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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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die Macht und das Prestige der Adeligen, weil sie annehmen, dadurch glücklicher zu sein.«
    »Und was denken Sie, Fräulein van Campen, was Glück bedeutet?«
    Anki führte ihren Besucher zwischen den hüfthoch geschnittenen Zierhecken hindurch zu den ebenfalls niedrig gehaltenen Rosenstöcken. Dort zeigten sich die letzten sprossenden Knospen und ließen für die erstaunlich warmen Herbsttage eine zwar kurze, aber duftende Farbenfülle erahnen.
    »Glück, Herr Busch? Gott schuf uns Menschen sehr unterschiedlich. Kein Mensch ist wie der andere, daher vermute ich, dass Glück und Unglück von jedem unterschiedlich empfunden werden. Es scheint mir aber eine eigentümliche Angewohnheit des Menschen zu sein, das Glück immer in dem zu sehen, was man gerade nicht hat. Vielleicht wäre es gut, wenn jeder Mensch einmal innehielte und sich an dem Platz umsehen würde, an dem er steht. Womöglich würde er dann merken, dass sein Glück ihn längst umgibt. In Gestalt eines Menschen, der sich Zeit für ihn nimmt, eines Kindes, das sich bei ihm geborgen fühlt, oder in der Schönheit der Natur. Er könnte dankbar sein für seine Gesundheit, seine gute Arbeit, seine Familie oder einfach nur für die Gewissheit, dass Gott ihn liebt. Überhaupt denke ich, dass wir nur glücklich sind, wenn wir lieben und wiedergeliebt werden.«
    »Sie sind eine Philosophin.«
    Anki blieb unter einem mit Efeu überwachsenen Holzbogen stehen und blickte erschrocken in das Gesicht ihres Begleiters. Machte er sich über sie lustig? Robert sah sie zwar lächelnd an, in seinem Blick lag jedoch weder Belustigung noch Spott, sondern vielmehr Zuneigung und Aufmerksamkeit.
    »Im Augenblick ist dieser Spaziergang an Ihrer Seite mein größtes Glück. Und Sie könnten es noch vollkommener machen«, sagte er.
    Sie drehte den Kopf und blinzelte gegen die Sonnenstrahlen an, die durch das Rankendach hindurch ihr Gesicht streichelten. Eine Elster in ihrem weiß und blauschwarz schillernden Federkleid hüpfte über den Spazierweg und pfiff lauthals, aber keinesfalls melodiös vor sich hin, als wolle sie sich in die Unterhaltung einmischen.
    »Fräulein van Campen.« Roberts Stimme klang sanft und leise, nahezu fragend.
    Anki zwang sich, ihn anzusehen, während sie ihr Herz kräftig schlagen spürte und in ihrem Körper aufgeregte Schmetterlinge zu flattern schienen.
    »Ich bin heute gekommen, um zu versuchen, das in Worte zu kleiden, was ich für Sie empfinde.«
    Ihre Aufregung wuchs und mit ihr eine zarte Scheu. Vielleicht war es besser zu flüchten, solange sich ihr noch die Möglichkeit dazu bot? Natürlich wollte sie Roberts Worte hören und erfahren, ob er sie – wie sie vermutete und auch hoffte – tatsächlich liebte. Aber war sie imstande, mit ihm über ihre Gefühle zu sprechen?
    Wenn sie tat, zu was ihr Herz sie drängte und was es gleichzeitig fürchtete, würden grundlegende Veränderungen über ihr Leben hereinbrechen. Sie würde Roberts Eltern vorgestellt werden, und sie musste ihren Geschwistern die Möglichkeit einräumen, Robert kennenzulernen. Irgendwann würde man über einen Hochzeitstermin sprechen, was für sie hieße, dass sie die Familie Chabenski und ihre geliebten Mädchen verlassen musste. Womöglich wollte Robert dauerhaft ins Deutsche Reich zurückkehren. Hatte er nicht jüngst von einem solchen Vorhaben gesprochen?
    »Sie schauen so ängstlich drein. Auf keinen Fall möchte ich Sie in Verlegenheit bringen!« Robert runzelte die Stirn und verschränkte die Hände hinter seinem Rücken, womit er seine nun doch aufkeimende Nervosität zu verstecken versuchte. »Wenn es Ihr Wunsch ist, werde ich unverzüglich gehen und Sie nicht mehr behelligen.«
    »Nein!«, flüsterte Anki und trat erschrocken einen Schritt auf ihn zu.
    Sein Gesicht verzog sich zu einem fast spitzbübischen Lächeln, und die ihm eigene Gelassenheit kehrte zurück. »Das freut mich über die Maßen. Nun fällt es mir leicht, Ihnen zu sagen, wie sehr ich Sie liebe und wie groß meine Hoffnung ist, auch Ihre Zuneigung zu mir könnte groß genug sein, dass Sie eines Tages meine Frau werden.«
    »Eines Tages, Herr Busch? Das hört sich so unbestimmt an«, wendete Anki ein.
    »Ich denke, wir sollten der Familie Chabenski die Zeit geben, um eine zumindest annähernd so aufmerksame, fürsorgliche und liebevolle Erzieherin für ihre Töchter zu finden, wie Sie es sind. Falls die Neubesetzung Ihrer Stelle zügig vonstattengeht, würde ich Sie sehr bald schon um Ihr Jawort

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