Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
Vom Netzwerk:
Schuldgefühlte machten sich in ihr breit, da sie mit ihrer Halsstarrigkeit nicht nur sich, sondern auch Philippe in diese Situation manövriert hatte. Dementsprechend zügig folgte sie seinen Anweisungen. Sie wickelte sich in Ermangelung schützender Handschuhe die dicke Lederjacke um beide Hände und griff nach dem schräg nach oben ragenden Propellerflügel.
    »Los!«, rief Philippe, worauf Demy den Holzpropeller mit einer kräftigen Bewegung nach unten zog und behände nach hinten wegsprang.
    Ein Knattern und Dröhnen durchbrach die Stille der idyllischen Talsenke. Geschwind schlüpfte Demy in die viel zu weite Jacke und hievte sich in den Platz hinter Philippe. Trotz der Hitze wickelte sie die Decke um ihre Beine.
    »Alles klar bei Ihnen?«
    »Alles bestens«, erwiderte sie, fragte sich aber, als sie ein flaues Gefühl in der Magengegend verspürte, ob sie nicht doch besser etwas hätte essen sollen. Oder verspürte sie trotz des wunderschönen Fluges am Vortag noch immer Angst? Womöglich hatte sie zu oft gehört, dass diese tollkühnen Piloten hauptsächlich beim Start oder Landeanflug ums Leben kamen?!
    ***
    Während im Westen eine Wolkenwand den Horizont verdunkelte, flogen Philippe und Demy in den blauen Himmel hinein. Nachdem sie die Argonnenkette mit ihren Stechpalmen- und Buchenwäldern hinter sich gelassen hatten, überflogen sie das Elsass, und Demy glaubte weit unter ihnen Reiterei und Fußsoldaten auszumachen. Doch sie flogen mittlerweile so hoch, dass die Landschaft nur noch aus Flecken, Strichen und Punkten bestand. Sie war froh über die gefütterte Jacke und warf einen besorgten Blick auf ihren Piloten. Der hatte sich hinter das Steuer geduckt, fuhr nun aber plötzlich in die Höhe.
    »Ein Franzose!«, brüllte er ihr zu und deutete mit der Hand nach links. Ein Doppeldecker näherte sich ihnen. Philippe drehte sich halb zu ihr um und rief: »Farman Longhorn, Siebzig- P S -Renault-Motor, wassergekühlt.«
    Obwohl sie mit den Begriffen nichts anzufangen wusste, nickte sie.
    »Spannweite fünfzehn Meter, Länge zwölf Meter.«
    »Und was macht der jetzt mit uns?«
    »Das bleibt abzuwarten. Aber mit seinen 95 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit ist er sehr träge, zudem ist die Maschine beim Manövrieren instabil, aber immerhin auch noch in einer Höhe von bis zu viertausend Meter zuverlässig. Überprüfen Sie Ihren Gurt!«
    Demys Handflächen wurden feucht. 4000 Meter Höhe, manövrieren? Das hörte sich für sie allzu bedrohlich an. Sie griff nach dem Gurt und vergewisserte sich, dass er stramm saß. Mittlerweile hatte sich Philippe wieder nach vorn gedreht und zog eine Schleife, sodass sie jetzt dem zweiten Flugzeug entgegenflogen. Der Franzose kam erstaunlich schnell heran. Grüßend hob der fremde Pilot die Hand. Auf seinem Gesicht zeichnete sich ein breites Grinsen ab. Auch Philippe grüßte, dann waren sie schon aneinander vorbei. Ihr Flugzeug drehte in Richtung Osten ab und Demy, die annahm, damit sei der ganze Spuk ausgestanden, schrak zusammen, als sich die Farman , die im Gegensatz zu Philippes Eindecker den Propeller hinter dem Pilotensitz trug, erschreckend nahe neben sie schob.
    Der Franzose deutete mit der Hand in Richtung Frankreich zurück. Ob er wissen wollte, woher sie kamen? Demy konnte nicht sehen, auf welche Weise Philippe dem Fliegerkollegen antwortete, doch der wandte sich ihr zu und grinste sie noch breiter an als zuvor. Sie widerstand der Versuchung, ihm die Zunge herauszustrecken, und lächelte stattdessen zurück.
    Der Franzose zeigte, wieder an Philippe gewandt, den nach oben gestreckten Daumen und gleichzeitig, als hätten sie es vereinbart, tauchten die Fluggeräte voneinander fort, Philippe nach rechts, der Franzose nach links.
    Demy hielt den Atem an, als sie einen Moment lang nur den weit entfernten Boden unter sich sah. Das Kribbeln in ihrem Bauch wurde übermächtig, zumal sie deutlich spürte, wie die Maschine beschleunigte und noch höher stieg. Nach endlos scheinenden Sekunden richtete der Pilot das Flugzeug endlich wieder waagrecht aus.
    Es dauerte einen Augenblick, bis Demy in der Lage war, sich nach vorn zu beugen und Philippe zuzurufen: »Was hat er hier gemacht?«
    »Den deutschen Truppenaufmarsch beobachtet und nach feindlichen Fliegern Ausschau gehalten.«
    Vorsichtig drehte sie sich um und entdeckte das gegnerische Flugzeug nur noch als winzigen Punkt am trüben Horizont. Froh über die Fairness der beiden Flugzeugführer atmete sie laut aus.
    Nach

Weitere Kostenlose Bücher