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Sturmzeit

Sturmzeit

Titel: Sturmzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Link Charlotte
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in die Hand nahm.

    In New York, Tausende von Kilometern entfernt, jenseits des Atlantik, betrat Alex Lombard das elegante Sandsteinhaus des Verlegers Callaghan in der 87. Straße von Manhattan. Das Hausmädchen empfing ihn mit großer Ehrerbietung. »Mr.Callaghan erwartet Sie, Sir!« Sie eilte vor ihm her und öffnete die Tür zu Callaghans Arbeitszimmer. »Mr. Lombard, Sir«, meldete sie. Jack Callaghan erhob sich beim Eintritt seines Besuchers. Er ging auf ihn zu und ergriff seine beiden Hände.
    »Mein lieber Lombard, ich sehe, zu allem anderen sind Sie auch noch pünktlich! Nehmen Sie doch bitte Platz. Einen Portwein?«
    »Danke«, sagte Alex, »gern.« Er setzte sich in einen der breiten, bequemen Sessel. Durch das Fenster konnte er die Schiffe über den Hast River ziehen sehen. Sein Gastgeber wies auf den Schreibtisch: »Der Vertrag liegt bereit. Wir können jederzeit unterschreiben!«
    Alex lächelte und nahm einen Schluck Wein. Nun, da die Erfüllung seiner Wünsche greifbar vor ihm lag, war es ihm ein Vergnügen, den entscheidenden Moment noch um ein paar Minuten hinauszuzögern.
    Jack Callaghan hatte dafür Verständnis. Es gab im Leben eines Mannes Augenblicke, die es verlangten, ihnen mehr Zeit einzuräumen, als notwendig war. Er lehnte sich gegen seinen Schreibtisch und betrachtete seinen Besucher.
    Heute, wie auch bei ihrer ersten Begegnung ein Jahr zuvor, fiel ihm auf, wie gut Alex Lombard aussah. Callaghan wußte, daß gutes Aussehen wichtig war, um Karriere zu machen. Lombard hatte alles, um erfolgreich sein zu können: Charme, Gewandtheit, Eleganz, ein betörendes Selbstbewußtsein. Hinter seiner Sicherheit mochten irgendwo Enttäuschungen, Erfahrungen, Kränkungen nisten - im schnellen Wettlauf um den Dollar aber würde das niemandem auffallen. Zumal Alex es meisterhaft verstand, seine wahren Gedanken und Gefühle zu verbergen.
    Callaghan war stolz auf seinen Fang. Er hatte Alex auf einer Party der New Yorker Gesellschaft kennengelernt. Alex war damals der ständige Begleiter der schönen Laura Shelby gewesen, einer verwitweten Bankiersgattin, die ihn überall dorthin mitnahm, wo sich der Geldadel traf. Als er Callaghans Bekanntschaft machte, suchte er, einer der reichsten Verleger der amerikanischen Ostküste, gerade nach einem Partner, und Alex suchte nach einem Weg, sehr schnell zu sehr viel Geld zu kommen. Ein Jahr lang schlichen sie umeinander herum. Dann wußte Alex, daß Callaghan der Mann war, auf den er gewartet hatte, und Callaghan hatte sich ein Bild von Alex gemacht: clever, schnell, ausgestattet mit jener Mischung aus Skrupellosigkeit und Loyalität, die einen Menschen unaufhaltsam voranbringt. Er hatte keine Erfahrung im Verlagswesen, gehörte aber zu den Leuten, die man in jeden Fluß werfen konnte - sie würden ihn bezwingen, weil sie einmal richtig schwimmen gelernt hatten.
    »Sagen Sie, was erträumen Sie sich vom Leben?« fragte Callaghan. Alex grinste. »Eine Million Dollar«, erwiderte er. Er stand auf und trat auf den Schreibtisch zu. Der Portwein hatte einen Funken in ihm entzündet, aber er zeigte es nicht. Seine Liebe zum Alkohol war das einzige, was Callaghans Scharfblick entgangen war, und Alex legte bei Gott keinen Wert darauf, daß er es zu guter Letzt noch herausfand.
    »Sind Sie noch mit Laura Shelby zusammen?« erkundigte sich Callaghan.
    »Nein. Sie wissen, ich wechsle ziemlich schnell.«
    »Ja, ja.« Sehnsucht klang in Callaghans Seufzer. »Man sollte eben nicht heiraten. Für Sie gibt es auch drüben in Deutschland keine Frau?«
    »Nein«, sagte Alex heftig. Die Unterschrift auf dem Vertrag geriet ihm außer Kontrolle; ein fast gewalttätiger, zorniger, unbeherrschter Schriftzug.

    In dem kleinen bretonischen Dorf St. Maurin war dieser Aprilmorgen von bezaubernder Schönheit. Das Gras leuchtete hell und grün, die Sonne malte goldene Flecken auf Hausdächer,
    Baumwipfel und auf die Felsen am Meer. Der Sand in den Buchten leuchtete weiß, und das Meer spiegelte glitzernd den blauen Himmel. Ein frischer, salziger Wind wehte vom Atlantik her ins Land; in ihm mischte sich der Geruch des Wassers mit dem Duft des Ginsters.
    In dem Bauernhof am Rande des Dorfes hatte Claire Lascalle schon das Vieh gefüttert, die Küche geputzt, den ausgeleierten Pumpenschwengel des Hofbrunnens repariert und ihrem alten Vater das Frühstück gemacht, was dieser kaum registrierte, da ihm der Schlag eines Gewehrkolbens im Krieg das Augenlicht zerstört und den Verstand verwirrt hatte. Als

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