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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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geschlafen – zuletzt mit einer atemberaubenden russischen Blondine, der Geliebten eines Zarengenerals, der zu versoffen und faul war, um mit ihr ins Bett zu steigen –, doch Ethel hatte nach wie vor einen besonderen Platz in seinen Erinnerungen. Er fragte sich, wie ihr Kind wohl aussah. Fitz hatte womöglich ein halbes Dutzend Bastarde überall auf der Welt, aber Ethels Junge war der einzige Sprössling, von dem er mit Sicherheit wusste.
    Und nun war Ethel diejenige, die den Protest gegen die Intervention in Russland schürte. Jetzt wusste Fitz, woher die Informationen kamen. Ethels verdammter Bruder war Sergeant bei den Aberowen Pals. Er war schon immer ein Unruhestifter gewesen, und Fitz hegte keine Zweifel daran, dass er Ethel ständig auf dem Laufenden hielt. Ich werde den Kerl schon erwischen, dachte Fitz, und dann wird er bezahlen!
    In den darauf folgenden Wochen legten die Weißen einen wahren Sturmlauf hin und trieben die überraschten Roten vor sich her, die die sibirische Regierung eigentlich schon abgeschrieben hatten. Wenn Koltschak sich mit ihren Unterstützern in Archangelsk im Norden und mit Denikins Freiwilligenarmee im Süden zusammentun konnte, würden sie einen mehr als tausend Meilen großen Halbkreis bilden, der sich unaufhaltsam um Moskau schloss.
    Ende April starteten die Roten ihren Gegenangriff.
    Zu diesem Zeitpunkt befand sich Fitz in Buguruslan, einer verarmten Stadt im Waldland gut hundert Meilen östlich der Wolga. Ein paar zerfallene Steinkirchen und Amtsgebäude ragten aus dem Dächermeer niedriger Holzhäuser empor wie Grashalme aus einer Müllhalde. Fitz saß mit einigen seiner Offiziere in einem großen Raum des Rathauses und ging Berichte von Gefangenenverhören durch. Er wusste erst, dass etwas nicht stimmte, als er aus dem Fenster blickte und zerlumpte Koltschak-Soldaten in die falsche Richtung über die Hauptstraße ziehen sah. Sofort schickte er seinen amerikanischen Dolmetscher los, Lew Peschkow, um die Männer zu fragen, was los sei.
    Peschkow kehrte mit einer armseligen Geschichte zurück. Die Roten hatten mit starken Kräften von Süden her Koltschaks überdehnte linke Flanke angegriffen. Um zu vermeiden, dass seine Streitmacht geteilt wurde, hatte der Befehlshaber der Weißen vor Ort, General Below, seinen Truppen befohlen, sich zurückzuziehen und neu zu formieren.
    Ein paar Minuten später wurde ein roter Deserteur zum Verhör gebracht. Unter dem Zar war er Oberst gewesen. Was er zu sagen hatte, erschreckte Fitz. Die Roten seien von Koltschaks Vorstoß überrascht gewesen, sagte der Mann, hätten sich aber rasch neu formiert und ausgerüstet. Trotzki hatte erklärt, die Rote Armee müsse im Osten zur Offensive übergehen. »Trotzki glaubt, wenn die Roten ins Wanken geraten, werden die Alliierten Koltschak offiziell anerkennen, und dann werden sie Sibirien mit Männern und Nachschub überfluten.«
    Genau darauf hoffte Fitz. In seinem leidlichen Russisch fragte er: »Was hat Trotzki getan?«
    Als der Mann antwortete, redete er so schnell, dass Fitz ihn nicht verstehen konnte, bis Peschkow für ihn dolmetschte. »Trotzki hat zusätzliche Rekruten von der Partei und den Gewerkschaften angefordert. Die Reaktion war unglaublich. Zweiundzwanzig Gouvernements haben Abteilungen geschickt. Nowgorod zum Beispiel hat die Hälfte seiner Mitglieder mobilisiert!«
    Fitz versuchte sich vorzustellen, wie Koltschak seine Anhänger zu ähnlichen Treuebeweisen bewegte. Das würde nie geschehen.
    Er kehrte in sein Quartier zurück, um seine Sachen zu packen. Fast wäre er zu langsam gewesen. Die Aberowen Pals schafften es noch gerade so aus der Stadt, ehe die Roten erschienen. Am Abend befand sich Koltschaks westliche Armee in vollem Rückzug, und Fitz saß in einem Zug zum Ural.

    Zwei Tage später war er wieder in der Handelsschule von Ufa.
    In diesen beiden Tagen hatte Fitz’ Stimmung sich immer mehr verdüstert. Er war verbittert und wütend. Seit fünf Jahren war er nun im Krieg und erfahren genug, um zu erkennen, wenn das Blatt sich gewendet hatte. Der Russische Bürgerkrieg war so gut wie zu Ende.
    Die Weißen waren einfach zu schwach. Die Revolutionäre würden siegen. Nur eine alliierte Invasion konnte jetzt noch etwas am Ausgang ändern, und das würde nicht geschehen. Churchill steckte schon in mehr als genug Schwierigkeiten. Billy Williams und Ethel sorgten dafür, dass die benötigten Verstärkungen nie geschickt werden würden.
    Murray brachte Fitz einen Sack mit Post. »Sie

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