Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
Vom Netzwerk:
Willi abzuholen!«
    »Ich möchte keine düsteren Szenarien an die Wand malen, Demy, aber nehmen Sie nach allem, was wir jetzt wissen, tatsächlich an, dass sie wiederkommt? Wohin sollte sie mit den Burschen gehen? Sie haben kein Heim mehr. Fräulein Scheffler kann irgendwo unterschlupfen. Aber ihre Brüder – die hat sie hier bei Ihnen untergebracht. Denn so viel weiß ich: Sie mögen Ihre einstige Freundin nicht mehr verstehen, dieses Fräulein Scheffler aber weiß sehr gut, dass Sie die Jungen nicht einfach auf die Straße setzen!«
    Demy warf die Arme in einer wilden Bewegung nach oben, wobei sie sich aufgebracht und hilflos zugleich einmal um sich selbst drehte. Dabei schlang sich der bodenlange, blaue Rock um ihre Beine und kam erst allmählich wieder zur Ruhe. »Sie können unmöglich hierbleiben!«, rief sie aus und warf einen Blick zu der Tür, die das Treppenhaus verbarg. »Maria, ich bin in den Augen des Mannes dort oben nicht mehr als ein unnützes Möbelstück, für dessen Entsorgung bisher niemand die Zeit gefunden hat!«
    Philippe hob bei diesen Worten und dem Ausbleiben eines Widerspruchs von Maria unwillkürlich die Augenbrauen. Nun erschloss sich ihm auch Marias kleine Ansprache von vorhin, in der sie ihre Verwunderung über Demys großherziges Wesen zum Ausdruck gebracht hatte. Selbstverständlich hatte Philippe längst geahnt, dass Demy und ihre jüngeren Geschwister im Haus Meindorff nicht unbedingt gern gesehene Gäste waren. Die Aussage der Niederländerin offenbarte ihm nun, dass man sie dies auch deutlich spüren lassen hatte.
    Während Demy aufgebracht auf und ab ging, sah Maria sie nur an. Offenbar wartete sie auf eine Entscheidung vonseiten der jungen Frau. Auch das versetzte Philippe in Erstaunen. Dass zwischen Demy, Maria und Henny ein ungewöhnlich enges und vom Hausherrn sicher nicht gewolltes Vertrauensverhältnis bestand, hatte er längst durchschaut. Bisher war er allerdings davon ausgegangen, dass Maria die Führungsrolle innehatte. Die soeben beobachtete Szene verdutzte ihn so sehr, dass er auf seinem Beobachtungsposten blieb, anstatt ins Arbeitszimmer zurückzukehren.
    »Der Rittmeister wird mir den Kopf abreißen, wenn er davon erfährt, und anschließend dann an einem Herzstillstand sterben«, hörte er Demy in einem Anflug von zynischem Humor sagen.
    »Das heißt, die Kinder bleiben im Haus?«
    »Zumindest so lange, bis ich eine andere Lösung für sie finde. Möge Gott schenken, dass dies schnell der Fall ist. Der Rittmeister könnte mich des Diebstahls bezichtigen, immerhin werden die Zwillinge mit von ihm bezahlten Lebensmitteln verköstigt.«
    »Vermutlich bemerkt er ihre Anwesenheit gar nicht. Er war seit Monaten nicht im Nebentrakt. Wollen Sie die beiden wie früher unterrichten? Henny fragte danach, denn Wilhelmine ist ebenfalls nicht mehr auf der Schule und könnte eine Fortsetzung Ihres Unterrichts gut gebrauchen.«
    »Maria, Ihnen gefällt diese Situation doch nicht etwa?!«, rief Demy aus, wobei ihr Schmunzeln offenbarte, dass ihr Humor wieder einmal siegte.
    Die Haushälterin wiegte den Kopf, antwortete dann aber so leise, dass Philippe ihre Worte nicht verstand. Allerdings verriet ihm Demys Naserümpfen und das anschließende Lächeln, dass Maria die Frage bejaht hatte.
    Er schüttelte den Kopf über die Pläne der beiden, wenngleich er wusste, wie sehr Maria Kinder liebte. Da ihr keine eigenen Kinder vergönnt gewesen waren, hatten ihr früher schon die Meindorff-Söhne sehr am Herzen gelegen. Da diese mittlerweile längst aus dem Haus waren, war es ihr wohl nur recht, dass diese eigenwillige Demy mit ihren konfusen Kontakten und Heimlichkeiten nun wieder Kinder und Leben ins Haus brachte, wenn schon Joseph und Tilla nicht für Nachwuchs sorgten.
    »Werden die anderen Angestellten Stillschweigen bewahren?«, fragte Demy.
    »So viele sind es ja nicht mehr. Und wer es wagt, auch nur einen schiefen Blick auf die beiden Burschen zu werfen, bekommt es mit mir zu tun!«
    »Dann bringen Sie Ihre neuen Schützlinge mal unter!«, lachte Demy. Philippe wich ein paar Schritte nach hinten, bis ihm das Klappen einer Tür verriet, dass die Niederländerin allein im Foyer zurückgeblieben war.
    Leise schlich er wieder an seinen Lauschposten und betrachtete die Frau. Inmitten des ehrwürdigen Raumes, umgeben vom angehäuften Prunk des Patriarchen, der vielleicht im Sterben lag, dessen Familie auseinanderfiel und dessen wirtschaftlicher Untergang so gut wie besiegelt schien,

Weitere Kostenlose Bücher