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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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dass der Säugling bei guter Gesundheit war. Und Bea ebenfalls.
    Fitz hatte einen Sohn, die Grafschaft einen Erben!
    »Sind Sie noch da, Major?«, fragte Captain Davies.
    »Ja, ja«, sagte Fitz. »War nur ein bisschen erschrocken. Er ist früh dran.«
    »Da Weihnachten ist, Sir, dachten wir, die Neuigkeit würde Sie ein wenig aufheitern.«
    »So ist es auch, das können Sie mir glauben!«
    »Ich möchte Ihnen als Erster meinen Glückwunsch aussprechen, Sir.«
    »Sehr freundlich von Ihnen«, sagte Fitz. »Danke sehr. Ich …« Doch Captain Davies hatte bereits aufgelegt.
    Es dauerte einen Augenblick; dann bemerkte Fitz, dass die anderen Offiziere im Unterstand ihn schweigend musterten. Schließlich fragte einer von ihnen: »Gute oder schlechte Neuigkeiten?«
    »Gute!«, rief Fitz. »Wunderbare sogar. Ich bin Vater geworden.«
    Sie schüttelten ihm die Hand und schlugen ihm auf den Rücken. Murray holte die Whiskyflasche hervor, und trotz der frühen Stunde tranken sie auf die Gesundheit des Jungen. »Wie soll er heißen?«, fragte Murray.
    »Viscount Aberowen, solange ich lebe«, sagte Fitz; dann wurde ihm klar, dass Murray nicht nach dem Titel, sondern dem Namen des Jungen gefragt hatte. »George, nach meinem Vater, und William nach meinem Großvater. Beas Vater hieß Pjotr Nikolajewitsch, also fügen wir das vielleicht auch noch an.«
    Murray wirkte belustigt. »George William Peter Nicholas Fitzherbert, Viscount Aberowen«, sagte er. »An Namen wird es ihm nie mangeln!«
    Fitz nickte gutmütig. »Und das, wo er wahrscheinlich bloß sieben Pfund wiegt.«
    Er platzte fast vor Stolz und guter Laune und hätte die Neuigkeit am liebsten überall verbreitet. »Ich glaube, ich gehe zur vordersten Linie«, sagte er, als sie den Whisky getrunken hatten, »und spendiere den Männern ein paar Zigarren.«
    In Hochstimmung verließ er den Unterstand und folgte dem Laufgraben. Die Geschütze schwiegen, und die Luft roch frisch und sauber, solange man nicht an einer Latrine vorbeiging. Fitz stellte fest, dass er nicht an Bea dachte, sondern an Ethel. Hatte sie schon entbunden? War sie glücklich in ihrem Haus, das von dem Geld gekauft war, das sie von ihm erpresst hatte? Obwohl Fitz noch immer die Härte erschreckte, die Ethel bei der Verhandlung mit ihm gezeigt hatte, konnte er nicht vergessen, dass das Kind, das sie trug, sein Kind war. Er hoffte, dass sie es genauso unbeschadet zur Welt brachte wie Bea ihren Jungen.
    All diese Gedanken verflogen, als er zur ersten Linie gelangte. Kaum bog er um die Ecke in den Kampfgraben, als er erschrocken stehen blieb.
    Niemand war zu sehen.
    Er folgte dem Graben und bog um einen Knick, dann noch einen. Immer noch war niemand zu sehen. Es war wie in einer Gespenstergeschichte oder auf einem jener Schiffe, die man unbeschädigt im Meer treibend fand, ohne dass eine Menschenseele an Bord war.
    Es musste eine Erklärung geben. Hatte ein Angriff stattgefunden, von dem Fitz aus irgendeinem Grund nichts wusste?
    Ihm kam der Gedanke, über die Schulterwehr zu blicken.
    Aber das war nicht ungefährlich. Viele Männer fielen gleich an ihrem ersten Tag an der Front, nur weil sie meinten, einmal rasch einen Blick über die Grabenkrone werfen zu müssen.
    Fitz nahm einen der Feldspaten mit kurzem Griff, die man Schanzwerkzeug nannte. Ganz langsam hob er das Blatt über den oberen Rand der Schulterwehr. Als nichts geschah, stieg er auf den Schützenauftritt und hob vorsichtig den Kopf, bis er durch die schmale Lücke zwischen Schulterwehr und Spatenblatt hindurchblicken konnte.
    Er konnte kaum glauben, was er sah.
    Sämtliche Männer standen in der Trichterwüste des Niemandslandes, aber sie kämpften nicht. Sie standen in Gruppen beisammen und redeten.
    Und an ihrem Aussehen war irgendetwas Merkwürdiges. Fitz brauchte einen Augenblick, bis er ihm klar wurde, dass einige Uniformen khakibraun und andere feldgrau waren.
    Die Männer sprachen mit dem Feind.
    Fitz ließ das Schanzwerkzeug fallen, hob den Kopf ganz über die Schulterwehr und erblickte Hunderte von Soldaten, Briten und Deutsche bunt gemischt, so weit er nach links und rechts sehen konnte.
    Was ging da vor?
    Fitz eilte zur nächsten Grabenleiter, stieg über die Schulterwehr und schritt über die aufgewühlte Erde. Die Männer zeigten sich gegenseitig Fotografien von ihren Familien und ihren Liebsten in der Heimat, reichten Zigaretten herum und versuchten, miteinander zu sprechen, indem sie Dinge sagten wie: »Ich Robert, wer du?«
    Fitz sah

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