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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Gartenschlauch.«
    »Das ist es ja eben. Wenn dein Haus brennt, löschst du auch nicht, indem du das Wasser aus Tassen in die Flammen schüttest, selbst wenn du dabei noch so genau zielen kannst. Zum Löschen brauchst du einen Schlauch.«
    Otto wedelte mit dem Finger. »Du warst noch nie in einer Schlacht. Du hast keine Ahnung, wie das ist. Glaub mir, ich weiß es!«
    So endeten ihre Diskussionen oft.
    Walter hielt die Generation seines Vaters für arrogant. Er wusste aber auch, warum diese Männer so geworden waren: Sie hatten einen Krieg gewonnen, hatten aus Preußen und einer Reihe kleinerer, unabhängiger Staaten das Deutsche Reich geschmiedet und Deutschland zu einer der wohlhabendsten Nationen der Welt gemacht. Natürlich hielten sie sich da für großartige Burschen, aber es machte sie auch unvorsichtig.
    Ein paar Hundert Meter die Mall hinunter bogen Walter und Otto zum St. James Palace ab. Dieser Ziegelsteinhaufen aus dem 16. Jahrhundert war älter und weniger beeindruckend als der benachbarte Buckingham Palace. Sie nannten dem Pförtner, der genauso operettenhaft gekleidet war wie sie selbst, ihre Namen.
    Walter war ein bisschen nervös. Allzu schnell beging man einen kleinen Protokollfehler, nur dass es beim persönlichen Umgang mit Königen keine »kleinen« Fehler gab.
    Otto fragte den Pförtner auf Englisch: »Ist Señor Diaz hier?«
    »Jawohl. Er ist soeben eingetroffen.«
    Walter runzelte die Stirn. Juan Carlos Diego Diaz war ein Repräsentant der mexikanischen Regierung. »Was interessiert dich denn an Diaz?«, fragte er auf Deutsch, als sie durch eine Reihe von Räumen gingen, deren Wände von Schwertern und Handfeuerwaffen geschmückt wurden.
    »Die Royal Navy stellt ihre Schiffe von Kohle auf Öl um.«
    Walter nickte. Das taten die meisten fortschrittlichen Nationen. Heizöl war billiger, sauberer und einfacher zu benutzen: Man pumpte es einfach in die Brennkammern der Schiffsmaschinen und konnte auf die Legionen von Heizern mit ihren rußgeschwärzten Gesichtern verzichten. »Und die Briten beziehen ihr Öl aus Mexiko.«
    »Sie haben mexikanische Ölquellen gekauft, um die Versorgung ihrer Flotte zu sichern.«
    »Aber wenn wir uns in Mexiko einmischen, was werden dann die Amerikaner denken?«
    Otto tippte sich an die Nase. »Hör zu und lerne! Und was immer du tust, sag kein Wort!«
    Die Männer, die dem König vorgestellt werden sollten, warteten in einem Vorzimmer. Die meisten trugen das gleiche samtene Hofgewand wie die Deutschen; zwei oder drei Besucher waren in opernhafte Generalsuniformen im Stil des 19. Jahrhunderts gekleidet und einer – vermutlich ein Schotte – trug eine Galauniform mit Kilt. Walter und Otto schlenderten durch den Raum und nickten vertrauten Gesichtern zu, bis sie zu Diaz gelangten, einem untersetzten Mann mit mächtigem, gezwirbeltem Bart.
    Nach dem Austausch der üblichen Höflichkeitsfloskeln sagte Otto: »Es freut Sie bestimmt, dass Präsident Wilson den Waffenverkauf an Mexiko wieder erlaubt hat.«
    »Den Waffenverkauf an die Rebellen«, verbesserte ihn Diaz.
    Der amerikanische Präsident, der stets bemüht war, nach seinen eigenen moralischen Prinzipien zu handeln, hatte sich geweigert, General Huerta anzuerkennen, der nach der Ermordung seines Vorgängers an die Macht gekommen war. Wilson nannte Huerta einen Mörder und unterstützte eine Rebellengruppe, die Konstitutionalisten.
    Otto sagte: »Wenn Waffen an die Rebellen verkauft werden dürfen, dann doch sicher auch an die Regierung?«
    Diaz schaute ihn überrascht an. »Wollen Sie damit sagen, Deutschland wäre dazu bereit?«
    »Was brauchen Sie denn?«
    »Sie wissen doch, dass wir dringend Gewehre und Munition benötigen.«
    »Darüber könnten wir reden.«
    Walter war genauso überrascht wie Diaz. Das konnte Ärger geben. »Aber Vater«, sagte er. »Die Vereinigten Staaten …«
    »Einen Moment!« Sein Vater hob Schweigen gebietend die Hand.
    Diaz sagte: »Sicher, lassen Sie uns reden, aber verraten Sie mir eins: Welche anderen Themen könnten dabei noch zur Sprache kommen?« Ihm war klar, dass Deutschland eine Gegenleistung erwartete.
    Die Tür zum Thronsaal öffnete sich, und ein Lakai mit einer Liste in der Hand trat hindurch. Die Zeremonie würde gleich beginnen, doch Otto fuhr ohne Eile fort: »In Kriegszeiten hat ein souveräner Staat das Recht, strategische Ressourcen zurückzuhalten.«
    »Sie reden von Öl«, sagte Diaz. Das war die einzige strategische Ressource, über die Mexiko verfügte.
    Otto

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