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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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keiner ein Wort. Schließlich setzte Olga sich auf. »Mein Gott«, stieß sie hervor. »Ich wusste gar nicht, dass es so ist.«
    »Normalerweise ist es auch nicht so «, erwiderte Lew.
    Es folgte eine lange, nachdenkliche Pause; dann sagte Olga mit leiser Stimme: »Was habe ich getan?«
    Lew antwortete nicht.
    Olga hob ihre Unterhose auf und streifte sie über. Einen Augenblick saß sie noch ruhig da; dann schnappte sie nach Luft und stieg aus.
    Lew wartete, dass sie irgendetwas sagte, doch es kam nichts. Olga ging zur Hintertür der Garage, öffnete sie und verschwand.
    Doch am nächsten Tag war sie wieder zur Stelle.

    Edith Galt nahm den Heiratsantrag Präsident Wilsons am 29. Juni an. Im Juli kehrte der Präsident kurzfristig ins Weiße Haus zurück. »Ich muss für ein paar Tage wieder nach Washington«, sagte Gus zu Olga, als sie durch den Zoo von Buffalo schlenderten.
    »Was heißt das, für ein paar Tage?«
    »Solange der Präsident mich braucht.«
    »Wie aufregend!«
    Gus nickte. »Es ist der beste Job der Welt. Aber das heißt auch, dass ich nicht mein eigener Herr bin. Sollte die Krise mit Deutschland eskalieren, könnte es lange dauern, bis ich wieder in Buffalo bin.«
    »Wir werden dich vermissen.«
    »Und ich werde dich vermissen. Wir haben uns so gut angefreundet, seit ich wieder zurückgekommen bin.« Sie waren auf dem See im Delaware Park Boot gefahren und in Crystal Beach schwimmen gegangen; sie waren mit einem Dampfer den Fluss bis Niagara hinaufgetuckert und dann über den See auf die kanadische Seite gefahren, und sie hatten jeden zweiten Tag Tennis gespielt – immer mit einer Gruppe junger Freunde und unter dem wachsamen Blick einer aufmerksamen Mutter. Heute begleitete Mrs. Vyalov sie ebenfalls. Sie ging ein paar Schritte hinter ihnen und unterhielt sich mit Chuck Dixon.
    »Ist dir eigentlich klar«, fuhr Gus fort, »wie sehr ich dich vermissen werde?«
    Olga lächelte, erwiderte aber nichts.
    »Das war der glücklichste Sommer meines Lebens«, sagte Gus.
    »Bei mir auch«, erwiderte sie und ließ ihren rot-weiß gepunkteten Sonnenschirm kreisen.
    Das freute Gus, obwohl er nicht genau wusste, ob es seine Gesellschaft war, die Olga so glücklich machte. Er durchschaute sie nicht. Olga schien sich jedes Mal zu freuen, ihn zu sehen, und sie unterhielt sich gerne mit ihm, manchmal stundenlang. Aber Gus hatte kein Anzeichen dafür gesehen, dass Olgas Gefühle für ihn mehr als nur freundschaftlich waren. Natürlich durfte kein anständiges Mädchen so etwas zeigen, jedenfalls nicht, bevor sie verlobt war; dennoch hätte Gus es gerne gesehen. Aber genau das machte einen Teil von Olgas Anziehungskraft aus.
    Gus erinnerte sich lebhaft daran, dass Caroline Wigmore ihm ihre Bedürfnisse stets in aller Deutlichkeit mitgeteilt hatte. In letzter Zeit dachte er oft an Caroline, die einzige andere Frau, die er bis jetzt geliebt hatte. Aber wenn Caroline ihm hatte sagen können, was sie wollte, warum konnte Olga es dann nicht? Anderseits war Caroline eine verheiratete Frau und Olga ein behütetes Mädchen.
    Gus blieb vor der Bärengrube stehen. Beide schauten durch die Gitterstäbe auf den kleinen Braunbären, der auf seinen Hinterbeinen saß und zu ihnen hinaufstarrte.
    »Ich frage mich, ob jeder unserer Tage so glücklich sein wird«, bemerkte Gus.
    »Warum nicht?«, erwiderte Olga.
    War das eine Ermutigung? Gus schaute sie an. Olga schien es gar nicht zu bemerken; sie beobachtete den Bären. Gus ließ den Blick über ihre blauen Augen, ihre rosa Wangen und die zarte weiße Haut ihres Halses schweifen. »Ich wollte, ich wäre Tizian«, sagte er. »Dann würde ich dich malen.«
    Olgas Mutter und Chuck schlenderten vorbei, sodass die beiden jungen Leute allein waren.
    Endlich drehte Olga sich zu ihm um, und Gus glaubte, so etwas wie Zuneigung in ihren Augen zu erkennen. Das gab ihm Mut. Wenn der Präsident das tun kann, wo er kaum ein Jahr verwitwet war, konnte er es auch.
    »Ich liebe dich, Olga«, sagte er.
    Sie schwieg, blickte ihn aber weiterhin an.
    Gus schluckte. Wieder einmal durchschaute er sie nicht. Er fragte: »Besteht die Möglichkeit … Darf ich hoffen, dass auch du mich eines Tages lieben wirst?« Mit angehaltenem Atem starrte er sie an. In diesem Augenblick hielt Olga sein Leben in den Händen.
    Sie schwieg noch immer. Was sie wohl dachte? Schätzte sie ihn ab, oder zögerte sie nur, bevor sie eine Entscheidung fürs Leben traf?
    Schließlich lächelte sie und sagte: »Oh ja.«
    Gus konnte es

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