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Sturmwind der Liebe

Sturmwind der Liebe

Titel: Sturmwind der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Rücken. Die Stiefel quietschten vor Nässe.
    Moses öffnete ihr, riß die Augen weit auf und schnalzte mit der Zunge. Auf dem Weg zur Treppe machte er ihr Vorwürfe.
    »Bitte, Moses, es ist doch nur Regenwasser und kein Beinbruch. Ich trockne mich sofort ab.«
    »Der englische Gentleman ist bei Ihrem Pa …«
    Da ertönte auch schon hinter ihr diese unglaublich herrliche Männerstimme. »Guten Abend. Nehmen Sie denn nie eine Droschke?«
    Das hatte noch gefehlt. Langsam drehte Genny sich um. Vor ihr stand der tadellos gekleidete Baron Sherard. In seinem blaßbraunen Mantel aus allerfeinstem Stoff und den enganliegenden dunkelbraunen Hosen war er der Inbegriff des modischen Herrn und doch ohne jeden Anflug von Stutzertum. Die Krawatte war nur einfach gebunden und so blendend weiß, daß … Sie unterbrach ihren Gedankengang. Wen zum Teufel kümmerte es, wie er aussah?
    »Mein Gott, es ist ja eine Frau! Jedenfalls kommt es mir so vor. Vielleicht ist sie ertrunken. Aber nein, sie kann ja noch gehen. Das muß ein Rock sein, sicher. Und auf dem Kopf? Ist das ein Hütchen? Erstaunlich. Nichts als eine tote braune Feder auf einem schmutzigen kleinen Gesicht.«
    Sie fuhr ihm nicht über den Mund. Sie brauchte sich nicht beschämt zu fühlen oder peinlich berührt zu sein. Dies war immerhin ihr Haus, und außerdem war er zu früh gekommen. Es war ihr piepegal, was er von ihr dachte. Sie reckte das Kinn. »Ich gehe mich jetzt umkleiden«, sagte sie und marschierte die Treppe hinauf.
    Hinter sich hörte sie ihn lachen. Sie hob den Rock und beeilte sich, die Treppe zu erklimmen.
    Alec sah ihr nach, bis sie oben um die Ecke gebogen war. Kopfschüttelnd wandte er sich um.
    »Sir.«
    Vor Alec stand der Butler der Paxtons und beobachtete ihn mit einem irgendwie schmerzlichen Ausdruck. »War ich zu grob zu ihr, Moses? Weißt du, man muß sie necken und zum Lachen bringen. Sie ist verdammt ernst.«
    »Ich weiß, Sir. Miß Genny ist aber erst so, seit ihr Vater im vorigen Jahr krank zusammenbrach.«
    »War sie denn vorher anders?«
    »Ja, Sir. Miß Genny war froh und glücklich. Sie hat immer Spaße mit mir, Gracie und Lanny getrieben.«
    »Wer ist Gracie?«
    »Ich nenne sie unser weibliches Faktotum. Ein nettes kleines Mädchen. Hat leider ‘ne Brustkrankheit. Sie kümmert sich um Miß Genny und sagt uns, was wir tun sollen. Sie ist jetzt beinahe wieder gesund. Sie werden sie bald kennenlernen. Aber jetzt, Sir, gibt’s soviel Kummer. Immer Schwierigkeiten.« Er schüttelte trauervoll den Kopf und ging in die Küche.
    Alec fühlte sich irgendwie schuldig, was ihm nicht gefiel. Er hatte sie doch nur geneckt, weiter nichts, ohne böse Absicht oder Hintergedanken. Deshalb brauchte Moses doch nicht gleich eine Miene aufzusetzen, als ginge er zu einer Beerdigung. Mit diesen Gedanken begab sich Alec in das Wohnzimmer.
    Ihm gefiel das Haus der Paxtons, besonders das Wohnzimmer oder der Salon, wie man es in Baltimore nannte. Es war ein großes, quadratisches Zimmer mit hoher, kremfarben gestrichener, gemusterter Decke, die den Raum luftig und hell machte. In kleinen Sitzgruppen an den Wänden fand sich klassisches Mobiliar, meistens im Chippendalestil, Mahagoni mit eingelegtem Atlasholz. Zu beiden Seiten des Kamins gab es zwei längliche Vertiefungen, in denen jeweils eine große Vase mit Trockenblumen stand. Die Wirkung war bezaubernd. Alec überlegte sich, wie wohl das Wohnzimmer auf dem Landsitz Carrick, das aus dem siebzehnten Jahrhundert war, mit solchen Möbeln aussehen würde.
    Wahrscheinlich würde ihn der Fluch seiner Ahnen treffen, wenn er es wagte, ein modernes Möbelstück hineinzustellen.
    »Das war wohl Genny«, sagte James Paxton.
    »Ja, Sir, und völlig durchnäßt. Nimmt sie denn nie eine Droschke?«
    »Nein, das Mädchen ist schon immer lieber zu Fuß gegangen. Sie ist kräftig wie ein Pferd. Das Wetter in Baltimore ist ja auch völlig unberechenbar.« James Paxton schwieg eine Weile, während er mit den Händen über den hellblauen und kremfarbenen Satin des Sofas strich. »Nun hat Genny Ihnen also gesagt, daß sie kein Junge, sondern ein Mädchen ist. Ich bin froh darüber.«
    »Gesagt hat sie es mir eigentlich nicht, Sir.«
    »Ach, dann haben sie ihr wohl den Hut abgenommen, wie?«
    Alec fuhr auf. »Woher wissen Sie das?«
    »Weil ich es so gemacht hätte. Dieser lächerliche Hut, den sie immer aufhat, ist nämlich meiner. Als sie ihn gestern abend aufsetzte, hat es mich in den Fingern gekribbelt. Ich hätte ihr ihn am

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