Sturz der Titanen
Bar genug Getränke vorrätig hatte und dass auf der Bühne eine ordentliche Band spielte. Neben seinem Gehalt bekam er kostenlos Zigaretten und so viele Drinks, wie er trinken konnte, ohne umzukippen. Er trug stets formelle Abendkleidung, in der er sich wie ein Fürst vorkam. Joseph Vyalov mischte sich nicht in die Führung des Monte Carlo ein. Solange der Laden Gewinn abwarf, hatte Lews Schwiegervater kein Interesse an dem Club. Nur dann und wann tauchte einer seiner Schläger auf und schaute sich die Show an.
Lew hatte nur ein Problem: seine Frau.
Olga hatte sich verändert. Damals, im Sommer 1915, war sie ein paar Wochen lang die reinste Sexmaschine gewesen; ständig hatte sie ihn gewollt. Aber das war untypisch für sie gewesen, wie Lew inzwischen wusste.
Seit sie geheiratet hatten, war sie mit allem unzufrieden. Sie wollte, dass er jeden Tag badete, eine Zahnbürste benutzte und nicht mehr furzte. Sie mochte weder Tanzen noch Trinken, und sie verlangte von Lew, nicht zu rauchen. Nie kam sie in den Club. Sie schliefen in getrennten Betten. Sie bezeichnete ihn als Proletarier. »Ich bin ja auch Proletarier«, hatte er eines Tages zu ihr gesagt. »Deshalb war ich ja der Chauffeur.«
Doch Olga schimpfte und hetzte weiter.
Also hatte Lew Marga engagiert.
Seine alte Flamme war gerade auf der Bühne und probte eine Nummer mit der Band, während zwei schwarze Frauen mit Kopftüchern die Tische und den Boden putzten. Marga trug ein enges Kleid und roten Lippenstift. Lew hatte ihr einen Job als Tänzerin gegeben, ohne zu wissen, ob sie wirklich gut war. Aber wie sich herausstellte, war sie nicht nur gut, sie war eine Naturgewalt. Der Song, den sie gerade probte, war mehr als nur zweideutig. Es ging um eine Frau, die verzweifelt darauf wartete, dass ihr Mann endlich kam.
Lew wusste genau, was Marga meinte.
Er schaute ihr zu, bis sie fertig war. Dann stieg Marga von der Bühne und küsste ihn auf die Wange. Lew holte zwei Flaschen Bier und folgte ihr in die Garderobe. »Das ist ein toller Song«, sagte er.
»Danke.« Marga setzte sich die Flasche an den Mund, legte den Kopf zurück und trank. Lew betrachtete ihre roten Lippen, die sich verführerisch um den Flaschenhals schlossen. Marga bemerkte, dass er sie beobachtete. Sie schluckte und grinste. »Erinnert dich das an was?«
»Darauf kannst du wetten.« Lew umarmte sie und fuhr mit der Hand gierig über ihren Körper. Nach ein paar Minuten kniete Marga sich hin, knöpfte Lews Hose auf und besorgte es ihm mit dem Mund. Darin war sie ein Ass – die Beste, die Lew je gehabt hatte. Entweder gefiel es ihr wirklich, oder sie war die größte Schauspielerin Amerikas. Lew schloss die Augen und stöhnte vor Lust.
Die Tür ging auf, und Joseph Vyalov kam herein.
»Es stimmt also!«, polterte er.
Zwei seiner Schläger, Ilja und Theo, folgten ihm.
Lew bekam Panik. Rasch versuchte er, seine Hose zuzuknöpfen und sich gleichzeitig zu entschuldigen.
Marga sprang auf und wischte sich den Mund ab. »Sie sind in meiner Garderobe!«, protestierte sie.
»Und du bist in meinem Nachtclub«, erwiderte Vyalov, »aber nicht mehr lange. Du bist gefeuert.« Er drehte sich zu Lew um. »Solange du mit meiner Tochter verheiratet bist, fickst du keine Angestellten!«
Trotzig sagte Marga: »Er hat mich nicht gefickt, falls Ihnen das entgangen sein sollte.«
Vyalov schlug ihr auf den Mund. Marga schrie auf und taumelte zurück. Ihre Lippe blutete. »Du bist gefeuert«, wiederholte Vyalov. »Verpiss dich.«
Marga schnappte sich ihre Tasche und machte, dass sie wegkam.
Vyalov schaute zu Lew. »Du Arschloch«, sagte er. »Habe ich nicht genug für dich getan?«
»Tut mir leid, Pa«, murmelte Lew. Er hatte schreckliche Angst vor seinem Schwiegervater. Joseph Vyalov war zu allem fähig. Leute, die sein Missfallen erregten, konnten ausgepeitscht, gefoltert, verstümmelt, sogar ermordet werden. Vyalov kannte keine Gnade und fürchtete sich nicht vor dem Gesetz. Auf seine Weise war er genauso mächtig wie der Zar.
»Erzähl mir jetzt bloß nicht, dass es das erste Mal gewesen ist«, sagte Vyalov. »Ich höre diese Gerüchte schon, seit ich dir den Job hier gegeben habe.«
Lew schwieg. Die Gerüchte stimmten. Es hatte noch mehr Frauen gegeben, allerdings nicht mehr, seit er Marga engagiert hatte.
»Ich werde dich versetzen«, sagte Vyalov.
»Was meinst du damit?«
»Du wirst nicht mehr hier im Club arbeiten. Zu viele Mädchen.«
Lew verließ der Mut. Er liebte das Monte Carlo. »Aber
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