Sturz der Marionetten: SF-Thriller
mich hochzustemmen. »Fox. Wie geht es Ihren Augen?«
Offenbar hatte sie meine Anweisung, sich nicht von der Stelle zu rühren, befolgt. »Soll ich zu Ihnen kommen?«
»Bitte.«
Etwas huschte an der anderen Seite des Tisches vorbei, ein Schemen, der vom Hals aufwärts einem menschlichen Wesen ähnelte, darunter jedoch nur aus einer wirren Ansammlung abstrakter Einzelteile zu bestehen schien. Dies war nicht der Kompromiss zwischen Mensch und Vlhani, der so typisch für die Tanzpilger war, die ich gesehen hatte. Die meisten dieser Pilger hatten grundsätzlich menschliche Körper mit gewissen Modifikationen hinsichtlich der Proportionen und der Anzahl, Anordnung und Länge ihrer Glieder. Dieser Anblick jedoch schmerzte in meinen Augen. Der kahle Kopf saß auf etwas, das kein Torso war, etwas, das glitzerte, sich zusammenfaltete und zu einer neuen Gestalt formierte. Grünes Licht sickerte durch den Bereich, wo der Torso hätte sein sollen. »Annnnn-dreeeee-aaaahhh«, sagte es, und es sprach mit der Stimme einer Frau.
Da ich Ricard und Cori bereits begegnet war, blieb nur noch ein Familienmitglied übrig. »Liisl! Liisl Thane! Spreche ich mit Liisl Thane?«
Aber sie hatte sich aus meinem Blickfeld hinausbewegt. Ich hörte einen weiteren dieser bedeutungslosen Schreie, weitere Bohrgeräusche und dann den plötzlichen, scharfen Knall eines harten Gegenstands, der auf eine nicht minder harte Oberfläche prallte. Ich schluckte den ätzenden Geschmack auf meiner Zunge herunter, schloss die Augen, um die schaurigen Bilder zu vertreiben, die mein Geist beharrlich heraufbeschwor, und wäre beinahe aus der Haut gefahren, als eine Hand, kalt wie ein Grab, meinen Nacken berührte.
»Ich bin's«, sagte Fox.
Von wegen kalt wie ein Grab.
Aber nachdem ich über diesen Boden gekrochen war, waren meine Hände auch eisig.
»Wagen Sie es bloß nicht, so etwas noch einmal zu tun.«
Sie entschuldigte sich nicht. »Was brauchen Sie?«
»Ihre Objektivität.«
Der Schemen, den ich zuvor entdeckt hatte, bewegte sich auf der anderen Seite der Plattform und versperrte dem grünen Licht im Hintergrund nun wieder den Weg. Von dem Kopf abgesehen, den ich nun im Profil sah - und der die zierliche Nase und die Lippen der jungen Frau und Mutter hatte, die Liisl Thane gewesen war -, sah nichts an dem Ding auch nur entfernt menschlich aus. Teile aus dem verhedderten Chaos unter dem Hals glänzten wie offene Wunden; andere Teile reflektierten das Licht wie die Chitinpanzer der Vlhani. Dort, wo der Brustkorb sein sollte, war nichts außer leerer Luft. Es schwang sich um eine Art Metallgestänge herum, das von der für uns nicht sichtbaren Decke herabhing. Als es uns passierte, wandte es uns den Kopf zu; sein Gesicht fing das zunehmende Licht ein, und ich sah direkt durch die geweitete Pupille und die glühende Glaskörperflüssigkeit in die Leere auf der Rückseite des Auges. »Annnn-dreee-aaaah Kuh Kuh Corrrt«, sagte es und entschwand.
Fox vergeudete keinen Atem mit irgendwelchen Bemerkungen darüber, dass diese Leute mich kannten. Sie war zu beschäftigt, um das Durcheinander der Peitschen zu untersuchen, die vor uns auf der Plattform lagen. »Das sind Prothesen. Bauen die hier Vlhani?«
»Vielleicht Vlhani-Teile. V-vielleicht, wenn wir ... dem Lauf des Tisches folgen ... vielleicht finden wir heraus, was da passiert.«
Es gab keinen besonderen Anlass, nach rechts statt nach links zu gehen oder umgekehrt. Da Fox rechts von mir stand und ich jederzeit ihre Hilfe brauchen könnte, gingen wir in diese Richtung und hielten nur dann inne, wenn die unregelmäßigen Werkstattgeräusche um uns herum von einem weiteren Schrei oder einem Ausbruch unverständlichen Geplappers abgelöst wurden. Zehn Schritte weiter entdeckten wir einige metallische Spiralen, jede so flexibel wie Papier, zehn Schritte danach einen Stapel silberner Scheiben, und zehn Schritte danach stießen wir auf eine Reihe von Stäben mit dreieckigem Querschnitt, deren Kanten scharf genug waren, schon bei einer bloßen Berührung meiner Fingerspitze Blut zu fordern. Ich wusste nicht, wie ich einen der Stäbe in die Hand nehmen sollte, ohne mich komplett aufzuschlitzen, und ich wusste auch nicht, warum ich das wollen sollte.
Es hatte keinen Sinn. Ein geschulter Exolinguiprothetiker mochte mit dem, was wir hier sahen, etwas anfangen können, aber als unerfahrene Laien tappten wir in mehr als nur einer Hinsicht im Dunkeln.
Das Liisl-Ding glitt erneut vorbei, und die abstrakten Formen
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