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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Katherina schwanger ist, als du gegangen bist.«
    »Schwanger!«, stieß Lew hervor. »Davon habe ich nichts gewusst!«
    »Doch, hast du. Du hast ihr gesagt, sie soll mir nichts davon erzählen.«
    »Oh … das habe ich dann wohl vergessen.« Lew sah sich ertappt und blickte einen Moment lang verlegen drein. Doch es dauerte nicht lange, da hatte er sich wieder erholt und ging zum Gegenangriff über: »Das Schiff, auf das du mich gesteckt hast, ist damals gar nicht nach New York gefahren! Es hat uns in einer Müllhalde mit Namen Cardiff abgesetzt. Ich musste mich monatelang abrackern, bis ich das Geld für die Überfahrt zusammenhatte.«
    Einen Augenblick lang fühlte Grigori sich schuldig; dann erinnerte er sich daran, wie Lew ihn um den Fahrschein angebettelt hatte. »Ja, ich hätte dir wohl lieber nicht helfen sollen, vor der Polizei zu fliehen«, erwiderte er gereizt.
    »Ist ja schon gut«, sagte Lew widerwillig. »Du hast getan, was du konntest.« Dann schenkte er seinem Bruder jenes warme Lächeln, dem Grigori nie hatte widerstehen können. »Das hast du immer getan«, fügte Lew hinzu, »seit Maminka gestorben ist.«
    Grigori bekam einen Kloß im Hals. »Ja, mag sein«, sagte er und bemühte sich, das Zittern aus seiner Stimme herauszuhalten. »Wir sollten die Wjalows dafür bestrafen, dass sie uns betrogen haben.«
    »Ich habe meine Rache schon«, sagte Lew. »In Buffalo gibt es einen Joseph Vyalov. Ich habe seine Tochter gefickt und geschwängert, und er musste sie mir zur Frau geben.«
    »Mein Gott! Du gehörst jetzt zu den Wjalows?«
    »Er hat es schon bereut. Deshalb hat er ja dafür gesorgt, dass ich eingezogen wurde. Er hofft, dass ich im Kampf falle.«
    »Du lieber Himmel, hörst du immer noch mehr auf deinen Schwanz als auf dein Hirn?«
    Lew zuckte mit den Schultern. »Sieht so aus.«
    Grigori hatte selbst einiges zu erzählen, und das machte ihn nervös. Vorsichtig begann er: »Katherina hat einen kleinen Jungen bekommen … deinen Sohn. Sie hat ihn Wladimir genannt.«
    Lew blickte zufrieden drein. »Wer hätte das gedacht? Ich habe einen Sohn!«
    Grigori brachte nicht den Mut auf, Lew zu sagen, dass Wladimir nichts von seinem Vater wusste. Deshalb sagte er nur: »Ich habe mich gut um den Jungen gekümmert.«
    »Das wusste ich.«
    Grigori überkam ein Anflug von Zorn, dass Lew wieder einmal wie selbstverständlich davon ausging, dass andere die Verantwortung übernahmen, vor der er sich gedrückt hatte. »Lew«, sagte er dann, »ich habe Katherina geheiratet.« Er rechnete mit einem Wutausbruch.
    Doch Lew blieb ruhig. »Auch das habe ich gewusst.«
    Grigori konnte es kaum glauben. »Was?«
    Lew nickte. »Du warst verrückt nach ihr, und sie brauchte einen soliden, zuverlässigen Mann für ihr Kind. Das war Vorsehung.«
    »Ich habe Höllenqualen durchlitten!«, stieß Grigori hervor. War das alles umsonst gewesen? »Hast du dir überhaupt Sorgen um uns gemacht?«
    »Du kennst mich doch, Grischka.«
    »Ja, eben.« Natürlich hatte Lew sich keine Sorgen um sie gemacht. »Du hast kaum an uns gedacht.«
    »Doch, natürlich. Spiel jetzt nicht den Heiligen. Du warst scharf auf Katherina. Erst hast du dich zurückgehalten, vielleicht sogar ein paar Jahre lang, aber zum Schluss hast du sie gefickt.«
    Das war die hässliche Wahrheit. Lew hatte allerdings die unangenehme Eigenart, andere auf sein Niveau herunterzuziehen. »Du hast recht«, sagte Grigori. »Na, wie auch immer, Katherina und ich haben jetzt noch ein Kind, eine Tochter, Anna. Sie ist anderthalb Jahre alt.«
    »Zwei Erwachsene und zwei Kinder? Na, egal. Ich habe genug.«
    »Wovon redest du?«
    »Ich habe einiges an Geld gemacht, indem ich Whisky aus britischen Armeebeständen für Gold an die Kosaken verkauft habe. Man könnte sogar sagen, ich habe ein kleines Vermögen angehäuft.« Lew griff in sein Uniformhemd, löste eine Schnalle und zog einen Geldgürtel heraus. »Das reicht, um für euch alle die Überfahrt nach Amerika zu bezahlen!« Er reichte Grigori den Gürtel.
    Grigori war erstaunt und gerührt. Lew hatte seine Familie also doch nicht vergessen. Er hatte für die Überfahrt gespart. Natürlich war diese Art der Geldübergabe ein wenig theatralisch, aber so war Lew nun mal. Jedenfalls hatte er sein Versprechen gehalten.
    Schade nur, dass es umsonst gewesen war.
    »Danke«, sagte Grigori. »Ich bin stolz auf dich, weil du Wort gehalten hast. Aber natürlich ist das jetzt nicht mehr nötig. Ich kann deine Entlassung bewirken und dir bei

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