Sturz ins Glück
vor dem Mann nicht anmerken zu lassen.
„Westcott hat mich auch bestohlen“, sagte Reginald, als José die Flasche zum wiederholten Mal an die Lippen hob. „Und ich will Rache. Wie würde es Ihnen gefallen, wenn Sie die Möglichkeit bekämen, ihm alles heimzuzahlen, was er Ihnen angetan hat?“
Ein Funkeln trat in Josés Augen, das zu einem bösen Glühen wurde. Reginald konnte seine Aufregung nicht länger unterdrücken. Dann verschwand der Funke plötzlich und José blickte ihn mürrisch an.
„Glauben Sie nicht, dass ich selbst schon darüber nachgedacht habe? Ich brauche Sie nicht, señor . Westcott wird meine Klinge in seinem Rücken auch ohne Sie zu spüren bekommen.“
Reginald hielt einen tiefen Seufzer zurück. Der Stolz dieses Idioten war albern. Seit seiner Flucht hatte er wahrscheinlich nichts anderes getan, als sich zu betrinken und in Selbstmitleid zu zerfließen. Am nähesten war er seiner Rache mit Sicherheit gekommen, wenn er seinen Rausch ausschlief und von Westcotts Tod träumte. Doch Reginald hatte schon vorher mit Kerlen wie José zu tun gehabt. Sie strapazierten seine Geduld, waren im Endeffekt jedoch einfach zu steuern, wenn man sie richtig behandelte.
„Ich bezweifle Ihre Fähigkeiten keinen Moment, guter Mann. Aber würden Sie sich nicht gerne etwas dazuverdienen, während Sie Ihre Rache nehmen?“ Reginald griff in seine Weste und zog eine Zwanzigdollarmünze hervor. Nachlässig warf er sie auf den Tisch.
Josés Mund stand offen, als die Münze sich immer schneller um ihre eigene Achse drehte und schließlich klirrend liegen blieb. Seine Augen waren so groß wie das Geldstück selbst.
„Sie sehen, es ist eine wichtige Angelegenheit, die ich mit Westcott zu regeln habe. Er hat etwas, das mir gehört. Deshalb schlage ich vor, dass wir unsere Kräfte vereinen. Ich werde Sie großzügig für Ihre Arbeit entlohnen … und die perfekte Strategie entwickeln, wie wir beide unsere Rache bekommen können. Sie, José, werden den Plan ausführen und den Ruhm einheimsen.“
Endlich riss José seinen Blick von der Goldmünze los und sah Reginald in die Augen. Seine Lippen verzogen sich zu einem gemeinen Grinsen, das gelbe Zähne und eine rachsüchtige Seele enthüllte. Zufriedenheit machte sich in Reginalds Brust breit.
„Wir beide werden bekommen, was wir wollen“, schnurrte Reginald verschwörerisch. „Gideon Westcotts Tod.“
Kapitel 24
Adelaide hielt den Zügel des Ponys und führte es in einem großen Kreis herum.
„Du machst das ganz wunderbar, Izzy.“
Ihre kleine Schülerin klammerte sich mit beiden Händen an den Sattelknauf und starrte angespannt auf die Mähne des Tieres unter sich. Trotzdem lächelte sie bei dem Lob ihrer Lehrerin. Adelaide schnalzte dem Pony zu und tippte seine Flanken immer wieder an, um es in Bewegung zu halten.
Mr Bevin – James, wie sie ihn nennen sollte – sah ihnen von der anderen Seite des Zaunes aus zu, einen Fuß auf eine Latte gestemmt. Sie konnte es von ihrem Blickpunkt aus nicht sehen, doch sie wusste, dass neben ihm griffbereit ein geladenes Gewehr stand. Seit Neuestem bewegte sich keiner der Männer mehr unbewaffnet über das Gelände.
Vor vier Tagen war James auf der Farm angekommen, um Gideon vor Reginalds Anwesenheit zu warnen. Adelaide hatte eigentlich erwartet, dass der Viscount sich früher zeigen würde. Immerhin musste er es eilig haben, an Isabellas Geld heranzukommen. Trotzdem hatte niemand etwas von ihm gehört oder gesehen. Adelaide hoffte, dass die Karte, die James ihm gegeben hatte, ihn so sehr in die Irre geführt hatte, dass er tagelang aufgehalten wurde. Doch Gideon war der Meinung, dass er irgendwo untergetaucht war und seinen Angriff strategisch plante.
Ein hitzköpfiger Petchey wäre schlimm genug gewesen, doch der Gedanke an einen ruhigen, besonnenen, berechnenden Feind ließ Gänsehaut auf ihren Armen entstehen. Mit einem energischen Kopfschütteln schob sie ihre Angst beiseite und konzentrierte sich wieder auf Isabella.
„Du solltest versuchen, dich ein bisschen zu entspannen. Bewege deinen Körper im Rhythmus des Ponys. Dann wird es einfacher.“
Als sie sich in der Mitte des Platzes langsam um ihre eigene Achse drehte, trafen sich Adelaides und James’ Augen. Er hob eine Hand zum Gruß. Sie nickte zurück. Gideon war kurz nach dem Mittagessen ausgeritten, um nach den Schafen zu sehen. Wie immer in den letzten Tagen hatte er darauf bestanden, dass James während seiner Abwesenheit über sie und Isabella
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