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Sturz Der Engel

Titel: Sturz Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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die auf der anderen Seite des Tisches saß, schenkte ihm ein mitfühlendes Lächeln, schwieg aber, während sie ihren Tee trank.
    Innen an den mit Läden verrammelten Fenstern hing eine dicke Eisschicht, entstanden durch hereingewehten Schnee und das Kondenswasser vom Atem der Menschen. Die vier mit Scheiben ausgestatteten Fenster waren so dick überfroren, dass sie wie eine weiße Wand aussahen. Nylan trank schaudernd einen weiteren Schluck Tee, der nicht heiß genug war, um wirklich zu wärmen. Er aß langsam Brot mit Soße und nahm sich den letzten getrockneten Apfel aus der Holzschale. Die einzige dicke Kerze auf dem Tisch verbreitete eher schmierigen Rauch als Licht.
    »Ich hole noch ein paar Äpfel für die Marschallin, Ser«, bot Kyseen an. »Und Ihr könnt auch noch ein paar haben, wenn Ihr wollt.«
    »Danke«, sagte der Ingenieur. Er fragte sich, warum er sich bedankte, nachdem die Frühaufsteher alles aufgegessen hatten.
    Das Obst stand noch nicht auf dem Tisch, als Ryba sich mit dem Rücken zum kalten Herd schwer auf ihren Platz setzte.
    »Du siehst müde aus, Marschallin«, sagte Gerlich.
    Narliat lächelte. Hryessa und Murkassa, die in der Mitte des zweiten Tisches saßen, schauten zuerst zu Ryba und dann zu Gerlich. Ayrlyn runzelte die Stirn.
    »Ich bin auch müde«, räumte Ryba ein. »Besonders müde bin ich deiner aufgesetzten Fröhlichkeit und ich bin beinahe in Versuchung, dich auf der Stelle auf die Jagd zu schicken. Also übertreib’s lieber nicht.«
    Nylan verkniff sich ein Grinsen.
    »Ich bitte um Verzeihung«, antwortete Gerlich.
    »Nein, das tust du nicht. Du erweckst nur den Anschein, du tätest es«, erwiderte Ryba ruhig. »Selbst eine Schlange besitzt mehr Integrität als du, Gerlich. Die Dämonen wohl auch.«
    Relyn, der neben Istril am Ende des zweiten Tisches saß, wurde blass.
    »Du könntest hinter meinem Rücken sagen, dass ich ausgesprochen eklige Laune habe«, fuhr Ryba lächelnd fort. »Das wäre sogar noch freundlich untertrieben. Vergiss das nicht. Wenn du mich das nächste Mal zu ärgern versuchst, kannst du Stahl oder Eis fressen. Die Entscheidung liegt bei dir.«
    Kyseen stand inzwischen hinter Nylan und wartete mit der kleinen Schale mit Früchten, bis Ryba sich zu ihr umdrehte und nickte. Kyseen stellte die Schale zwischen Ryba und Nylan ab.
    »Danke, Kyseen«, sagte die Marschallin.
    »Danke«, sagte auch Nylan.
    Nylan blickte zu Gerlich und hörte, wie der Mann halblaut murmelte: »Danke schön, bitte schön, das ist doch zum Kotzen …« Mit gezwungenem Lächeln wandte Nylan sich an den Jäger. »Seltsam, Gerlich. Ich dachte immer, du hättest einen stärkeren Magen. Übrigens ist der Grund dafür, dass ich sonst meist später komme, ganz einfach der, dass ich etwas Besseres zu tun habe, als herumzuschleichen und darüber zu jammern, dass dieses oder jenes nicht in Ordnung wäre, oder hinter vorgehaltener Hand giftige Bemerkungen zu machen. Ich habe auch keine Zeit, draußen im Schnee herumzusitzen und so zu tun, als würde ich jagen.«
    Narliat erbleichte, Gerlich öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
    »Weißt du, Gerlich«, fuhr Ryba fort, »du hast den Ingenieur schon immer unterschätzt. So etwas kann ein unverzeihlicher Fehler sein.«
    »Wenn ich mich jetzt entschuldigen darf?«, sagte Gerlich leise.
    »Aber natürlich«, gab Ryba lächelnd zurück.
    Gerlich stand auf und verneigte sich, aber nicht zu tief.
    »Das Timing war hervorragend, Nylan. Das sollte ihm das Lästermaul eine Weile gestopft haben. Für ein oder zwei Tage, schätze ich«, erklärte Ryba.
    »Wirst du ihn töten?«, fragte Ayrlyn.
    »Nein«, erwiderte Ryba. »Wir hatten schon genug Tote und so etwas würde bei den Wächterinnen keinen guten Eindruck machen. Noch nicht.« Sie lächelte bitter, trank einen Schluck Tee. »Das Zeug ist fast so übel wie flüssiger Dünger. Fast, aber nicht ganz.«
    Nylan nahm sich ein paar Apfelschnitze, ließ aber Ryba die meisten übrig. Sie brauchte das Obst dringender als er. Doch er füllte seinen Becher aus dem dampfenden Kessel nach, den Kadran auf den Tisch stellte. Heiß schmeckte der Rinden-und-Wurzel-Tee besser – oder man spürte den widerlichen Geschmack nicht so deutlich, wenn er heiß war.
    Er stopfte noch etwas Brot in sich hinein.
    Ayrlyn stand auf und nickte der Marschallin und Nylan zu. »Wir müssen in den nächsten paar Tagen viel mit Holz arbeiten und ich würde mir gern mal die Werkstatt und den Leim anschauen.«
    Ryba nickte und Nylan

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