dokumentieren, auf dass in der Zukunft niemand vergisst.«
    Der Alte berührte die Tür mit seinem Stock, und kleine Lichtbänder schienen sich von diesem zu lösen und sich über das Metall zu schlängeln. Dann erst sah Franigo, dass das Licht nur dünnen Linien folgte, die bereits in das Metall der Tür eingearbeitet waren.
    Mit einem leisen Ächzen öffnete sich das Portal, und ein Hauch frischer Luft wehte Franigo um die Nase.
    Träume ich oder bin ich wach? Ist dies Wahn oder Wirklichkeit?
    Als Maecan ihm ein aufforderndes Lächeln schenkte, fragte sich der Poet, ob es wohl die richtige Wahl gewesen war, Sargona den Rücken zu kehren, nur um dem Zorn des Mobs zu entgehen. Plötzlich erschienen ihm alle Sorgen, die ihn noch am Vortag so sehr gequält hatten, weit entfernt und im Vergleich geradezu nichtig.

JAQUENTO

    »In letzter Zeit werden wir deutlich zu oft gefangen genommen«, bemerkte Bihrâd, bevor er sich einen Schluck des eiskalten Wassers eingoss, das in einer Karaffe, in der Zitronenscheiben schwammen, auf dem Tisch stand. »Aber wenigstens behandelt man uns hier gut. Kein Vergleich mit der Brig der Todsünde , würde ich sagen.«
    Jaquento war geneigt, dem Mauresken zuzustimmen, aber die Tatsache, dass sie wahrhaftig schon wieder Gefangene waren, trübte seine Laune dafür zu sehr.
    Der Raum, in dem sie sich aufhielten, war hell und freundlich, mit einer hohen Decke und kunstvoll vergitterten Fenstern, durch die das Sonnenlicht schien und Muster auf den Boden warf. Die Wände waren mit Ornamenten in leuchtenden Farben geschmückt, und selbst der Rahmen der einzigen Tür war mit Rot und Gold bemalt. Die Tür selbst war nicht abgeschlossen, aber das war auch nicht nötig, wie Jaquento direkt nach ihrer Ankunft festgestellt hatte; gut ein Dutzend Soldaten stand dort aufmerksam Wache.
    Obwohl er sich mit einem entschuldigenden Lächeln zurückgezogen hatte, konnte Jaquento nicht widerstehen, nun noch einen Blick zu riskieren. Die Situation war unverändert. Die Wachen – ob Männer oder Frauen war dank ihrer Rüstungen und der dunklen Tücher vor ihren Gesichtern
nicht ohne weiteres zu sagen – standen so still wie Statuen. Sie waren beinahe alle gleich groß und trugen goldfarbene Panzerungen aus Metallstreifen und Leder. Diese Rüstungen schienen sie aber in ihrer Bewegungsfreiheit nicht zu behindern, wie Jaquento bereits hatte feststellen können, als die Soldaten die Karren umzingelt hatten. Bewaffnet waren die Wachen mit je zwei Schwertern, und der Ausdruck in ihren Augen schien dem Hiscadi auf unangenehme Weise zu sagen, dass sie nicht zögern würden, ihn zu vierteilen, falls er Scherereien machen sollte.
    »Hunger?«, fragte Bihrâd, der dem Blick seines Freundes scheinbar teilnahmslos gefolgt war. Der Maureske nahm eine grüngelbe,

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