Sturz der Titanen
durch ihre bloße Präsenz. Dah schüttelte Billy die Hand und sagte: »Ich bin stolz auf dich, Sohn. Du hast ihnen die Stirn geboten, ganz wie ich es dir beigebracht habe.« Billy war froh, auch wenn er sich nicht nur als einer Errungenschaft von vielen im Leben seines Vaters betrachtete.
Billys Eltern kannten Mildred schon von Ethels Hochzeit. Dah schüttelte Mildred die Hand, und Mam gab ihr einen Kuss.
Mildred sagte: »Wie schön, Sie wiederzusehen, Mrs. Williams. Oder soll ich jetzt ›Mam‹ zu dir sagen?«
Etwas Besseres hätte ihr nicht einfallen können, und Mam strahlte. Billy war sicher, dass auch Dah sie mögen würde, wenigstens solange sie sich die vulgäre Sprache verkniff.
Beharrliche Nachfragen von Unterhausabgeordneten, die ihre Informationen von Ethel bekamen, hatten die Regierung gezwungen, einer Anzahl von Soldaten und Seeleuten Strafnachlass zu gewähren, die wegen Meuterei und anderer Vergehen in Russland vor Kriegsgerichte gestellt worden waren. Man hatte Billys Strafe auf ein Jahr gesenkt; nun war er endlich demobilisiert worden und auf freiem Fuß. Nach seiner Entlassung hatte er Mildred so schnell geheiratet, wie es nur ging.
Aberowen kam ihm fremd vor. Großartig verändert hatte der Ort sich nicht, aber Billy empfand ihn irgendwie anders. Aberowen war klein und freudlos, und die Hügel ringsum erschienen ihm wie Mauern, die die Menschen gefangen hielten. Er war sich nicht mehr sicher, ob er hier zu Hause war. Er fühlte sich an den Augenblick erinnert, als er in seinen Vorkriegsanzug gestiegen war und festgestellt hatte, dass er ihm zwar noch passte, dass er sich darin aber nicht mehr wohlfühlte. Billy begriff plötzlich, dass nichts, was hier geschah, die Welt verändern würde.
Sie gingen die Wellington Row hinauf. Die Häuser waren beflaggt mit dem Union Jack, dem walisischen Drachen und der roten Fahne. Auf einem quer über die Straße gespannten Banner stand: WILLKOMMEN ZU HAUSE, BILLY TWICE! Sämtliche Nachbarn waren auf der Straße. An Tischen gab es Bier und Tee, dazu Platten voller Pasteten, Kuchen und Sandwiches. Als die Leute Billy sahen, sangen sie: »We’ll Keep a Welcome in the Hillsides.«
Billy war zu Tränen gerührt.
Er bekam ein Glas Bier gereicht, während sich eine Gruppe junger Männer bewundernd um Mildred scharte, für die sie in ihrer Londoner Kleidung, mit ihrem Cockneyakzent und dem Hut mit gewaltiger Krempe, die sie selbst mit Seidenblumen eingefasst hatte, eine Art exotisches Wesen war. Selbst wenn Mildred ihr bestes Benehmen an den Tag legte, kam sie nicht umhin, gewagte Formulierungen zu wählen wie: »Das musste ich mir mal von der Brust reden, wenn Sie mir den Ausdruck verzeihen.«
Gramper sah älter aus und konnte kaum gerade stehen, aber geistig war er noch voll auf der Höhe. Er widmete sich sofort Enid und Lillian, zauberte Bonbons aus den Westentaschen und zeigte ihnen, wie man einen Penny verschwinden lässt.
Billy musste mit sämtlichen Hinterbliebenen über seine toten Kameraden sprechen: über Joey Ponti, Prophet Jones, Spotty Llewellyn und die anderen. Endlich traf er Tommy Griffiths wieder, den er zuletzt im russischen Ufa gesehen hatte. Tommys Vater, der Atheist, war ausgezehrt vom Krebs.
Billy würde am Montag wieder einfahren, und sämtliche Bergleute wollten ihm erklären, was sich unter Tage alles geändert hatte, seit er fortgegangen war: neue Strecken, die tiefer in die Flöze getrieben wurden, mehr elektrisches Licht, bessere Sicherheitsmaßnahmen.
Tommy stellte sich auf einen Stuhl und hielt eine Willkommensrede; dann musste Billy darauf antworten. »Der Krieg hat uns alle verändert«, verkündete er. »Ich weiß noch, wie viele gesagt haben, die Reichen sind von Gott auf diese Erde gestellt, um über uns einfache Leute zu bestimmen.« Diese Bemerkung rief ein paar höhnische Lacher hervor. »Viele Männer wurden von dieser Täuschung geheilt, als sie unter dem Befehl von Offizieren aus der Oberschicht kämpfen mussten – Männern, die nicht mal einen Sonntagsschulausflug hätten organisieren können.« Die anderen Veteranen nickten wissend. »Der Krieg wurde von Männern wie uns gewonnen, einfachen Männern, ungebildet, aber nicht dumm.«
»Aye!«, riefen die Zuhörer, und: »Recht hat er!«
»Wir haben jetzt das Stimmrecht – und unsere Frauen auch, wenn auch nicht alle, wie meine Schwester Eth euch sicher bald erklären wird.« Die Frauen applaudierten bei diesen Worten. »Dies ist unser Land, und wir müssen es in
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