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Sturmzeit

Sturmzeit

Titel: Sturmzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Link Charlotte
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weitergehen wie bisher. München, Berlin, und hin und wieder Insterburg.«
    Sie verzog das Gesicht. »Ich werde wieder eine treue Ehefrau sein.«
    »Im Ernst?«
    »Natürlich. Wenn du fort bist.«
    »Glaubst du eigentlich«, fragte Maksim, »an die einzige, wahre, große Liebe im Leben eines Menschen?«
    Felicia nahm sich ihre Zigarette zurück. »Soll ich dir etwas verraten, Maksim? Ich bin zweiunddreißig Jahre alt geworden, ohne herauszufinden, ob ich auf diese wichtige Frage mit Ja oder Nein antworten soll. Ich habe keine Ahnung!«
    »Dann wirst du nie daran glauben.«
    »Nein?«
    »Du wirst immer an dich glauben. Nicht an Liebe, an Gott, an das ewige Leben oder an das Fegefeuer, sondern einfach an dich.«
    Felicia seufzte. »Maksim, es ist nur so, daß ich nicht daran glaube, daß irgend etwas Bestand hat, und ich bin meine einzige berechenbare Größe. Ich glaube, daß alles dahingeht und daß uns am Ende nur die Erinnerung an einige kurze Momente bleibt.«
    »Uns bleibt die an die zwanziger Jahre.« Maksim ließ seinen Zeigefinger sacht über Felicias Nase gleiten. »Du hast immer gewußt, daß es auf Abruf war, nicht?«
    »Ja. Wann gehst du?«
    »Ich weiß nicht... im Herbst...«
    »Und glaubst wieder an Lenin!« Felicia lachte dem Genossen an der Wand zu, der drei Jahre lang stummer Zeuge ihrer intimen Begegnungen gewesen war. Die leeren
    Champagnerflaschen allerdings waren verschwunden. Maksim hatte derartigen Vergnügungen abgeschworen.
    »Ich glaube an Lenin«, sagte er, »anders als früher, aber ich glaube an seine Lehre.«
    Draußen ging der Abend in die Nacht über, Dunkelheit kroch ins Zimmer. Felicia drückte ihre Zigarette aus. Sie kuschelte sich tiefer in die Decken. »Maksim, was ich dich schon lange fragen wollte: Bereust du diese Zeit mit mir? Quält es dich, daß du schwach geworden bist?«
    Maksim lächelte. »Ich kann mit meinen Schwächen leben«, entgegnete er.
    »Ich auch«, sagte Felicia. Sie küßte ihn und wußte, sie würde ihm nie von Belle, seiner Tochter, erzählen. Nie. Benjamin stieg in Insterburg aus dem Zug. Eine fremde Frau reichte ihm aus dem Fenster seine Tasche nach.
    »Die hätten Sie fast vergessen! Sie müssen besser auf Ihre Sachen achtgeben!«
    »Danke«, sagte Benjamin gleichgültig und nahm die Tasche. Wie blind ging er über den Bahnsteig. Eine Blumenverkäuferin hielt ihm einen Strauß Tulpen unter die Nase, aber er ging achtlos daran vorbei. Er rempelte einen alten Mann an, der empört losschimpfte. »Können Sie nicht aufpassen?«
    Benjamin drehte sich nicht einmal nach ihm um. Er trat auf den Bahnhofsvorplatz und winkte ein Taxi herbei.
    »Nach Skollna«, sagte er und ließ sich in den Rücksitz fallen.

    »Es könnte das Geschäft deines Lebens werden«, sagte Phillip beschwörend, »du brauchst ein bißchen Mut, natürlich, aber es gibt praktisch kein Risiko dabei. Wirklich, ich hätte dir sonst nicht dazu geraten!«
    »Das glaub' ich dir schon«, meinte Felicia zögernd. Sie und Phillip saßen mit Jo und Linda im Restaurant des Adlon beim Essen und feierten den neuesten Geschäftsabschluß, den Felicia und Phillip getätigt hatten. Genaugenommen hatte Felicia noch gar nicht alles begriffen, außer daß es sich um Aktienkäufe gewaltigen Ausmaßes handelte und daß sie einen Kredit hatte aufnehmen müssen, der die Fabrik bis unters Dach belastete. Zwei Faktoren hatten ihre Entscheidung schließlich bestimmt: Zum einen hatte Phillip ihr noch immer Glück gebracht, und wenn alles lief wie geplant, konnte sie ihr Vermögen verdreifachen. Zum anderen beteiligte sich auch Wolff an der Transaktion, was Felicia zumindest des unbehaglichen Gefühls enthob, die allein Verantwortliche zu sein.
    »Ich glaube, ich muß mich erst daran gewöhnen, praktisch nur noch auf Kredit zu leben«, meinte sie und hob ihr Glas. »Prost!
    Auf alles Geld der Erde!«
    Linda kicherte, Jo lächelte gezwungen. »Ich hätte es nicht getan«, sagte er, »sei mir nicht böse, Phillip, aber ich finde das einfach zu riskant. Andererseits verstehe ich davon auch nicht genug.«
    »Du bist Jurist, das ist es«, entgegnete Phillip, »und einen Juristen wird man nie für ein wirklich gutes Geschäft gewinnen. Euch ist die schwarze Seite der Menschheit zu gut bekannt.«
    »Wir reden jetzt nicht mehr davon, sonst kann ich heute nacht nicht schlafen«, bestimmte Felicia, »wir wollen uns heute abend nur amüsieren. Also eßt und trinkt und macht keine ernsten Gesichter.«
    Sie waren beim Dessert

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