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Sturmzeit

Sturmzeit

Titel: Sturmzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Link Charlotte
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bekommen.«
    »Es wird Ihnen keine Wahl bleiben.« Die Miene des Arztes wurde streng. Es ging ihm darum, von vornherein klarzustellen, daß gewisse Dinge für ihn nicht in Frage kamen.
    Felicia erhob sich. »Ja, es bleibt mir wohl keine Wahl«, bestätigte sie. Sie reichte dem Arzt die Hand. »Auf Wiedersehen, Herr Doktor.«
    Mit schwerfälligen Schritten ging sie nach Hause. Drei Tage lang schlich sie wie ein Geist herum und erschreckte alle mit ihrem unruhigen, gereizten Wesen. Es drängte sie, sich irgend jemandem anzuvertrauen, aber ihr fiel keiner ein. Elsa hatte genügend eigene Sorgen. Kat kam natürlich überhaupt nicht in Frage. Und Linda - sie würde mit den Augen klappern und erschrocken das Mündchen spitzen: Nein, es half nichts, die Sache mußte allein durchgestanden werden. Sie mußte nach München. Sie mußte Alex von der Front zurückholen. Sofort. Vielleicht konnte sie ihm dann das Kind noch unterschieben... Sie machte Pläne über Pläne, verwarf sie wieder - und dann bekam sie die Grippe.
    Sie lag acht Wochen im Bett. Die eisigen Nächte, in denen sie nach Kohlen angestanden hatte, waren nicht ohne Folgen geblieben. Das Fieber schüttelte sie, und sie bekam einen Husten, der sie zu ersticken drohte. Die Wände ihres Zimmers drehten sich um sie, verrückte Gestalten und seltsame Bilder geisterten durch ihre Träume. Immer wieder wollte sie aufstehen und nach München fahren, aber durch eine Wand von Nebel vernahm sie dann Elsas Stimme: »Nicht, Kind. Du kannst jetzt nicht verreisen. Du bist sehr krank.«
    Sehr krank, sehr krank, hämmerte es in ihrem Kopf. Aber sie mußte doch nach München! Als das Fieber abgeklungen war und sie nicht mehr so furchtbar hustete, schien die Sonne schon wärmer durch ihr Fenster, und sie begriff, daß sie die entscheidenden Wochen verloren hatte.
    Erschöpft und verängstigt brach sie in Tränen aus. So fand sie Linda, die ihr eine Tasse Tee bringen wollte. »Aber was ist denn?« rief sie erschrocken. »Warum weinst du? Geht es dir wieder schlechter?«
    Felicia schluchzte nur immer bitterlicher, bis die verschreckte Linda schließlich Elsa und Kat herbeirief. Die drei Frauen standen ratlos um das Bett herum. Elsa kauerte sich schließlich nieder und strich ihrer Tochter über die blasse Stirn. »Liebling, ich muß dir etwas Schönes sagen«, flüsterte sie, »deine Großmutter kommt uns besuchen. Freust du dich nicht?«

    Wie gewöhnlich brachte Laetitia Ordnung in alle Angelegenheiten. Sie trat in das Zimmer der Enkelin und fand diese in einen Morgenmantel gehüllt am Fenster sitzen und hinausstarren. Laetitia betrachtete sie prüfend. »Nicht mehr so sternenäugig wie früher, was? Kein Wimperngeklimpere, keine Grübchen. Steht dir aber gut. Nun zieh dir etwas an und komm mit. Ich muß mit dir etwas Wichtiges besprechen. Wir gehen zu Horcher und sehen zu, ob wir da vielleicht wenigstens ein Stück Kuchen bekommen.«
    Felicia verzog das Gesicht. »Ich habe Probleme mit meinen Kleidern«, sagte sie. Sie stand auf und strich den Morgenmantel über ihrem Leib glatt. Laetitia schnappte nach Luft. »Ach, du lieber Gott! Im wievielten Monat bist du?«
    »Im fünften.«
    Laetitia rechnete still zurück. »Da warst du noch in Rußland!«
    »Ja. Und ich habe Maksim Marakow wiedergetroffen.«
    »Oha!« Laetitia lachte spöttisch. »Und inmitten von Krieg und Revolution ist euch dafür noch Zeit geblieben? Ach, es ist schön, jung zu sein!«
    »Schön ist gut«, murmelte Felicia, »wie erkläre ich das Alex?«
    »Nun versuch halt irgend etwas anzuziehen. Ich glaube, wir haben mehr zu besprechen, als ich dachte.«
    Bei Horcher bekamen sie zwar keinen Kuchen, aber zumindest ein paar harte, graue Kekse und einen wäßrigen Kaffee-Ersatz. Felicia merkte, daß es ihr guttat, wieder einmal andere Menschen zu sehen. Es wehte ein warmer, leichter Wind, und auf jedem Tisch stand eine Vase mit leuchtendgelben Osterglocken. Lebhafte Stimmen schwirrten durch die Luft. Am Nachbartisch unterhielten sich zwei alte Herren über die große deutsche Offensive im Westen. In der Picardie hatten deutsche Truppen versucht, Briten und Franzosen zu trennen, was zunächst auch gelungen war. Die Front der Engländer hatte sich dann aber rasch wieder geschlossen, und weitere Angriffe der erschöpften deutschen Armee blieben erfolglos. »Es ist ein Verbrechen«, sagte einer der beiden Herren und zerrieb die Blütenblätter der Osterglocke zwischen seinen nervösen Fingern, »es ist ein Verbrechen, den

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