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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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ermutigt trat Robert näher und ergriff erneut ihre Hände, um sie, wie schon zuvor, an seine Brust zu pressen. Der Sommerflieder verströmte seinen süßen Duft, während die Blätter des Weins über ihnen leise raschelten.
    »Ich muss zurück nach Petersburg – oder Petrograd, meinetwegen. Dr. Botkin fordert mich derzeit unentwegt.«
    »Und fördert Sie auch?«
    »Das ohnehin. Er ist ein großartiges Vorbild. Nicht nur, was sein Wissen anbelangt, auch seine verständnisvolle Art im Umgang mit seinen Mitmenschen, ganz gleich welcher Herkunft, beeindruckt mich sehr. Er ist trotz seines Ansehens und seiner gehobenen Stellung zu jedem Patienten gleichermaßen verständnisvoll und höflich.«
    »Sie nicht weniger, Dr. Busch. Jelena ist vollauf begeistert von Ihnen – so wie auch ich.« Anki zögerte. Sie wusste, dass sie ihm noch einige Worte schuldig war. »Ich liebe Sie, Robert Busch«, wagte sie endlich zu sagen und hielt seinem Blick stand, obwohl sie erneut errötete.
    Robert sah ihr tief in die Augen, während Anki fast erschrocken den Atem anhielt. Ob er sie nun küssen würde? Robert behielt sein höfliches Benehmen bei, verharrte jedoch scheinbar unschlüssig dicht vor ihr.
    Anki löste mit einer vorsichtigen Drehung ihres Arms ihre Hand aus seiner und tat, was sie schon lange hatte tun wollen: Sie fuhr mit leicht gespreizten Fingern in die Haarsträhne, die sein linkes Auge halb verdeckte, und strich sie ihm aus der Stirn.
    Das war Einladung genug für Robert. Er legte die Arme um ihre Taille, zog sie an sich und küsste sie sanft auf den Mund, wobei er den Flieder zwischen ihnen zerdrückte.
    20 Am 09. 01. 1905 marschierten als Folge von Streiks Zehntausende Arbeiter, angeführt von dem orthodoxen Priester Vater Georgi Gapon zum Winterpalast, der Residenz des Zaren, um friedlich für menschwürdige Arbeitsbedingungen, religiöse Toleranz u.v.m. zu protestieren. Allerdings konnten sie sich beim Zar kein Gehör verschaffen, da sie bereits vor dem Narwa-Tor von den Soldaten aufgehalten wurden, die das Feuer auf die friedliche Menge eröffneten. Die Angaben über die Opfer schwanken zwischen 130 und 1000 Toten.
    21 Die »Bluterkrankheit« ist eine Erbkrankheit. Dabei ist die Blutgerinnung der betroffenen Personen gestört, d. h. bei inneren oder äußerlichen Verletzungen gerinnt deren Blut nur langsam oder gar nicht. Je nach Schweregrad können sogar Spontanblutungen auftreten. War keine Hilfe vor Ort, verbluteten diese Menschen aufgrund kleinerer Verletzungen (zu Zeiten des Ersten Weltkriegs war diese Erkrankung noch nicht ausreichend erforscht, Hilfe also schwer möglich). Von der Hämophilie sind hauptsächlich Männer betroffen; sie wird über die Mutter vererbt, die meist nur Träger des Gendefektes ist, ohne selbst »Bluter« zu sein.
    22 Crimson Room oder Grand Duchess’ Red Living Room

Kapitel 24
    Berlin, Deutsches Reich,
September 1914
    Im Haus an der Schlossstraße war es gewohnt ruhig wie auf einem Friedhof, nur das Ticken einer wuchtigen Standuhr durchbrach mit nervtötender Monotonie die Stille.
    Demy saß im Handarbeitszimmer und bemühte sich darum, einen Riss in ihrem Kleid zu flicken, den sie sich bei einem ihrer Ausflüge ins Umland von Berlin zugezogen hatte. Sie stieg seit geraumer Zeit nicht mehr über die Grundstücksmauer, um sich heimlich davonzustehlen, sondern verließ in aller Öffentlichkeit das Meindorff-Anwesen – auch ohne Begleitung. Entweder hatten die Herren Meindorff es aufgegeben, darauf zu achten, dass Demy die Vorschriften einhielt, oder ihre Gleichgültigkeit den drei van-Campen-Geschwistern gegenüber war mittlerweile so groß, dass Demys und Feddos Eskapaden keine Beachtung mehr fanden. Allerdings verursachte alles Ärger, was Geld kostete, wie etwa ein zerrissener Rock, zumal dieses Kleidungsstück zur neuen Kollektion gehörte.
    Erik van Campen war es trotz seiner finanziellen Misere gelungen, Tilla gut zu verheiraten. Er hatte seine aus der Eheschließung resultierenden Kontakte nach Deutschland genutzt, indem er in Deutsch-Südwestafrika Diamanten geschürft hatte. Allerdings hatte er diese Vorteile nie an den Vater des Bräutigams zurückgeben können. Sein früher Tod hatte dies verhindert. Eriks einstmals gute Geschäftskontakte und sein ausgezeichneter Leumund waren zum Zeitpunkt der Eheschließung von Tilla und Joseph längst nicht mehr aktuell gewesen. Spätestens seit Meindorff klar geworden sein musste, dass er aus der Ehe seines Ältesten mit Tilla keine

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