Sturz Der Engel
bisher noch nicht einmal gewusst hatte, dass er sie überhaupt besaß. Dann waren da auch noch die Kopfschmerzen, an denen er immer öfter litt.
LIV
D raußen vor dem überfrorenen Fenster hat ein trüber, düsterer Tag begonnen, sogar die vormals weißen Äcker in der Ferne sind von einem stumpfen Grau. Der Schnee auf den Straßen unter Hissls Kammer hat sich in braunen und grauen Matsch verwandelt und ist neu überfroren.
Die Wärme, die von der kleinen Kohlenpfanne in der Ecke ausstrahlt, ist ihm mehr als willkommen. Ohne den Blick vom Glas auf dem Tisch zu wenden, rückt Hissl etwas auf dem Stuhl herum, damit auch seine rechte Seite gewärmt wird.
Mitten in den wirbelnden weißen Schleiern ist das Abbild des Schwarzen Magiers und der Kriegerin zu sehen. Jeder schleppt ein totes Tier hinter sich her, der Magier hat offenbar eine Schneekatze erlegt, die er den Hang hinauf trägt, hin zu dem Turm, aus dessen Schornsteinen dünne Rauchfäden steigen.
Zwei weitere Gestalten, ebenfalls mit langen und breiten Skiern ausgerüstet, fahren den Hang hinunter, den beiden anderen entgegen.
Der Magier bewegt sich nicht sehr sicher auf den Skiern, aber er ist derjenige, der die Schneekatze schleppt. Der Atem dringt als weiße Dampfwolken durch die Tücher, die sich die Fremden vor die Münder gebunden haben, und fällt in Form hell funkelnder Eiskristalle zu Boden. Hissl konzentriert sich auf die Bogen, mit denen die Jäger bewaffnet sind. Er kneift die Augen zusammen und lächelt. »Aha, also haben sie keine Donnerwerfer mehr.«
Auch die anderen beiden Skiläufer, die dem Magier auf der weiten, weißen Fläche entgegengefahren sind, haben keine Donnerwerfer. Hissls Lächeln wird breiter. Er versucht, den Gedanken an einen Magier, der es mit einem Schneeleoparden aufnimmt, zu verdrängen.
Das Weideland jenseits von Clynya ist noch mit Schnee bedeckt, aber die Tage werden wieder länger und sogar auf dem Dach der Welt wird der Schnee eines Tages tauen.
LV
E inen sauberen Satz Wäsche auf den Armen tragend, tappte Nylan in Stiefeln und alten Hosen die Treppe hinunter. Die Kälte schien ihm bis in die Knochen zu dringen. Als er sich dem dritten Stock näherte, wurde er langsamer.
Gerlich lud gerade seine Gerätschaften ab, stellte den Köcher an seinen Platz ins Regal und hängte den langen Bogen daneben. Fast liebevoll strich er mit den Fingern über das Holz. Dann nahm er das Schultergeschirr mit dem großen Schwert ab.
Der große Mann zog die Klinge aus der Scheide, betrachtete sie nachdenklich und nahm einen kleinen Krug und zwei alte Stücke Tuch aus einem Beutel, der an einem Haken hing. Mit dem ersten Lappen trocknete er Klinge und Scheide und hängte ihn anschließend an einem Haken auf. Dann öffnete er den Krug, goss ein wenig Öl auf den zweiten Lumpen und verschloss den Krug wieder. Vorsichtig ölte der Jäger die Klinge vom Griff bis zur Spitze ein.
Während er den Jäger beobachtete, wunderte Nylan sich über mehrere Einzelheiten. Gerlich hatte kein Wild mitgebracht, aber er hatte weniger Pfeile dabei als vorher und Schäfte und Pfeilspitzen waren schwer zu bekommen. Hatte Gerlich die Pfeile verloren?
Nylan lächelte. Vielleicht war der große Jäger am Ende doch nicht so groß. Er schüttelte den Kopf, während er den Mann beobachtete. Warum nahm der Jäger diese schwere Klinge auf einen Jagdausflug mit? Das Schwert war, wenn man auf Skiern balancieren musste, schwer zu handhaben. Genau genommen war alles schwer zu handhaben, wenn man auf Holzbrettern in tiefem Pulverschnee das Gleichgewicht halten musste.
Nach seiner Begegnung mit dem Leoparden konnte Nylan ein Lied davon singen. Er hob die wunde rechte Schulter. Trotz des Desinfektionsmittels hatte sich ein Teil der Risswunde entzündet und Ayrlyn war gezwungen gewesen, ihre Heilkräfte einzusetzen und so die Unordnung der Infektion aus der Wunde zu treiben.
Nachdem Nylan sie beobachtet hatte, versuchte er es selbst und bemühte sich, das Chaos aus der Wunde zu halten. Möglicherweise würde dies eines Tages, wenn die medizinischen Vorräte erschöpft waren, eine wichtige Heilmaßnahme sein. Die Begabung schien die Heilung selbst nicht zu beschleunigen, aber sie unterdrückte die Infektion und sorgte, wie Nylan vermutete, dafür, dass sich weniger auffällige Narben bildeten.
»Kein Glück gehabt?«, fragte Nylan von der Treppe aus.
Die Überraschung in Gerlichs Gesicht wich rasch einem gelangweilten Ausdruck. »Nein, dieses Mal
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