Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
und unsicher.
    »Was ist denn jetzt los?«
    »Ich habe gerade etwas begriffen … glaube ich.«
    »Sagst du mir, was?«
    »Das werde ich wohl müssen«, erwiderte er voller Unbehagen und verstummte.
    Rosa wartete, dass er weiterredete. »Und?«, fragte sie dann ungeduldig.
    »Ich bin tatsächlich in dich verliebt.«
    Sie blickte ihn schweigend an. Nach einer langen Pause fragte sie: »Ist das dein Ernst?«
    Obwohl die Erkenntnis ihn völlig überraschend getroffen hatte, gab es für ihn keinen Zweifel mehr. »Ja. Ich liebe dich, Rosa.«
    Sie lächelte matt. »Man stelle sich vor.«
    »Ich glaube, ich liebe dich schon ziemlich lange, ohne es zu ahnen.«
    Sie nickte, als hätte sich ein Verdacht bestätigt. Die Band spielte eine langsame Melodie. Rosa trat näher zu ihm.
    Gus nahm sie in die Arme, war aber zu aufgewühlt, um sich auf das Tanzen zu konzentrieren. »Ich bin nicht sicher, ob …«
    »Keine Sorge.« Sie wusste, was er dachte. »Tu einfach so.«
    Er schlurfte ein paar Schritte. Seine Gedanken waren in Aufruhr. Rosa hatte mit keinem Wort von ihren eigenen Empfindungen gesprochen. Andererseits hatte sie ihn auch nicht stehen lassen. Gab es überhaupt eine Möglichkeit, dass sie seine Liebe erwiderte? Sie mochte ihn, das war offensichtlich, aber es war nicht das Gleiche, ganz und gar nicht. Fragte sie sich in diesem Augenblick, was sie empfand? Oder suchte sie gerade nach den passenden Worten, um ihn behutsam abzuweisen?
    Sie schaute ihn an. Gus dachte, sie würde ihm nun die Antwort geben, doch sie bat nur: »Bring mich bitte weg von hier, Gus.«
    »Sicher.«
    Sie holte ihren Mantel ab, und der Portier rief ein rotes Renault-Taxi herbei. »Ins Maxim«, sagte Gus. Die Fahrt war kurz, und sie sprachen kein Wort. Gus hätte zu gerne gewusst, was ihr durch den Kopf ging, aber er drängte sie nicht. Sie würde es ihm bald sagen müssen.
    Das Restaurant war überfüllt, die wenigen freien Tische reserviert. Der Oberkellner war untröstlich. Gus griff in seine Brieftasche, holte eine Hundertfrancnote heraus und sagte: »Einen ruhigen Ecktisch.« Ein Kärtchen mit der Aufschrift Réservée wurde weggenommen, und sie setzten sich.
    Sie entschieden sich für ein leichtes Abendessen, und Gus bestellte eine Flasche Champagner. »Du hast dich sehr verändert«, sagte Rosa.
    Er war überrascht. »Den Eindruck hatte ich nicht.«
    »In Buffalo warst du ein scheuer junger Mann. Ich glaube, du warst mir gegenüber sogar schüchtern. Jetzt läufst du durch Paris, als wäre es dein Eigentum.«
    »Oje, das klingt ganz schön arrogant.«
    »Nein, nur selbstsicher. Immerhin hast du für einen Präsidenten gearbeitet und in einem Krieg gekämpft – so etwas macht schon einen Unterschied.«
    Das Essen kam, aber beide aßen nicht viel. Gus war zu angespannt. Was dachte sie? Liebte sie ihn, oder liebte sie ihn nicht? Sie musste es doch wissen? Er legte das Besteck neben den Teller, doch statt ihr die Frage zu stellen, die ihn quälte, sagte er: »Du bist mir immer sehr selbstsicher vorgekommen.«
    Sie lachte. »Ist das nicht erstaunlich?«
    »Wieso?«
    »Ich glaube, ich habe meine Selbstsicherheit verloren, als ich sieben wurde. Als Schulmädchen möchte jede die Freundin der Schönsten sein. Ich aber musste mit den dicken, hässlichen Mädchen spielen und mit denen, die die abgelegten Kleider trugen. Das ging so weiter bis in die Backfischzeit. Selbst für den Buffalo Anarchist zu arbeiten war im Grunde eine Außenseitergeschichte. Erst als ich Redakteurin wurde, bekam ich mein Selbstwertgefühl zurück.« Sie trank einen Schluck Champagner. »Du hast mir dabei geholfen.«
    »Ich?« Gus war überrascht.
    »Es lag daran, wie du mit mir geredet hast … als wäre ich der klügste und interessanteste Mensch in Buffalo.«
    »Das warst du wahrscheinlich auch.«
    »Bis auf Olga Vyalov.«
    »Oh.« Gus errötete. Als er sich an seine Vernarrtheit in Olga erinnerte, empfand er sie als Torheit, wollte es aber nicht aussprechen, weil er Olga damit abgewertet hätte, was eines Gentlemans unwürdig gewesen wäre.
    Nachdem sie ihren Kaffee getrunken hatten, ließ Gus die Rechnung kommen, doch er wusste noch immer nicht, was Rosa empfand.
    Im Taxi nahm er ihre Hand und drückte sie an seine Lippen. Rosa sagte: »Ach, Gus, du bist so lieb.« Er wusste nicht, was sie damit meinte. Aber sie hob ihr Gesicht auf eine Weise zu ihm, die beinahe erwartungsvoll wirkte. Wollte sie, dass er sie …? Er nahm seinen Mut zusammen und küsste sie auf den

Weitere Kostenlose Bücher