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Sturz ins Glück

Sturz ins Glück

Titel: Sturz ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Witemeyer
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sich in ihm breit und führte dazu, dass er ihre Arme fester packte, als er es eigentlich gewollt hatte.
    „Bella! Was ist los?“
    Sofort hörte das Schreien auf, aber ein von Angst verzerrter Gesichtsausdruck blieb auf dem Gesicht der Kleinen. Bella starrte an ihm vorbei, als habe sie einen Geist gesehen.
    „Bella!“ Er schüttelte sie sanft. „Bella!“
    „ Señor “, erklang Miss Proctors Stimme. „Quitarse su camisa. Ziehen Sie Ihr Hemd aus.”
    Was redete sie da? Und warum sprach sie auf einmal spanisch? Doch als sie einige Schritte nach vorne trat, bemerkte er, dass sie gar nicht mit ihm redete.
    Sein Vorarbeiter, Miguel, stand erschrocken am anderen Ende des Raumes. Gideon sah zu Bella. Dann zu Miguel. Und wieder zu Bella. Die Augen seiner Tochter waren auf den Mann gerichtet oder vielmehr auf sein blutverschmiertes Hemd.
    „Bitte, s eñor. Wenn sie sieht, dass Sie unverletzt sind, beruhigt sie sich vielleicht wieder.“
    Die Anweisungen der Hauslehrerin holten Miguel aus seiner Starre. Er fing an, sein Hemd aufzuknöpfen, hielt dann jedoch zögernd inne, als Miss Proctor sich von ihm abwandte.
    „Patrón?“
    Miguel wartete auf seine Zustimmung. Gideon überlegte fieberhaft. Ein Mann zog sich in Gegenwart einer Lady nicht aus, geschweige denn vor einem kleinen Mädchen. Doch wenn Miss Proctor meinte, dass es Bella helfen würde, würde er es gestatten.
    „Tu es, Miguel.“
    Miguel gehorchte. Ein spitzer Schrei machte Gideon darauf aufmerksam, dass Isabellas Schreie auch seine anderen Angestellten zusammengerufen hatten. Mabel Garrett, seine Köchin, wurde tiefrot und verschwand schnell im Esszimmer. Die besonnene Mrs Chalmers tat es Miss Proctor gleich und wandte Miguel den Rücken zu, während ihr Mann seine Anzugjacke abstreifte und sie dem entblößten Mann reichte. Dann sammelte er das blutige Hemd ein.
    „Wir werden das waschen und Mr Ruíz zurückgeben.“ Die beiden Chalmers verschwanden leise.
    Gideon wandte seine Aufmerksamkeit wieder Bella zu. Sie starrte Miguel immer noch an. Am liebsten hätte er sie geschüttelt, um sie aus ihrer Starre zu reißen, aber was war, wenn er dadurch alles nur noch schlimmer machte? Seine Hände waren schweißnass. Gott, hilf mir. Er wusste nichts darüber, wie man Kinderseelen heilte.
    Miguel kam mit zugeknöpfter Jacke auf ihn zu. Gideon trat einen Schritt zur Seite, hielt jedoch Bellas Hand fest, weil er den Kontakt zu ihr nicht unterbrechen wollte. Wo war Miss Proctor? Sie war doch diejenige, die sich mit Kindern auskannte.
    Endlich hörte er ihre Stimme und etwas von der Anspannung fiel von ihm ab.
    „Zeigen Sie es ihr, señor. Sprechen Sie mit ihr.“ Ihre sanfte Stimme wirkte ruhig und voller Zuversicht. Sie vertrieb die Panik aus dem Raum.
    Der Viehtreiber ließ sich vor Bella auf ein Knie herunter. „Alles ist gut, chica. Estoy bien. Siehst du?“ Er nahm Bellas freie Hand und legte sie auf seine Brust, dorthin, wo eben noch das Blut gewesen war.
    Gideon spürte Miss Proctors warmen Atem an seiner Wange. „Ist ihre Mutter gewaltsam gestorben?“, flüsterte sie. „An einer Wunde mit viel Blutverlust?“
    Ihre Gedanken gingen offensichtlich in die gleiche Richtung – ein früheres Trauma musste Bellas Angst ausgelöst haben. Doch es konnte nicht der Tod ihrer Mutter gewesen sein.
    „Nein“, flüsterte er zurück. „Sie ist friedlich in einem Bett gestorben. An einer Krankheit.“
    Miss Proctor runzelte die Stirn. Ihre Verwirrung spiegelte seine eigene wider. Er wusste so wenig über Bellas Leben, bevor er sie kennengelernt hatte. Was hatte sie erlebt, dass ein blutiges Hemd einen solchen Anfall bei ihr auslöste?
    In diesem Moment riss Isabella sich von Gideon los und fing an, an Miguels Schulter zu kratzen. Ihre Bewegungen wurden immer hektischer, als versuche sie, etwas auszugraben. Die Wahrheit?
    „Öffnen Sie die Jacke, Miguel.“
    Sein Vorarbeiter warf ihm einen unsicheren Blick zu, gehorchte aber. Bella schob den Stoff beiseite und untersuchte seine unversehrte Haut. Als sie sicher zu sein schien, dass es ihm gut ging, drehte sie sich mit dicken Tränen in den Augen wieder zu Gideon um.
    „Papa.“ Der krächzende Laut entschlüpfte ihrer Kehle, kurz bevor sie sich an seine Brust warf und herzzerreißend zu schluchzen anfing.
    Gideon nahm sie in seine Arme und drückte sie fest an sich. Ihm stockte der Atem. Sie hatte gesprochen. Nur ein Wort … aber was für ein Wort. Sie hatte ihn Papa genannt.
    * * *
    Bella weinte sich aus und

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