Sturz ins Glück
meine, Sir. Entschuldigung, Sir .“ Farnsworths Gesicht wurde rot, als er über seine eigene Zunge stolperte.
Reginald knirschte mit den Zähnen. Wenn der Kerl nicht so begabt darin wäre, sich umsichtig um seine Konten zu kümmern, hätte er ihn schon vor Jahren entlassen. Der Mann hatte die Umgangsformen einer Stechmücke.
Farnsworth wandte ihm den Rücken zu und hängte seinen Hut an einen der vielen Haken an der Wand. „Ich verstehe nicht, warum wir unser Hiersein geheim halten müssen. Ich verstehe nicht, warum Geheimhaltung überhaupt wichtig ist. Um Westcott zu überzeugen, uns die Kleine zu übergeben, ist es doch am besten, wenn er weiß, mit wem er es zu tun hat. Ein falscher Name verschafft uns nicht den geringsten Vorteil.“
„Daran merkt man, dass Sie niemals ein großer Mann sein werden, Farnsworth. Sie bedenken nur das Erwartete. Wenn man das Unerwartete erwartet und sich schon lange im Vorhinein darauf vorbereitet, wird man erfolgreich sein.“ Reginald öffnete die Dose und zog einen der köstlichen Kekse hervor. Sein Begleiter hatte immer noch nicht begriffen, was er mit Westcott vorhatte. Wenn Reginald ihn weiterhin so meisterlich manipulierte, würde er es auch nie herausfinden. Er nicht und auch kein anderer.
„Wir wissen nicht, was für Karten dieser Westcott in Händen hält und wie viel er bereit ist, zu setzen. Unter falschem Namen zu reisen, beschützt mich, falls etwas … Unheilvolles geschehen sollte.“
Nachdem Reginald von dem Keks abgebissen hatte, ließ er sich wieder auf der gepolsterten Bank nieder und strich ein paar Krümel weg, die auf die Wolle seines Mantels gefallen waren. Farnsworth nahm ihm gegenüber Platz. Reginald hob eine beleidigte Augenbraue, doch der Kerl war zu beschäftigt damit, auf seine Schuhe zu starren, um es zu bemerken. Eigentlich wusste Reginald nicht, was ihn kranker machte – das ununterbrochene Ruckeln und Rattern des Zuges oder die Tatsache, dass er die ganze Reise über in Farnsworths blasses Gesicht starren musste.
Reginald warf den Rest des Kekses in seinen Mund und wandte seinen Blick zum Fenster. Er hatte Geschichten darüber gehört, dass man früher vom Zug aus hatte jagen können. Büffel, so hatten die Tiere geheißen. Das wäre jetzt eine willkommene Abwechslung gewesen. Es gab nichts Besseres als eine gute Jagd, um die Gedanken eines Mannes zu zerstreuen. Wenn er sein Talent an der Waffe bedachte, würde er mit Sicherheit Dutzende der Tiere erlegen, bevor die Herde außer Reichweite galoppiert wäre.
Einige Felsen kamen in der Ferne in Sicht. Reginald stellte sich vor, wie er seine Remington an die Schulter legte, während die Steine die Form von gehörnten Tieren annahmen. Bald wären sie in Reichweite. Sein Atem verlangsamte sich, er lud im Geiste eine Patrone und wählte ein Ziel aus. Den Lauf senken. Den Finger auf den Abzug. Auf den perfekten Moment warten.
Geduld.
Nur noch ein Stückchen näher heran.
„Warum benutze ich dann keinen falschen Namen?“
Farnsworths quengelige Stimme riss ihn aus seinen Tagträumen. „Weil Sie ein Diener sind“, schnappte Reginald. „Niemand erinnert sich an Diener.“
Ein Klopfen erklang an der Tür und ersparte Farnsworth weitere Beleidigungen.
„Treten Sie ein“, rief Reginald, dem es schwerfiel, den Zorn aus seiner Stimme zu vertreiben.
Ein junger Angestellter der Bahngesellschaft kam herein. „Ich bringe Ihre Schuhe, Mr Church, Sir. Fertig poliert und glänzend.“
Reginald lächelte den jungen Kerl an. „Danke. Sie können Sie in den Schrank stellen.“
„Ja , Sir, Mr Church, Sir.“
Mr Church. Das gefiel ihm. Hatte einen wunderbar ironischen Beigeschmack. Lucinda hatte so viel Geld an Kircheneinrichtungen verschwendet, dass es ihm nur passend erschien, diesen Namen zu benutzen, um sich das wiederzuholen, was rechtmäßig ihm zustand.
Bald war er in Texas. Er würde sich um Westcott kümmern und mit Isabella im Schlepptau zurück in die Heimat gehen. Seine Nichte vor der Wildnis zu retten und sie als eine Petchey auf dem Land der Petcheys großzuziehen, würde ihn finanziell absichern. Ihr Treuhandfond würde ihn schneller sanieren, als seine Gläubiger erwarteten.
„In ein paar Stunden komme ich wieder, um die Schlafstätten vorzubereiten, Sir“, sagte der Junge und wartete neben Reginalds Platz.
„Wunderbar.“ Er zog eine Münze hervor und legte sie ihm in die Hand. „Denn ich habe für heute Nacht angenehme Träume geplant.“
Goldene Träume.
Kapitel
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