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Sturz ins Glück

Sturz ins Glück

Titel: Sturz ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Witemeyer
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seinem Bruder. Reginald ärgerte sich über Stuarts neuen Lebenswandel und beschuldigte Lucinda, dafür verantwortlich zu sein. Bei unzähligen Gelegenheiten hatte ihr Ehemann versucht, seinem Bruder zu erklären, dass seine veränderte Lebenseinstellung mit Gott zu tun hatte, dass er sich anders verhielt, seit er zum Glauben an Christus gefunden hatte. Doch Reginald weigerte sich zuzuhören. Er gab seinem ausschweifenden Lebenswandel immer mehr nach und fing an, große Spielschulden anzuhäufen. Anfangs entschuldigte Stuart das Verhalten seines Bruders und erklärte Lucinda, dass sein Bruder sich betrogen fühlte. Doch als Isabella geboren worden war, weigerte er sich, weiterhin die Schulden seines Bruders zu bezahlen. Jetzt gehörte das Geld nicht länger mehr nur noch ihm. Es sicherte die Zukunft seiner Tochter.
    Einige Jahre lang schien sich die Situation zu bessern. Offenbar besserte Reginald sich, sodass sich ein seltsamer Friede auf die Familie legte. Doch dann begann er erneut zu spielen. Bald schon überstiegen seine Verluste seine Gewinne deutlich. Er führte Schuld, Familienpflichten und sogar christliche Nächstenliebe als Argumente an, warum Stuart ihm wieder aus der Patsche helfen sollte. Schließlich blieb Lucindas Mann keine andere Wahl, als seinen Bruder offiziell von der Familie zu trennen. Er ließ sein Testament ändern. Reginald würde der Erbe des Familientitels bleiben und den Landbesitz bekommen, doch alles Geld der Familie sollte bei Stuarts Tod in Lucindas und Isabellas Hände übergehen. Stuart ließ seinem Bruder sogar eine großzügige Summe überschreiben, doch damit wollte Reginald sich nicht zufriedengeben. Er tobte wie ein Wilder, als er von der Testamentsänderung erfuhr. Keinen Monat später geschah der Reitunfall, bei dem Stuart ums Leben kam.
    Adelaide öffnete ihre Augen und starrte in die Dunkelheit. Sie wollte solche schrecklichen Gedanken nicht haben, doch sie konnte Lucindas genaue Beschreibung nicht aus ihrem Kopf verbannen.

    Stuart taumelte aus dem Wald auf die Lichtung, auf der die Frauen Crockett spielten. Blut befleckte die linke Seite seines Hemdes. Ich schrie. Er streckte seine Hand nach mir aus, dann fiel er zu Boden. Ich rannte zu ihm, doch Reginald war zuerst bei ihm.

    Der Eintrag war erst zwei Monate nach dem eigentlichen Ereignis gemacht worden, als der Nebel der Trauer anfing, sich zu klären, und Lucinda die Kraft finden konnte, um das Tagebuch fortzuführen. Von diesem Tag an befassten sich ihre Einträge mit Fakten und Fragen und Schlussfolgerungen. Lucinda führte nicht länger ein Tagebuch, das in schönen Erinnerungen schwelgte. Sie dokumentierte den Fall. Den Fall, in dem – wie sie glaubte – ihr Schwager der Mörder war.

    Er galoppierte aus dem Wald, sprang vom Pferd und drückte Stuarts schlaffen Körper an sich. Ich erinnere mich noch daran, dass ich als Erstes meine Hand auf seine Wunden presste, als ich bei ihm ankam. Das bedeutete jedoch auch, dass Reginald nichts unternommen hat, um den Blutfluss zu stillen. Er befahl Stuart immer wieder, wenn er etwas sagen wollte, still zu sein, um seine Kräfte zu schonen. Es erschien in diesem Moment wie eine fürsorgliche Geste, aber ich frage mich, ob er Angst hatte, dass Stuart etwas enthüllen könnte.
    Alles war voller Blut. Wenn Stuart atmete, klang es so, als würde man mit einer Kette rasseln. Ich wusste, dass mein geliebter Stuart nicht überleben würde, also flüsterte ich ihm Gebete ins Ohr, während Tränen meine Wangen hinabliefen. Er schloss die Augen und schien trotz seiner Schmerzen ein wenig Frieden zu finden. Schließlich versprach Reginald seinem Bruder laut, dass er sich um mich und Isabella kümmern wolle. Da riss mein Mann seine Augen mit unverhohlener Angst auf. Ich wollte nur, dass er sich beruhigt, also sagte ich nichts zu seiner Reaktion. Doch seitdem habe ich an nichts anderes mehr gedacht. Stuart hatte Angst um mich und unsere Tochter. Selbst nach dem Streit um das geänderte Testament hätte er sich doch nicht solche Sorgen machen müssen. Es sei denn, etwas hatte ihn davon überzeugt, dass sein Bruder gefährlich und bereit zum Töten war.
    Und was wäre überzeugender als eine Kugel aus dem Gewehr seines Bruders?

    Adelaide stöhnte auf und rollte sich noch kleiner zusammen. Kain und Abel. Das war es. Kain und Abel. Sie kannte die Bibelgeschichte seit ihrer Kindheit und hatte schon früh verstanden, dass Liebe durch Eifersucht in Hass umschlagen konnte, sogar zwischen zwei

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