Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)
sich Maria zuwandte. »Guten Morgen an Preußens beste Köchin und Hausfee.«
Die Geneckte lachte und drohte ihm dabei mit dem Zeigefinger. »Sparen Sie sich Ihren Charme für Ihre Verlobte auf!«
»Ich fürchte, Degenhardt, die junge Dame ist dafür nicht halb so empfänglich wie Sie!«
»Und ich dachte, Sie kennen die Frauen besser!«
»Das halte ich für ein Gerücht.« Philippe grinste Demy an, wandte sich aber wieder an die Haushälterin. »Wissen Sie, wo ich den Rittmeister finde?«
»Das fragen Sie besser Ihre Verlobte. Ich verschwinde jetzt in der Küche und befasse mich dort mit der neuesten Aufregung, die diese junge Dame uns ins Haus gebracht hat.«
Demy, ohnehin leicht perplex darüber, wie vertraulich Maria sich mit Philippe unterhielt, warf ihr einen entrüsteten Blick zu.
»Na, wieder mal auf Ärger aus?«, erkundigte Philippe sich, kaum dass Maria die Tür zur Küche geöffnet hatte und ihnen der Geruch von kaltem Spülwasser und Fisch entgegenwehte.
»Ohne das Gefühl, die Gefahr im Nacken sitzen zu haben, bin ich nur ein halber Mensch«, gab sie zurück und deutete mit der Hand in Richtung Verbindungstür.
Philippe zögerte, den Blick auf die Klinke gerichtet, unterließ es dann aber, die Küche zu betreten.
»Ich musste Dr. Stilz rufen, Herr Oberleutnant. Dem Herrn Rittmeister geht es nicht gut. Ich vermute, er hält sich trotz der Anweisung des Arztes, sich zu schonen, in seinem Arbeitszimmer auf.«
»Dort habe ich zuerst nach ihm gesucht. Der Raum ist leer. Allerdings herrscht darin eine Unordnung, als sei Demy van Campen auf ihrem Pferd hindurchgaloppiert.«
»Von welchem Charme sprach Maria eben nur?«, spottete Demy, beschleunigte aber ihre Schritte. Philippes Beschreibung des Arbeitszimmers behagte ihr gar nicht.
Philippe eilte an ihr vorbei, um ihr die Tür zu öffnen. Nachdem sie die Halle erreicht hatten, gingen sie Seite an Seite zum Kontor und traten ein, ohne anzuklopfen. Verwundert registrierte Demy den mit Mappen völlig überhäuften Schreibtisch, die auf dem Boden verstreut liegenden Papiere und einen umgestürzten Stuhl vor der Fensterfront. Von einer unguten Ahnung gepackt drückte sie sich an Philippe vorbei und trat bis an den Schreibtisch. Hinter dem massiven Tisch mit den geschnitzten Kriegsmotiven ragten ein Paar schwarze Schuhe hervor.
»Herr Oberleutnant!«, stieß sie mit einem Hilfe suchenden Blick auf Philippe erschrocken hervor und ging vor dem Patriarchen in die Knie. Mit geschlossenen Augen lag der Mann zwischen Aktenordnern und Briefen.
Philippe war sofort an ihrer Seite, hockte sich neben sie und tastete am Hals seines Ziehvaters nach dessen Puls. »Maria muss den Arzt noch mal herbitten. Und der Kutscher soll kommen, am besten mit einem stabilen Brett, das sich als Trage eignet«, wies Philippe routiniert an.
»Aber … ich … er …« Fahrig vor Schreck rieb Demy ihre Hände.
Philippe nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und zwang sie so, ihn anzusehen. »Er lebt, Demy. Jetzt gehen Sie und helfen Sie ihm, indem Sie tun, was ich sage!«, befahl er.
»Gut«, erwiderte sie, allerdings ließ er sie nicht los. Mit erschrocken aufgerissenen Augen sah sie Philippe an. Sein Gesicht, durch einen verwegenen Dreitagebart ungewohnt dunkel, war ihrem sehr nahe. Diese Nähe verwirrte sie, zumal sein Blick ernst auf sie gerichtet war und jede Spur von Spott oder Hochmut darin fehlte. Erstaunlicherweise empfand sie die Wärme seiner Hände an ihren Wangen als wohltuend und tröstlich. Als er jedoch den Druck verstärkte und sie fühlte, wie er seine Finger in ihrem Haar vergrub, konnte sie aufgrund des Prickelns, das sich in ihrem Körper ausbreitete, nur mühsam den Reflex unterdrücken, ihn heftig von sich zu stoßen. Doch da ließ er sie unvermittelt los, um sich Meindorff zuzuwenden, während sie fluchtartig den Raum verließ.
Hitze durchflutete ihren Körper. Sie zog ihre Nase kraus und versuchte, ihr wild klopfendes Herz zu beruhigen. Nun verstand sie, weshalb der Mann eine so große Anziehungskraft auf Frauen ausübte. Er hatte sie angesehen, als wolle er sein Leben bedingungslos in ihre Hand geben und gleichzeitig alles für sie tun. Aber war da nicht noch viel mehr gewesen? Ein tief verborgener Schmerz, der Linderung suchte?
Demy taumelte durch die Arbeitskammer, wies dann aber alle verwirrenden Gefühle und Gedanken von sich und stürmte in die Küche, während sie laut nach Maria rief.
»Meine Güte, Mädchen!«, rief die Frau erschrocken und
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