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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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Angesprochene prompt patzig zurück und deutete auf seine beiden Wappenknöpfe links und rechts der Kragenseiten.
    »Und ich Leutnant. Und wenn ich sage, dass Sie die Dame bedrängen, beinhaltet das die Aufforderung, zurückzutreten und sich angemessen zu entschuldigen, Herr Gefreiter.«
    Diesmal reagierte der Gemaßregelte sofort und war plötzlich ganz fügsam. Zufrieden schmunzelte Philippe vor sich hin, machte sich aber zum ersten Mal Gedanken darüber, ob er als Reservist zurück in die Fänge des Militärs geraten würde. Er schob die Überlegung beiseite. Zumindest hatte der Gefreite auf die Anweisung eines übergeordneten Offiziers unverzüglich reagiert, während er zuvor die Bitte eines resoluten Zivilisten ignoriert hatte.
    Die Kunde von der Anwesenheit eines Offiziers im Abteil breitete sich schnell aus, selbst die Dame mit dem Kleinkind auf dem Schoß lächelte ihn erleichtert an.
    Der Bursche, der ihn zuvor schon neugierig angesprochen hatte, wagte es nach geraumer Zeit, ihn auf Demys Fliegerausrüstung anzusprechen. »Darf ich fragen, Herr Leutnant, sind Sie Pilot? Einer von den tollkühnen Männern in ihren fliegenden Kisten?«
    Nach Philippes gebrummter Zustimmung verstrickte der junge Soldat ihn in ein Gespräch, wobei ihm die Begeisterung darüber, einen der nur rund 800 Piloten vor sich zu haben, förmlich aus den Augen sprühte.
    Geduldig stellte Philippe sich den Fragen, da an Schlaf ohnehin nicht mehr zu denken war, und bemerkte aus dem Augenwinkel das belustigte Lächeln seiner Begleiterin. Missgestimmt fragte er sich, ob sie sich im Klaren darüber war, dass sie ihn seit Tagen um den Schlaf brachte.

Kapitel 10
    St. Petersburg, Russland,
August 1914
    Wild wie ein Kreisel drehte sich Nina Osminken und ließ dabei den Rock aus feinem bedrucktem Seidenbatist um ihre Beine fliegen. Das zarte Gelb des Stoffes mit den weißen Blüten und Ranken darauf passte hervorragend zu ihrer weißen Bluse, der Schärpe in kräftigem Gelb um die Taille und den gleichfarbigen, in ihr Haar geflochtenen Satinbändern.
    »Ich bin eine Prinzessin, ich bin eine Prinzessin«, sang das Mädchen halblaut vor sich hin.
    »Ja, das bist du«, erwiderte Anki van Campen, ihr Kindermädchen, und seufzte. Sie wurde das Gefühl nicht los, die älteste der Chabenski-Töchter allmählich zu verlieren. Seit deren langjährige Brieffreundin Raisa mit ihrem Vater, Baron Osminken, vor ein paar Monaten dauerhaft von Moskau nach St. Petersburg gezogen war, veränderte Ankis Schützling sich tagtäglich und dies nicht unbedingt zu ihrem Vorteil.
    Ruhig erwiderte Anki: »Sind wir das nicht alle, Nina? Wir alle, die wir an Gott glauben, sind die Kinder des Weltenkönigs und somit Königskinder.«
    Nina blieb sofort stehen. Der Stoff ihres Kleides wickelte sich um ihre Beine und schwang raschelnd zurück. Das Mädchen stemmte die Hände in die Hüfte und blitzte Anki vorwurfsvoll an. »Willst du damit sagen, du bist ebenfalls eine Prinzessin? Und Marfa, unsere Zofe? Oder Nadezhda, das Dienstmädchen?«
    Anki ließ sich bewusst viel Zeit damit, die bunten Haarschleifen und -bänder zurück in die verzierte Holzschatulle zu legen. »Ja, Nina, das sind wir. Wir sind Königstöchter. Und du bist eine Königstochter, eine russische Prinzessin und ein Geburtstagskind dazu.« Sie zwinkerte dem Mädchen verschwörerisch zu, und tatsächlich huschte über das kindliche Gesicht ein geschmeicheltes Strahlen. Der ernste, fast überhebliche Ausdruck verschwand.
    Nina blickte wieder in den Spiegel, und Anki seufzte erneut verhalten auf. Noch gelang es ihr, das Mädchen von unguten Einflüssen fernzuhalten; ihr Denken zu lenken. Aber wie würde es in ein paar Monaten sein, wenn Ninas Charakter sich ausprägte? Wenn sie sich – noch immer beeinflusst durch Menschen wie diese Raisa – ein überzogenes Bild von sich und ein verächtliches den weniger privilegierten Menschen gegenüber anzueignen begann? Ob Anki doch einmal mit Fürstin Chabenski über ihre älteste Tochter sprechen sollte?
    Wenig erfolgreich versuchte sie den Gedanken von sich zu weisen. Ihre Arbeitgeberin, Fürstin Oksana Chabenski, war eine gerechte, liebenswürdige Frau, die sich sehr um ihre Mitmenschen und sogar um ihr Personal sorgte. Sie stand gelegentlich einer in Not gekommenen Familie zur Seite und unterstützte sie tatkräftig. Dennoch würde sie kaum auf die Bitte einer einfachen Njanja 7 hören und sich gegen die Freundschaft ihrer Tochter mit der Tochter eines Barons

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