Sturz ins Glück
die Arbeit.
Als sie die Kleider und Accessoires zusammenlegte und sortierte, fiel ihr ein in Leder gebundenes Tagebuch in die Hände. Sie legte es beiseite, da sie vermutete, dass Isabella sich vielleicht dafür interessierte. Als sie mit dem Aufräumen fertig war, trat sie an ihren Schreibtisch und legte das Tagebuch hinein. Darin befanden sich sicher die Gedanken von Isabellas Mutter, daher hatte Adelaide kein Recht, es zu lesen. Doch vielleicht schenkten die Worte Isabella Trost und gaben ihr die Möglichkeit, sich mit ihrer Mutter verbunden zu fühlen. Hin- und hergerissen starrte sie das Buch eine Weile lang an. Gab es überhaupt so etwas wie eine Privatsphäre, wenn die Autorin gestorben war?
Adelaide spielte mit dem Bändchen, das aus dem Tagebuch hing und, wie sie vermutete, den letzten Eintrag markierte. Sie hätte alles dafür gegeben, die Gedanken ihres Vaters lesen zu können, nachdem er gestorben war. In Saba hatte sie einen Trost gehabt, aber was hatte Isabella? Vielleicht konnte Adelaide etwas finden, das Izzys Trauer minderte. Hätte ihre Mutter das nicht auch gewollt?
Langsam öffnete sie das Buch, während sie auf ihrer Unterlippe kaute. Auf der markierten Seite standen nur zwei Sätze, die quer über die Linien gekritzelt worden waren. Die Handschrift war so zittrig, dass Adelaide sie kaum entziffern konnte. Sie beugte sich näher über die Seiten. Als sie die Worte lesen konnte, schnürte sich ihr der Hals zu und eine kalte Hand griff nach ihrem Herzen.
Wenn Reginald Isabella jemals findet, wird er sie vernichten. Schütze sie, Gott, denn ich weiß, dass er uns verfolgen wird.
Kapitel 18
Adelaide ging erst weit nach Mitternacht ins Bett. Und selbst dann wollte sich kein Schlaf einstellen. Sie war zu verstört von dem, was sie aus Lucinda Petcheys Tagebuch erfahren hatte. Nachdem sie Lucindas letzten Eintrag gelesen hatte, hatte sie gewusst, dass sie auch den Rest durchlesen musste. Sie war entschlossen, jedes noch so kleine Detail ausfindig zu machen, das ihr dabei behilflich sein könnte, Isabella zu beschützen. Adelaide hatte das Tagebuch von der ersten Seite an gelesen und war nicht vom Schreibtisch aufgestanden, bis sie bei den verstörenden letzten Zeilen angelangt war.
Jetzt warf sie sich unruhig im Bett herum und versuchte, sich von dem Schock ihrer Entdeckung zu erholen. Ein solcher Verrat war unvorstellbar. Adelaide drehte sich auf die Seite und zog die Knie an. Doch noch immer fand sie keine Ruhe. Tränen traten ihr in die Augen und sie weinte um Lucinda und ihren geliebten Stuart. Schließlich betete sie für Isabella – um Schutz vor dem Unheil, das ihr auf den Fersen war.
Wie konnte Gott eine solche Tragödie zulassen? Oh, sie wusste, dass er den Tod von Isabellas Eltern nicht verursacht hatte. Ein versteinertes und unbarmherziges Herz hatte die Tat begangen. Doch Gott hatte die Macht, einzugreifen und seine Kinder vor Leid zu bewahren. Warum also tat er es nicht?
Adelaide zitterte unter ihrer Decke vor Kälte und Angst. Jedes Mal, wenn ihre Augen zufielen, sah sie die Seiten des Tagebuches vor sich. Sie konnte verfolgen, wie Lucindas geschwungene Schrift sich zu einem hässlichen Kritzeln entwickelt hatte. Sie hatte ein so grausames Ende nicht verdient.
Lucinda hatte ein glückliches Leben geführt – als junge Frau mit einem wunderbaren Ehemann. Allerdings hatte Stuart Petchey seit ihrer ersten Begegnung seinen Lebenswandel völlig umgekrempelt. Als er Lucinda zum ersten Mal den Hof gemacht hatte, hatte sie ihn abgewiesen und ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie niemals einen Mann heiraten würde, der ihren tiefen Glauben nicht teile. Stuart Petchey war, um es vorsichtig auszudrücken, durchaus kein Kind von Traurigkeit. Sie befahl ihm, sie in Ruhe zu lassen. Doch anstatt sich von ihr fernzuhalten, begann er, in die Kirche zu gehen, in der auch sie jeden Sonntag war.
Zuerst hatte Lucinda vermutet, dass er nur weiter um sie werben wollte, deshalb erwartete sie, dass er binnen weniger Wochen damit aufhören würde, jeden Sonntag in der Kapelle aufzutauchen. Doch das trat nie ein. Wochen später erfuhr sie, dass Stuart sich regelmäßig mit dem Pfarrer traf und sein Leben von Grund auf geändert hatte. Sie wusste nun, dass sein Glaube nicht vorgetäuscht war. Im darauffolgenden Sommer heirateten Stuart und Lucinda.
Das Tagebuch enthielt viele Seiten lang überaus glückliche Erinnerungen. Der einzige Makel an Lucindas Beziehung zu Stuart war das Verhältnis zu
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