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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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beginnen.«
    »Natürlich«, sagte er. »Wenn es dir darum geht …«
    »Ich gehe nach London.«
    »Gute Idee.« Dann würde niemand in Aberowen erfahren, dass sie ein Kind erwartete, geschweige denn, von wem.
    »Du wirst mir ein kleines Haus kaufen. Nichts Besonderes – ein Haus in einem Arbeiterviertel genügt mir. Aber ich möchte sechs Zimmer, damit ich im Parterre wohnen und eine Mieterin aufnehmen kann. Von der Miete kann ich die Reparaturen bezahlen. Ich müsste dann trotzdem noch arbeiten gehen.«
    »Das hast du klug durchdacht.«
    »Du fragst dich jetzt sicher, wie viel es dich kostet, möchtest aber nicht fragen, weil ein Gentleman sich nicht nach dem Preis erkundigt.«
    Da hatte sie recht.
    »Ich habe in der Zeitung nachgeschaut«, sagte sie. »Ein Haus, wie ich es mir vorstelle, kostet ungefähr dreihundert Pfund. Wahrscheinlich kommst du damit billiger weg, als wenn du mir für den Rest meines Lebens zwei Pfund im Monat zahlst.«
    Dreihundert Pfund waren für Fitz ein besseres Trinkgeld. Bea gab an einem einzigen Nachmittag bei Jeanne Paquin in Paris ähnliche Summen für Kleider aus. »Und du würdest versprechen, das Geheimnis zu wahren?«
    »Ich verspreche dir noch viel mehr. Ich verspreche dir, unser Kind zu lieben und zu pflegen, in Glück und Gesundheit aufzuziehen und für eine Ausbildung zu sorgen, auch wenn du dir offenbar keine Gedanken darüber machst.«
    Fitz wollte ungehalten reagieren, musste aber zugeben, dass sie recht hatte: An das Kind hatte er wirklich kaum gedacht. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich mache mir zu große Sorgen wegen Bea.«
    »Ich weiß.«
    »Wann wirst du aufbrechen?«
    »Morgen früh. Ich habe es genauso eilig wie du. Ich nehme den Zug nach London und mache mich sofort auf die Suche nach einem Haus. Wenn ich das Richtige gefunden habe, schreibe ich diesem Solman.«
    »Hier.« Fitz zückte seine Brieftasche und reichte ihr zwei Fünfpfundnoten. »Davon kannst du dich irgendwo einmieten, während du nach einem Haus suchst.«
    Ethel lächelte. »Du hast keine Ahnung, was das Leben so kostet, stimmt’s, Teddy?« Sie gab ihm einen Schein zurück. »Fünf Pfund genügen.«
    Er zog ein beleidigtes Gesicht. »Ich will nicht, dass du den Eindruck hast, ich würde dich übervorteilen.«
    »Das tust du aber, Teddy«, sagte sie, und für einen Moment sah er die Wut hinter ihrer kühlen Fassade. »Nur nicht, was Geld angeht.«
    »Aber wir wollten es doch beide!«, sagte er mit einem Blick auf das Bett.
    »Aber nur ich bekomme ein Kind.«
    »Bitte, lass uns nicht streiten. Ich werde Solman sagen, er soll tun, was du vorgeschlagen hast.«
    Ethel reichte ihm die Hand. »Leb wohl, Teddy. Ich weiß, du wirst Wort halten.« Ihre Stimme klang gleichmütig, doch Fitz merkte ihr an, dass sie Mühe hatte, die Fassung zu wahren.
    Ethel zum Abschied nur die Hand zu schütteln erschien ihm seltsam in Anbetracht der Tatsache, dass sie leidenschaftliche Stunden im Bett verbracht hatten. »Ja«, sagte er. »Ich halte mein Wort.«
    »Bitte geh jetzt, schnell«, sagte Ethel und drehte sich zur Seite.
    Fitz zögerte einen Augenblick; dann verließ er das Zimmer.
    Als er über den Flur ging, war er erstaunt und beschämt, dass ihm unmännliche Tränen in die Augen traten. »Leb wohl, Ethel«, flüsterte er. »Gott segne und behüte dich.«

    Ethel ging auf den Dachboden und stahl einen kleinen, abgenutzten Koffer, den niemand vermissen würde. Er hatte Fitz’ Vater gehört. Das Familienwappen war ins Leder geprägt. Zwar war die Goldfarbe längst verschwunden, aber der Eindruck war noch zu erkennen. Ethel packte Strümpfe und Unterwäsche ein, dazu einen kleinen Vorrat von der Duftseife der Fürstin.
    Als Ethel in dieser Nacht in ihrem Bett lag, wurde ihr klar, dass sie gar nicht nach London wollte. Sie hatte viel zu viel Angst, alleine durchstehen zu müssen, was ihr bevorstand. Lieber wollte sie bei ihrer Familie sein, zumal Mam ihr Ratschläge erteilen konnte, was Schwangerschaft und Geburt betraf. Es war besser, in vertrauter Umgebung zu leben, wenn das Kind zur Welt kam. Ihr Baby würde seine Großeltern und seinen Onkel Billy brauchen.
    Am Morgen zog Ethel ein eigenes Kleid an, ließ die Tracht der Haushälterin am Nagel hängen und schlich sich in aller Frühe aus Ty Gwyn. Am Ende der Zufahrt blieb sie stehen und blickte zum Haus zurück, auf die vom Kohlenstaub dunklen Steine und die langen Fensterreihen, auf denen das Licht der aufgehenden Sonne funkelte. Sie musste daran denken, wie viel

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