Sturz in die Vergangenheit
zog ein Bündel zu sich heran und hielt es hoch. „Sogar Proviant für uns alle hat sie mir ...“
„SCHWEIG“, brach der neu erwachte Zorn aus Mila hervor.
Mattis' irritiertes Blinzeln machte es noch schlimmer.
„Es ist keineswegs alles so leicht, wie es scheint“, machte sie einen abrupten Schritt. „Und jetzt gehen wir los. Komm.“
Das hatte sie sich jetzt eingebildet, oder? Dass Mattis’ Augenbraue anklagend hochgeschnellt war? Unsinn! Sie litt an Verfolgungswahn. An Johann-Wahn. Aber das würde sie jetzt abstellen. Aus sich herausstampfen, diesmal endgültig. Mit aller Kraft trieb sie ihre Füße voran.
Mattis hatte auch ihr Bündel an sich genommen – und musste nun rennen, um mit ihr aufzuschließen. Doch er konnte nicht lange mit ihr Schritt halten. Fiel schließlich wieder zurück, sich mit einem Stöhnen den Schweiß aus dem Gesicht wischend.
Er hatte recht, es war heiß. Die Sonne brannte vom Himmel, auch Mila schwitzte. Ilyas kleiner, im Takt ihrer Schritte wippender Körper war mit einer feuchten Schicht überzogen, sein Haar klebte an ihrem Hals. Dass ihr die Hitze und Ilyas Gewicht erst jetzt bewusst wurden, zeigte, wie sehr sie von ihrer Wut vereinnahmt war. Und das war gut so, denn es trieb sie an, vorwärts, von Johann weg, von Ernberg, von Büchlbächl.
„Du meine Güte, bist du aber geladen.“ Schon wieder hatte Mattis einen Spurt einlegen müssen, weil sie so rasch ausschritt.
Doch sie dachte gar nicht daran, langsamer zu werden. „Ich bin wütend, allerdings bin ich das“, fauchte sie über ihre Schulter – sofort verstummend, als Ilya einen gequälten Ton von sich gab und sich auf ihrem Arm verkrampfte.
Mattis keuchte neben ihr. „Das ist nicht zu übersehen.“
Seine hörbare Belustigung ließ sie zu ihm herum schnellen.
„Was grinst du so?“, blaffte sie ihn an.
Dabei war es nicht einmal ein Grinsen. Eher ein Lächeln. Ein ... eines dieser 'für Lida-Lächeln'.
„Ich bin nicht Lida“, schleuderte sie ihm noch entgegen, ehe sie von Neuem beschleunigte.
„Aber du versprühst deinen Zorn ganz genau wie sie.“
Das war nur ein Murmeln gewesen. Ein sehnsüchtiges. Bereits gut zwei Meter hinter ihr.
Sie wurde noch schneller. Mochte er zurückbleiben, sie hatte es so satt. Satt, satt, satt! Und sie hatte keine Lust mehr, auf ihn Rücksicht zu nehmen. Immerhin trug sie die Hauptlast, er nur die lumpigen Bestechungsgeschenke. Und sein Fieber – Herrgott, sie war es so leid, sich ständig um Zeitreisende zu kümmern. Solange sie hier waren, bereiteten sie ihr nur Mühe – um dann mir nichts, dir nichts von einem Augenblick zum nächsten wieder zu verschwinden und sie mit den ganzen Schwierigkeiten im Stich zu lassen. Doch zuvor brachten sie sie ständig in Gefahr. Mehr noch: Sie machten ihr das Leben zur Hölle. Und überhaupt waren sie schuld an allem. Auch an Johann. Vor allem an Johann! Ohne diesen verdammten Flederfluch hätte sie ein unauffälliges, normales, glückliches Leben führen können. An der Seite eines guten Mannes, der sie liebte und achtete und für sie sorgte. Dann würde ihr Kind jetzt friedlich im Garten spielen, während ihr Mann schützend seinen Arm um sie legen und leise sagen würde: „Ich bin so glücklich mit dir, mein Liebstes.“ Und dass dieser Traum-Mann ausgerechnet so aussah wie Mattis, das war einfach nur gemein und zynisch und ...
„Mila bitte, geh ein bisschen langsamer, ich bin heute nicht ganz auf der Höhe, und es ist so schrecklich heiß.“
Seine Stimme, zugleich gequält und tapfer, fuhr ihr direkt ins Mark, ließ all das, was so verkrampft in ihr gewütet hatte, mit einem Schlag entweichen. Auch sie selbst schnaufte mittlerweile heftig, und der Schweiß biss in ihren Augen. Ilya, der aufgewacht war und leise wimmerte, auf die andere Schulter verlagernd, fügte sie sich.
Sie war ungerecht gewesen. Mattis war wirklich krank. Doch ohne darauf Rücksicht zu nehmen, war er ihr nach Ernberg gefolgt, hatte sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt, um das ihre zu retten. Ohne ihn wäre sie jetzt tot und Ilya eine Waise. Auch wenn Mattis ein Zeitreisender war, mit ihm war es anders.
„Entschuldige, du hast recht. Wir suchen uns einen Rastplatz und warten, bis es heute Abend kühler geworden ist.“ Sie verrenkte ihren Kopf zu Ilya. „Und du willst allein laufen, nicht wahr, mein Schatz? Guck, da vorn gluckert ein Bach für uns.“ Sie setzte Ilya auf die Füße, der sofort eifrig von ihr wegstrebte.
„Bach
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