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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Haus, als sein Herr meinen Herrn besucht hat. Als ich erfuhr, dass ich in anderen Umständen bin, war er schon bei der Armee. Ich habe den Kontakt verloren.«
    »Auf Besuch? Und den Kontakt hast du verloren?« Dahs Stimme erhob sich zu einem wütenden Gebrüll. »Soll das heißen, du bist nicht einmal mit ihm verlobt? Du hast mit ihm …« Er stockte, war nicht fähig, die abscheulichen Wörter hervorzubringen. »Du hast diese schmutzige Sünde beiläufig begangen?«
    »Jetzt sei nicht wütend, Dah«, sagte Mam.
    »Ich soll nicht wütend werden? Weswegen sollte ich dann überhaupt noch wütend werden?«
    Gramper versuchte ihn zu beruhigen. »Jetz’ mach mal halblang, Jung. Hat doch kein’ Sinn, wenn du hier rumbrüllen tust.«
    »Ich erinnere dich nicht gerne daran, Gramper, aber das ist mein Haus, und ich sage, was hier Sinn hat und was nicht.«
    »Is’ ja schon gut«, erwiderte Gramper friedvoll. »Ganz wieste wills’.«
    Mam war noch nicht bereit nachzugeben. »Sag nichts, was du später bereust, Dah.«
    Doch alle Versuche, Dahs Zorn zu beschwichtigen, machten ihn nur noch wütender. »Ich lasse mir von Frauen und alten Männern nichts vorschreiben!«, brüllte er und wies mit dem Finger auf Ethel. »Und ich dulde keine Sünderin in meinem Haus! Hinaus!«
    Mam brach in Tränen aus. »Nein, bitte, sag das nicht!«
    »Raus!«, brüllte er. »Und komm nie wieder!«
    Mam sagte: »Aber dein Enkel …«
    Billy erhob die Stimme. »Lässt du dir vom Wort Gottes etwas vorschreiben, Dah? Jesus sprach: ›Ich bin gekommen zu rufen die Sünder zur Buße, und nicht die Gerechten.‹ Lukasevangelium, Kapitel fünf, Vers zweiunddreißig.«
    Dah fuhr zu ihm herum. »Ich will dir mal was sagen, du unwissender Bengel. Meine Großeltern waren nie verheiratet. Niemand weiß, wer mein Großvater war. Meine Großmutter ist so tief gesunken, wie eine Frau nur sinken kann.«
    Mam schnappte nach Luft, Ethel war schockiert, und Billy blieb die Spucke weg. Nur Gramper schien die Geschichte schon zu kennen.
    »Oh ja«, sagte Dah und senkte die Stimme. »Mein Vater ist in einem Haus von üblem Ruf aufgewachsen, wenn ihr wisst, was das ist. Ein Haus an den Kais von Cardiff, das von Matrosen besucht wurde. Eines Tages, als seine betrunkene Mutter ihn frei herumlaufen ließ, führte Gott der Herr seine kindlichen Schritte in die Sonntagsschule einer Kapelle, wo er Jesus kennenlernte. Am gleichen Ort lernte er dann Lesen und Schreiben und am Ende auch, seine eigenen Kinder als rechtschaffene Menschen aufzuziehen.«
    Mam sagte leise: »Das hast du mir nie erzählt, David.« Sie sprach ihn nur selten mit seinem Taufnamen an.
    »Ich hatte gehofft, nie wieder daran denken zu müssen.« Dahs Gesicht war zu einer Maske der Scham und des Zorns verzerrt. Er stützte sich auf den Tisch und starrte Ethel in die Augen. Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Als ich um deine Mutter warb, hielten wir einander nur die Hände, und ich küsste sie jeden Abend auf die Wange – bis zum Tag unserer Hochzeit.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Tassen klirrten. »Durch die Gnade Jesu Christi, unseres Herrn, zog meine Familie sich aus eigener Kraft aus der stinkenden Gosse.« Wieder erhob seine Stimme sich zu einem Brüllen. »Und wir kehren nie wieder dorthin zurück! Nie, nie, nie!«
    Fassungsloses Schweigen breitete sich aus.
    Dah blickte Mam an. »Schaff Ethel hier raus.«
    Ethel erhob sich. »Mein Koffer ist gepackt, und ich habe ein bisschen Geld. Ich nehme den Zug nach London.« Sie blickte ihrem Vater fest in die Augen. »Ich werde die Familie nicht in die Gosse zerren.«
    Billy nahm Ethels Koffer.
    »Wohin willst du damit, Junge?«, fragte Dah.
    »Ich bring Ethel zum Bahnhof«, sagte Billy. Er sah verängstigt aus.
    »Lass sie ihren Koffer selber tragen.«
    Billy bückte sich schon und wollte ihn abstellen, überlegte es sich dann aber anders. Ein trotziger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. »Ich bring sie zum Bahnhof«, wiederholte er.
    »Du tust, was ich dir sage!«, fuhr Dah ihn an.
    Billy sah noch immer ängstlich aus, doch jetzt erwachte sein Starrsinn. »Was willste denn tun? Mich auch aus dem Haus werfen und alles?«
    »Ich lege dich übers Knie und verdresche dich«, erwiderte Dah. »Dazu bist du noch nicht zu groß.«
    Billy war weiß im Gesicht, blickte Dah jedoch fest ins Auge. »Doch, bin ich«, entgegnete er. »Dafür bin ich schon zu groß.« Er nahm den Koffer in die linke Hand und ballte die rechte zur

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