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Sturz der Marionetten: SF-Thriller

Titel: Sturz der Marionetten: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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lachen.
    Ich sah die verstümmelte Frau an und sagte: »Hallo Ch'tpok.«

KAPITEL SIEBZEHN
DAMOKLES
 
    (Skye.)
    Die meisten Städte sind merkantil. Sie verfügen über Industrien, um all den psychologischen und bürokratischen Mist zu rechtfertigen, der damit einhergeht, so viele intelligente Wesen aufeinanderzustapeln. Dazu zählen Herstellung, Transport, Regierung, militärische Infrastruktur oder auch organisierte Religion, für deren Unterhaltung ein Gewimmel an Leuten mit all dem Ärger, den sie mit sich bringen, nötig ist.
    Städte sind so von den Mächten abhängig, die sie steuern, dass nur selten eine per Ermächtigung aufgebaut wird; schafft man aber einen Bedarf für eine Stadt, so wird auf der Stelle eine entstehen, weniger, weil sie gefordert wurde, sondern vielmehr, weil sogleich alles am passenden Ort zusammenströmt.
    Nurejew war eine der wenigen Ausnahmen. Für die Entstehung dieser Stadt gab es keinen ernsthaften Grund. Tanzpilger stellten nichts her. Sie beteiligten sich nicht am Handel. Es gab Zweier- und Dreierbeziehungen, aber keine Familien. Sie hatten keine Kinder, für die sie Schulen gebraucht hätten, keine religiösen Überzeugungen, die den Bau von Kirchen oder Tempeln erfordert hätten. Sie waren ihrer Umgebung entsprechend modifiziert worden, sodass sie kaum Schutz vor den Extremen glühender Hitze oder eisiger Kälte benötigten. Würde man sie irgendwo auf Vlhan aussetzen, würden sie entweder von dem leben, was das Land zu bieten hatte, oder, sollten sie doch in Not geraten, die ortsansässigen Vlhani um Hilfe bitten, die bisher stets gewissenhaft für sie gesorgt hatten - nicht, weil sie sie als Haustiere betrachteten, sondern, weil die Tanzpilger für sie eine wertvolle, importierte Ressource darstellten.
    Es schien absolut keinen Grund für die mühselige Arbeit zu geben, die damit einherging, eine dauerhafte Siedlung für ein paar Hunderttausend Leute zu bauen, ganz zu schweigen davon, sie mit Lebensmitteln zu versorgen und ihre Scheiße zu entsorgen. Bis auf einen. Menschen, selbst erheblich veränderte Menschen, sehnen sich nach Gemeinschaft - und ein Planet voller Menschen, die überwiegend demselben Glauben folgen, wird zwangsläufig irgendwann sein eigenes Jerusalem bauen, sein eigenes Mekka, einen Ort, den sie aufsuchen können, wenn der Glaube allein nicht reicht.
    Daher Nurejew: Ein Witz, gemessen an den meisten Städten der Menschheit, kaum mehr als eine brodelnde Metropole aus zusammengebastelten Zelten, die unter dem Einfluss der Winde der umgebenden Wüste alle ihre eigene Schicht aus braunem Staub angesammelt hatten. Einen kläglicheren Haufen gab es nirgends, sah man von Flüchtlingslagern ab, die überall dort entstanden, wo Menschen durch eine Katastrophe oder einen Krieg ihre Heimat verloren hatten ... und doch war dies eindeutig ein Ort, der planvoll entstanden war. Die Behausungen waren alle in Reih und Glied aufgebaut worden, Tausende von ihnen standen in einer Reihe nebeneinander, verbunden durch befahrbare Gassen. Es gab große offene Plätze, nicht grüner als der Rest, die als Parks dienten, und sogar eine primitive Landwirtschaft, die schnell wachsende, proteinreiche Flechten züchtete, die in den Untiefen des namenlosen Meeres jenseits der Stadtgrenze wuchsen. Jene Wohngebiete, die den zentralisierten Massenklos am nächsten waren, fingen den Geruch der Abwässer ein, wenn der Wind ohne Vorwarnung wechselte, aber das war nicht die Art von Miasma, die in manchen Städten die Atmosphäre so sehr beherrschte, dass die Bewohner einfach aufgaben und mit dem Gestank lebten.
    Die Pilger, die so oder so einen Großteil ihrer Zeit auf Reisen zubrachten, während sie um die Gunst der Mächte wetteiferten, die darüber befanden, wer die Ehre haben sollte, im jährlichen Ballett aufzutreten, taten, was nötig war, um ihr Leben behaglich zu gestalten, wenn auch keineswegs pläsierlich oder gar luxuriös. Dies war ein Ort zum Kommen und Gehen, aber keiner, an dem irgendjemand würde bleiben wollen.
    Und es war gewiss nicht der Ort, den irgendjemand für sein letztes Gefecht gewählt hätte.
    Aber genau dazu war Nurejew in den letzten Tagen geworden. Flüchtlinge waren aus der Wüste herbeigeströmt und hatten Geschichten über Massaker, deren Zeugen sie geworden waren, und Treibjagden, vor denen sie geflohen waren, erzählt. Zelte, zurückgelassen von Eignern, die anderswo hingereist und entweder tot waren oder sich irgendwo versteckten, wurden nun von Flüchtlingen

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