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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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seiner Männer in dieses Komitee schicken würde, stand außer Frage, und der Bursche würde dann alles so deichseln, wie Vyalov es wollte. So lief es in dieser Stadt.
    Lew jedenfalls fiel ein Stein vom Herzen. Er brauchte eine Erklärung für seinen neuen Job, die nichts mit Marga zu tun hatte, und Olga hatte sie ihm gerade geliefert. »Natürlich«, sagte er. »Ich nehme an, das ist der Grund dafür.«
    Daisy sagte: »Dadda.«
    »Kluges Mädchen!«, lobte Polina.
    Lena sagte: »Ich bin sicher, du wirst in der Fabrik gute Arbeit leisten.«
    Lew schenkte ihr sein breitestes amerikanisches Grinsen. »Ich werde mein Bestes tun.«

    Gus Dewar glaubte, bei seiner Mission in Europa, auf die der Präsident ihn geschickt hatte, versagt zu haben.
    »Versagt?«, sagte Woodrow Wilson. »Himmel, nein! Sie haben die Deutschen dazu gebracht, ein Friedensangebot zu unterbreiten. Es ist nicht Ihre Schuld, dass die Engländer und Franzosen geantwortet haben, die Deutschen sollten sich dieses Angebot in den Hintern schieben. Sie können ein Pferd zum Wasser führen, aber trinken muss es schon von allein.«
    Trotzdem ließ sich nicht bestreiten, dass es Gus nicht gelungen war, die beiden Seiten auch nur zu Vorgesprächen zusammenzubringen. Deshalb war er nun umso eifriger darauf bedacht, bei der nächsten großen Aufgabe, die Wilson ihm gab, zu glänzen.
    »Die Buffalo Metal Works sind wegen eines Streiks geschlossen«, sagte der Präsident. »Wir haben Schiffe, Flugzeuge und Militärfahrzeuge, die wegen fehlender Propeller, Schrauben und Ventilatoren aus Buffalo nicht fertig gebaut werden können. Sie kommen aus Buffalo, Gus. Fahren Sie dorthin, und sorgen Sie dafür, dass dort weitergearbeitet wird.«
    Am ersten Abend nach seiner Rückkehr nach Buffalo ging Gus zum Dinner bei Chuck Dixon, der einst mit ihm um die Gunst von Olga Vyalov konkurriert hatte. Chuck und seine frischgebackene Frau Doris besaßen ein viktorianisches Haus an der Elmwood Avenue, die parallel zur Delaware verlief, und Chuck fuhr jeden Tag mit der Belt-Linie zur Bank seines Vaters.
    Doris war ein hübsches Mädchen, das Olga ein bisschen ähnlich sah. Als Gus die beiden Frischvermählten beobachtete, dachte er bei sich, wie gerne auch er so häuslich leben würde. Einst hatte er davon geträumt, morgens neben Olga aufzuwachen, aber das war vor zwei Jahren gewesen; nun, da Olgas Zauber verflogen war, zog er eine Junggesellenwohnung an der 16th Street in Washington einem gemeinsamen Bett mit ihr vor.
    Als sie sich zu Steak und Kartoffelbrei an den Tisch setzten, fragte Doris: »Was ist eigentlich aus Präsident Wilsons Versprechen geworden, wir würden nie in den Krieg eintreten?«
    »Man muss ihm zugutehalten«, antwortete Gus, »dass er sich drei Jahre lang um Frieden bemüht hat. Die verfeindeten Parteien wollten ihm aber nicht zuhören.«
    »Das heißt aber noch lange nicht, dass wir uns am Krieg beteiligen müssen.«
    Chuck sagte ungeduldig: »Liebling, die Deutschen versenken amerikanische Schiffe!«
    »Dann sagt den amerikanischen Schiffen, sie sollen sich vom Kriegsgebiet fernhalten!« Doris schaute verärgert drein, und Gus vermutete, dass die beiden diese Diskussion schon früher geführt hatten. Ohne Zweifel wurde Doris’ Wut von der Furcht genährt, Chuck könne eingezogen werden.
    Für Gus waren diese Themen viel zu komplex, als dass man sie einfach in »Richtig« oder »Falsch« hätte einordnen können. In versöhnlichem Tonfall sagte er: »Okay, das ist eine Alternative, und der Präsident hat darüber nachgedacht. Aber das hieße, zu akzeptieren, von den Deutschen gesagt zu bekommen, wohin amerikanische Schiffe fahren dürfen und wohin nicht.«
    Chuck war empört. »Wir dürfen uns weder von den Deutschen noch von sonst jemandem herumschubsen lassen!«
    Aber Doris zeigte sich hartnäckig. »Wenn dadurch das Leben von Amerikanern gerettet wird, warum nicht?«
    »Die meisten Amerikaner denken wie Chuck«, erklärte Gus.
    »Das macht es nicht richtiger.«
    »Wilson glaubt, ein Präsident müsse mit der öffentlichen Meinung so umgehen wie ein Seemann mit dem Wind. Er muss sie benutzen, darf sich aber nie gegen sie stellen.«
    »Warum brauchen wir dann die Wehrpflicht? Das macht amerikanische Männer zu Sklaven.«
    Chuck meldete sich wieder zu Wort. »Hältst du es denn nicht für gerecht, dass alle eine gleich große Verantwortung für ihr Land übernehmen und kämpfen?«
    »Wir haben eine Berufsarmee. Diese Männer haben sich freiwillig

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