Sturz der Titanen
wie Dah diese Angelegenheit geregelt hätte. Trotz der Gesetzeslage war eine Frau nicht ganz machtlos.
Fitz würde sich inzwischen Gedanken machen. Bestimmt hatte er damit gerechnet, dass sie sein Angebot annahm oder im schlimmsten Fall auf mehr Geld bestand; danach hätte er sein Geheimnis für sicher gehalten. Doch Ethel hatte Solman bewusst keine Gelegenheit gegeben, sie zu fragen, was sie wirklich wollte. Ihre wahren Absichten sollten vorerst im Dunkeln bleiben, damit Fitz ständig damit rechnen musste, sie könnte sich rächen, indem sie Bea von ihrer Schwangerschaft erzählte.
Ethel blickte durchs Fenster auf die Uhr am Stalldach. Es war kurz vor zwölf. Auf dem Rasen vor dem Haus bereitete das Personal das Mittagessen für die Bergarbeiterkinder vor. Fürstin Bea empfing die Haushälterin normalerweise um zwölf und brachte dann häufig Beschwerden vor: Entweder gefielen ihr die Blumen in der Halle nicht, oder die Livree der Diener war ungebügelt, oder die Farbe am Treppenabsatz blätterte ab. Die Haushälterin ihrerseits hatte Fragen zu stellen, was die Unterbringung von Gästen betraf, Ersatzbeschaffungen von Porzellan und Glas, die Einstellung und Entlassung von Küchen- und Zimmermädchen. Fitz kam meist gegen halb eins in den Morgensalon, um sich vor dem Mittagessen ein Glas Sherry zu genehmigen.
Und dann würde Ethel die Daumenschrauben anziehen.
Fitz schaute zu, wie die Kinder der Bergarbeiter sich für ihr Mittagessen anstellten – für sie die Hauptmahlzeit des Tages. Ihre Gesichter waren schmutzig, die Haare ungekämmt und die Kleidung zerlumpt, aber sie sahen glücklich aus. Kinder waren erstaunlich. Diese Jungen und Mädchen gehörten zu den Ärmsten im Land, und ihre Väter führten einen erbitterten Kampf, aber den Kindern war nicht die geringste Besorgnis anzumerken.
Seit er Bea vor fünf Jahren geheiratet hatte, sehnte Fitz sich nach einem Kind. Bea hatte schon einmal eine Fehlgeburt erlitten, und Fitz hatte schreckliche Angst, es könnte sich wiederholen. Beim letzten Mal hatte sie sich aus Wut, dass er ihre Russlandreise absagen musste, in einen wahren Tobsuchtsanfall hineingesteigert. Wenn sie herausfand, dass er ihre Haushälterin geschwängert hatte, würde es noch schlimmer werden.
Und das schreckliche Geheimnis lag in den Händen eines Dienstmädchens.
Die Sorge ließ Fitz keine ruhige Minute. Welch grausame Strafe für seine Sünde! Unter anderen Umständen hätte er sich sogar ein bisschen gefreut, Nachwuchs mit Ethel zu haben. Er hätte Mutter und Kind in ein kleines Haus in Chelsea setzen und sie einmal in der Woche besuchen können. Bei diesem schmerzlichen Tagtraum durchfuhr ihn erneut ein Stich des Bedauerns und Verlangens. Er wollte Ethel nicht grob und ungerecht behandeln. Ihre Liebe war so süß gewesen … ihre sehnsüchtigen Küsse, ihre leidenschaftlichen Berührungen, die Hitze ihrer jugendlichen Begierde. Selbst als er ihr die schlechte Nachricht mitteilen musste, hatte er sich gewünscht, mit den Händen über ihren schlanken Körper fahren und spüren zu können, wie sie auf jene begierige Art seinen Hals küsste, die er so erregend fand. Doch er hatte sein Herz vor ihr verschließen müssen.
Ethel war die aufregendste Frau, die er je geküsst hatte, und sie war klug, humorvoll und verstand etwas von Politik; ihr Vater rede ständig über das politische Geschehen, hatte sie ihm erzählt. Außerdem bekam sie als Haushälterin auf Ty Gwyn die Zeitung des Earls, sobald der Butler sie ausgelesen hatte – eine Gewohnheit unter den Dienstboten, von der Fitz gar nichts gewusst hatte. Ethel hatte ihm unerwartete Fragen gestellt, die er nicht immer beantworten konnte, zum Beispiel, wer Ungarn vor den Österreichern beherrscht hatte. Das werde ich vermissen, dachte Fitz traurig.
Doch Ethel wollte sich einfach nicht so verhalten, wie man es von einer abgelegten Mätresse erwarten durfte. Solman war nach dem Gespräch mit ihr regelrecht erschüttert gewesen. Fitz hatte den Anwalt gefragt: »Was will sie denn nun?«, doch Solman hatte es ihm nicht sagen können. Nun hegte Fitz den schrecklichen Verdacht, Ethel könnte mit der ganzen Geschichte zu Bea gehen – aus dem moralisch verdrehten Wunsch heraus, dass die Wahrheit ans Licht kam.
Gott hilf mir, sie von meiner Frau fernzuhalten, betete er stumm.
Zu seinem Erstaunen sah er die kleine, rundliche Gestalt von Perceval Jones, Bürgermeister von Aberowen und Generaldirektor von Celtic Minerals, in Wanderstiefeln und
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