Sturz ins Glück
stutzen. Unsicher, was sie überhaupt antworten sollte, sagte sie das Erste, was ihr in den Sinn kam.
„Ich glaube nicht, dass ich ihn überhaupt jemals geliebt habe.“ Auch die nächsten Worte entschlüpften ihr, ohne dass sie weiter darüber nachdachte. „Die schändliche Wahrheit ist, dass ich so versessen darauf war, meinen Traum von einer Familie in Erfüllung gehen zu sehen, dass ich dem erstbesten Lebewesen in Hosen hinterhergerannt bin.“
Adelaide starrte auf ihren Schoß. Bis jetzt hatte sie selbst nicht verstanden, was mit ihr los gewesen war. Doch nach diesem dramatischen Geständnis würde Gideon sie mit Sicherheit von hier fortschicken. Tränen traten in ihre Augen. Sie konnte ihm wenigstens die Last abnehmen, sie zu entlassen.
„Es tut mir leid, Mr Westcott. Ich hätte es Ihnen gleich sagen sollen. Ich packe sofort meine Sachen und reise morgen früh ab. Ihre Tochter verdient etwas Besseres als mich.“
Sie sprang auf und wollte ins Haus gehen, doch er trat ihr in den Weg.
„Adelaide, warten Sie.“ Gideon streckte seine Hand nach ihr aus, ließ sie dann aber wieder sinken, ohne sie zu berühren. „Soweit es nach Bella geht, gibt es niemand Besseren als Sie.“
„Aber Sie wissen es jetzt besser, nicht wahr?“ Sie wollte an ihm vorbeigehen, doch er versperrte ihren Weg.
„Nein. Das weiß ich nicht. Ich bin völlig einer Meinung mit ihr.“
Adelaide sah ihm ins Gesicht und versuchte, seine Gedanken zu ergründen. „Was?“
„In der kurzen Zeit, in der Sie sich um Bella kümmern, hat sie sich besser entwickelt, als ich es je zu träumen gewagt hätte. Wir brauchen Sie hier.“
„Aber meine Vergangenheit …“
Gideons Kehle entstieg ein Grollen.
„Ihre Vergangenheit ist nichts, wofür Sie sich genieren müssten! Dieser Henry war ein skrupelloser Mistkerl, der mit Ihren Gefühlen gespielt hat, um einen Vorteil daraus zu gewinnen. Er ist derjenige mit der schändlichen Vergangenheit, nicht Sie.“
Sie hörte seine Worte, doch sie konnte kaum glauben, was er da sagte. Er konnte doch nicht ihr Handeln entschuldigen, oder doch? Eben schien er noch so enttäuscht gewesen zu sein.
„Ich hätte niemals nach Fort Worth gehen sollen“, wagte sich Adelaide weiter vor, um seine Reaktion zu testen. „Es war einfach dumm von mir.“
Gideon legte seine Hand auf ihren Arm. Adelaide spürte seine Wärme durch die Pferdedecke hindurch. „Nein, nicht dumm. Impulsiv vielleicht. Aber das kann ich Ihnen wohl kaum vorwerfen, wo es doch Ihre Impulsivität gewesen ist, die Sie hierher gebracht hat.“
„Aber ich konnte doch spüren, dass Sie verärgert waren, als ich Ihnen von Henry erzählt habe. Ich dachte –“
„Ich weiß, was Sie dachten, aber Sie irren sich.“ Gideon ließ sie los und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Ja, ich war wütend, aber nicht auf Sie. Auf Henry, weil er Ihre Gefühle missbraucht hat, und auf mich, weil Sie sich meinetwegen an diese schrecklichen Dinge erinnern mussten. Und das nach alldem, was Sie heute Abend durchgemacht haben.“ Er legte seine Hände auf ihre Schultern und beugte sein Gesicht näher an ihres. „Ich habe meine eigene Neugier wichtiger genommen als Ihr Wohlergehen. Vergeben Sie mir, Adelaide.“
Er entschuldigte sich bei ihr? Wenn er sie nicht gehalten hätte, hätten ihre Beine mit Sicherheit unter ihr nachgegeben.
Da sie ihrer Stimme nicht trauen konnte, nickte Adelaide nur.
„Lassen Sie uns reingehen.“ Gideon trat an ihre Seite und legte seinen Arm um ihre Taille.
Zu müde, um noch weiter über das seltsame Gespräch oder seine körperliche Nähe nachzudenken, humpelte Adelaide neben Gideon her und hoffte, dass am nächsten Morgen alles weniger verwirrend wäre.
* * *
Als Adelaide aufwachte, erfüllte strahlender Sonnenschein ihr Zimmer. Sie blinzelte gegen das Licht an und streckte sich, zuckte bei den Schmerzen in ihren Muskeln jedoch zusammen. Allmählich kamen die Erinnerungen zurück. Sie verdrängte die schlechten, weil sie nicht wollte, dass die Angst sie wieder lähmte. Stattdessen lehnte sie sich entspannt zurück und dachte an die schönen Momente des letzten Abends. Gideon, der sie hielt. Gideon, der sie verteidigte. Gideons Geduld und Verständnis. Gideon. Gideon. Gideon.
Glücklich lächelnd öffnete sie die Augen. Es gab keinen Zweifel. Sie war verliebt bis über beide Ohren. Und ihr Mr Rochester war sogar viel besser als Jane Eyres. Keine Launenhaftigkeit, kein Anbändeln mit anderen Frauen und – soweit
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