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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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seiner Zeitung und sagte: »Was, zum Henker …«
    Olga knallte den Hörer auf und kehrte ins Speisezimmer zurück. Mit Tränen in den Augen deutete sie auf Lew. »Du Bastard!«
    »Was habe ich denn jetzt schon wieder angestellt?«, fragte Lew, obwohl er zu wissen glaubte, worum es ging.
    »Du verdammter Mistkerl!«
    Daisy brach in Tränen aus.
    »Olga, Liebes, was ist denn los?«, fragte Joseph.
    »Sie hat ein Kind bekommen!«, rief Olga.
    Lew murmelte in seinen Bart: »Ach du Scheiße!«
    Joseph fragte verwirrt: »Wer hat ein Kind bekommen?«
    »Lews Hure. Die wir im Park gesehen haben. Marga.«
    Joseph lief rot an. »Die Sängerin aus dem Monte Carlo? Sie hat ein Baby von Lew bekommen?«
    Olga nickte schluchzend.
    Joseph drehte sich zu Lew um. »Du Drecksack!«
    Lew sagte: »Wir sollten jetzt erst mal alle ruhig bleiben …«
    Joseph stand auf. »Mein Gott, und ich dachte, du hättest deine verdammte Lektion gelernt.«
    Lew stieß seinen Stuhl zurück, sprang auf, wich vor Joseph zurück und streckte schützend die Arme aus. »Jetzt beruhige dich doch erst mal, Joseph«, flehte er.
    »Wag es ja nicht, mir zu sagen, ich soll mich beruhigen«, erwiderte Joseph. Überraschend gewandt sprang er vor und schlug mit seiner fleischigen Faust zu. Lew war nicht schnell genug, und so traf ihn der Schlag am linken Wangenknochen. Es schmerzte höllisch, und er taumelte zurück.
    Olga schnappte sich die heulende Daisy und zog sich zur Tür zurück. »Hört auf!«, schrie sie.
    Joseph schlug mit der Linken zu.
    Es war lange her, seit Lew das letzte Mal in eine Schlägerei verwickelt gewesen war, aber er war in den Elendsvierteln von Petrograd aufgewachsen, und seine Reflexe funktionierten noch. Er blockte Josephs Schlag ab, ging auf Nahdistanz und schmetterte seinem Schwiegervater beide Fäuste hintereinander in den Bauch. Zischend wich Joseph die Luft aus der Brust. Im gleichen Augenblick schlug Lew ihm mehrmals aus nächster Nähe ins Gesicht und traf Nase, Mund und Augen.
    Joseph war ein starker Mann und ein Schläger, aber schon seit einer halben Ewigkeit hatten die Leute viel zu viel Angst vor ihm, um sich gegen ihn zu wehren, und so wusste er nicht mehr, wie man sich verteidigte. Er taumelte zurück, hob die Arme in dem hilflosen Versuch, sich vor Lews Schlägen zu schützen, und ging schwer zu Boden.
    Olgas Mutter, Lena, kam ins Zimmer gerannt, schrie und kniete sich neben ihren Mann. Polina und der Koch erschienen in der Küchentür und schauten verängstigt drein. Josephs Gesicht war geschwollen und blutete, doch er richtete sich auf einen Ellbogen auf und stieß Lena beiseite. Er versuchte aufzustehen, fiel mit einem Schrei aber wieder zurück.
    Mit einem Mal verfärbte seine Haut sich grau, und sein Atem setzte aus.
    Lew stieß hervor: »O Gott!«
    »Joseph«, jammerte Lena. »Oh, mein Joseph, mach die Augen auf!«
    Lew fühlte Josephs Brust. Kein Herzschlag. Er nahm das Handgelenk, fand aber keinen Puls.
    Jetzt steckte er wirklich in Schwierigkeiten.
    Er stand auf. »Polina, ruf einen Rettungswagen.«
    Polina rannte in den Flur und schnappte sich das Telefon.
    Lew starrte auf seinen Schwiegervater. Er musste eine schwerwiegende Entscheidung treffen – und zwar schnell. Sollte er hierbleiben, seine Unschuld beteuern, Trauer vortäuschen und versuchen, sich herauszuwinden? Nein, die Chancen standen zu schlecht.
    Er musste weg von hier.
    Lew eilte nach oben und zog sein Hemd aus. Er war mit einer Menge Gold, das er durch den Whiskyverkauf an die Kosaken verdient hatte, aus dem Krieg heimgekehrt. Dieses Gold hatte er gegen gut fünftausend US -Dollar eingetauscht, hatte die Scheine in seinen Geldgürtel gestopft und den Gürtel ganz nach hinten in eine Kommodenschublade gelegt. Nun schnallte er sich den Gürtel um die Hüfte und zog Hemd und Jacke wieder an. Dann warf er sich den Mantel über. Oben auf der Garderobe lag ein alter Seesack, der unter anderem seine Offizierspistole vom Typ Colt .45 Modell 1911 enthielt. Lew steckte die Pistole in die Manteltasche. Zum Schluss stopfte er Munition und Unterwäsche in den Seesack und ging nach unten.
    Im Speisezimmer hatte Lena ein Kissen unter Josephs Kopf gelegt, doch Joseph schien den Geist aufgegeben zu haben. Olga telefonierte im Flur. »Bitte, machen Sie schnell«, flehte sie. »Ich glaube, er stirbt!«
    Zu spät, Baby, dachte Lew.
    Er sagte: »Der Rettungswagen wird zu lange brauchen. Ich hole Dr. Schwarz.« Niemand fragte ihn, warum er einen Seesack bei sich

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