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Sturz in den Tod (German Edition)

Sturz in den Tod (German Edition)

Titel: Sturz in den Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Gebert
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Schreibtisch. Er hoffte, dass das
Telefon nicht klingelte, er hoffte, dass niemand an die Tür klopfte. Er hoffte,
dass niemand etwas von ihm wollte, wovon er sowieso keine Ahnung hatte.
    Der Schreibtisch war beinahe leer, bis auf die paar Utensilien wie
Stifte in einer Ablage und ein Laptop. Daneben die Mappe mit den unbezahlten
Rechnungen. Rechnungen, die Kunden nicht bezahlt hatten, obwohl das
Planungsbüro Bergmann alle vereinbarten Leistungen erbracht hatte. Dass Kunden
nicht bezahlten, hatte es auch schon gegeben, als Alexanders Vater noch die
Firma leitete, doch in den vergangenen Jahren hatte ihre Zahl beständig
zugenommen. Bei dem Gedanken überfiel ihn eine bleierne Müdigkeit. Alexander
drehte sich mit seinem Stuhl zum Fenster und sah in den Himmel.
    Es klopfte. Frau Schulte trat, ohne ein Herein abzuwarten, ins
Zimmer.
    »Die Post«, sagte sie und legte ihm eine Mappe auf den Tisch.
    »Die Bauherren vom Hotel Finke haben auf die dritte Mahnung mit
einer Liste von Reklamationen auf unsere Bauzeichnungen reagiert. Sollten Sie
sich gleich mal ansehen. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen! Früher, als
Ihr Vater noch hier war, haben die Kunden sich nicht so verhalten, nur in
Ausnahmefällen …«
    »Danke, Frau Schulte«, sagte Alexander und griff zum Hörer, als
wollte er telefonieren. Frau Schulte verließ den Raum. Alexander legte auf und
öffnete die Postmappe. Auch mehrere Kondolenzschreiben zum Tod seiner Mutter
lagen darin. Darunter der Brief vom Hotel Finke. Alexander legte ihn zu den
anderen offenen Rechnungen. Er kannte die Bauherren, es waren langjährige
Kunden des Planungsbüros Bergmann. Sie hatten noch nie Probleme gemacht.
Weshalb jetzt? Weil sie es mit ihm machen konnten, befürchtete Alexander. Oder
war den Hotelbetreibern das Geld ausgegangen, so wie auch ihm inzwischen?
Lauter unbezahlte Rechnungen – und die Ausgaben für seine Firma liefen
weiter. Was allein die dreißig Mitarbeiter pro Monat kosteten, war
schwindelerregend hoch. Genauso schwindelerregend schnell verging ein Monat,
und erneut wurde die gleiche Summe zur Auszahlung fällig. Woher sollte
Alexander das Geld nehmen, wenn nicht genügend hereinkam?
    Banken waren mit Krediten eingesprungen, zunächst bereitwillig,
inzwischen übten sie großen Druck aus. Er solle Leute entlassen. Doch sein
Vater hatte verfügt, dass das nicht passieren durfte. Dafür liebten die
Mitarbeiter ihn – auch noch nach seinem Tod. Und Anton Bergmann hatte
verfügt, dass Alexander die Firma übernimmt. Dieses Planungsbüro, für das sich
Alexander nie interessiert hatte und von dem er fast keine Ahnung hatte. Auch
sein Vater hatte nicht viel Ahnung von Bauzeichnungen gehabt, jedoch seinen
Partner Manfred Schulz an seiner Seite gewusst. Gemeinsam waren sie ein gutes
Team gewesen. Anton Bergmann, der brillante Geschäftsführer, Manfred Schulz,
der brillante Planer mit einer großen technischen und zeichnerischen Begabung.
Gab es Probleme mit Kunden, dann waren die beiden Männer gemeinsam aufgetreten
wie eine unerschütterliche Einheit. Manfred Schulz war bald nach dem Tod von
Anton Bergmann in den Ruhestand getreten, vorzeitig. Er hatte keinen Hehl aus
seiner Enttäuschung gemacht, dass Anton Bergmann nicht ihn, sondern seinen Sohn
zum Nachfolger ernannt hatte.
    Alexander, der damals nach mehreren fehlgeschlagenen Geschäftsideen
hohe Schulden hatte und gerade überlegte, welche Idee die nächste
vielversprechende sein könnte, nahm das Erbe, das auch Immobilien und Geld
umfasste, an.
    Das Planungsbüro, gegründet in einer Zeit, als in Hamburg viel
gebaut wurde, hatte Alexanders Eltern wohlhabend gemacht. Bis zum Tod Anton
Bergmanns hatte es der Familie ein Leben beschert, in dem Geld nie ein Thema
gewesen war. Inzwischen wusste Alexander manchmal nicht mehr, wie er seiner
Mutter die vereinbarte hohe monatliche Rente ausbezahlen sollte. Dass diese
längst auch über Kredite finanziert wurde, durfte sie niemals erfahren. So wie
auch seine Frau nicht erfahren sollte, wie es finanziell um die Firma stand.
    Alexanders erste Pleite mit einem Vertrieb im Internet hatte
Katharina, damals waren sie gerade ein Jahr verheiratet, einigermaßen mit
Langmut ertragen. Als er kurz darauf mit einem Zeitschriftenverlag pleiteging,
hatte sie kein Verständnis mehr dafür, dass er es erneut mit einer Zeitschrift
versuchen wollte, und erst recht nicht dafür, dass sie ihre Eltern deshalb um
Geld bitten sollte.
    Der Haussegen hing schief, so schief, dass

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