Sturz der Titanen
entgegnete Fitz.
»Offenbar sind diese Leute hier geächtet. In den Läden und Lokalen werden sie nicht bedient.«
»Ich werde Reverend Jenkins bitten, darüber zu predigen, dass man seinen Nächsten auch dann lieben muss, wenn er Streikbrecher ist.«
»Kannst du den Ladenbesitzern nicht einfach befehlen, sie zu bedienen?«
Fitz lächelte. »Nein, meine Liebe, in diesem Land geht das nicht.«
»Aber diese Russen tun mir leid, und ich möchte mich gerne für sie einsetzen.«
Fitz war erfreut. »Das ist ein schöner Zug von dir. Was schwebt dir denn vor?«
»In Cardiff gibt es eine russisch-orthodoxe Kirche. Ich möchte einen Popen hierherrufen, damit er an einem Sonntag die Messe für sie liest.«
Fitz runzelte die Stirn. Bea war vor ihrer Heirat zur anglikanischen Kirche konvertiert, doch er wusste, dass sie sich insgeheim nach dem Glauben ihrer Kindheit sehnte. »Einverstanden«, sagte er.
»Danach könnten wir ihnen im Dienstbotenzimmer ein Mittagessen servieren.«
»Ein hübscher Gedanke, meine Liebe, aber es könnte ein ziemlich rauer Haufen sein.«
»Wir geben nur denen zu essen, die zum Gottesdienst kommen. Auf diese Weise schließen wir die Juden und die schlimmsten Unruhestifter aus.«
»Klug von dir! Natürlich könnte es sein, dass die Städter es dir verübeln …«
»… aber das bekümmert weder dich noch mich.«
Er nickte. »Wie du willst. Jones hat sich beschwert. Er meint, ich unterstütze den Streik, indem ich den Kindern zu essen gebe. Wenn du die Streikbrecher einlädst, kann zumindest niemand mehr behaupten, dass wir für eine der beiden Seiten Partei ergreifen.«
»Ich danke dir«, sagte Bea.
Die Schwangerschaft macht uns den Umgang miteinander jetzt schon leichter, dachte Fitz zufrieden.
Zum Essen trank er zwei Gläser Weißwein, doch seine Sorgen kehrten zurück, als er das Esszimmer verließ und sich auf den Weg zur Gardeniensuite machte. Ethel hielt sein Schicksal in ihren Händen. Sie war zwar ganz die weiche, gefühlsbetonte Frau, aber trotzdem ließ sie sich nicht sagen, was sie vorhatte. Er konnte sie nicht steuern, und das machte ihm Angst.
Sie war nicht in der Suite. Er blickte auf die Uhr: Viertel nach zwei. Er hatte geschrieben, er wolle sie nach dem Mittagessen sehen. Seltsam. Ethel musste doch wissen, wann der Kaffee serviert worden war, und hätte bereits auf ihn warten müssen. Beklommenheit erfasste ihn, dann Zorn: Wie konnte diese Dienstmagd ihn warten lassen! So ließ er sich nicht behandeln! Trotzdem wollte er die Frage keinen weiteren Tag ungeklärt lassen, nicht mal eine weitere Stunde, und so blieb er.
Ethel kam um halb drei.
Wütend fragte er: »Was fällt dir ein, mich auf die Folter zu spannen?«
»Und was fällt dir ein, diesen Anwalt vorzuschicken?«
»Ich … ich wollte nicht, dass Gefühle ins Spiel kommen.«
»Du hast sie wohl nicht alle!«, erwiderte Ethel. Fitz war schockiert. Das letzte Mal war er als Schuljunge so behandelt worden. »Ich bin mit deinem Kind schwanger«, fuhr sie fort. »Wie soll sich das denn ohne Gefühle abhandeln lassen?«
»Tut mir leid«, lenkte er ein. »Also gut, ich zahle dir das Doppelte …«
»Mach es nicht noch schlimmer, Teddy«, sagte sie, doch ihre Stimme war nun weicher. »Ich bin kein Pferdehändler, ich bin eine schwangere Frau.«
Er zeigte anklagend auf sie. »Du wirst nicht mit Bea sprechen, hast du verstanden? Das erlaube ich nicht!«
»Du kannst mir keine Befehle erteilen, Teddy. Ich habe keine Veranlassung, dir zu gehorchen.«
»Wie kannst du es wagen, in diesem Ton mit mir zu sprechen!«
»Halt den Mund und hör mir zu, dann sage ich’s dir.«
Ihre Aufsässigkeit reizte ihn aufs Blut, doch er rief sich in Erinnerung, dass er sich nicht erlauben durfte, sie vor den Kopf zu stoßen, sonst rannte sie womöglich zu Bea. »Sprich bitte weiter«, sagte er.
»Du hast mich lieblos behandelt.«
Fitz kam sich mit einem Mal jämmerlich vor, denn er wusste, dass sie recht hatte, doch er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
»Aber ich liebe dich noch immer zu sehr, als dass ich dein Glück zerstören möchte«, fuhr sie fort.
Fitz kam sich noch jämmerlicher vor.
»Ich möchte dir keinen Schaden zufügen …« Sie schluckte und wandte sich ab, und Fitz sah Tränen in ihren Augen. Er setzte zu einer Erwiderung an, doch sie gebot ihm mit erhobener Hand zu schweigen. »Du verlangst, dass ich meine Arbeit und mein Zuhause aufgebe. Dann aber musst du mir helfen, ein neues Leben zu
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