Substance-Die Formel
paar mit Kongressmitgliedern und eines mit einem Senator. Sie zeigten einen großen, gebräunten Amerikaner mit markanten Gesichtszügen, der den amerikanischen Traum lebte.
Aber das reichte ihm nicht. Außerhalb von Houston war er ein Niemand. Man beachtete ihn in Washington in Bergbaukreisen, und auch in der Chemiebranche hatte er ein Wörtchen mitzureden, aber er war kein Big Player, den Vorsitzenden der Riesenkonzerne konnte er nicht das Wasser reichen. Er war ein Barrakuda in einem Ozean voll Killerwale. Er wollte höher hinaus. Er wollte selbst ein Killerwal sein, vielleicht sogar der größte. Dank Adamas stand der Name Tarnwell kurz davor, in aller Munde zu sein. Er würde einer der Mächtigen der Welt werden. Und dieser Rotzbengel Hamilton warf ihm einen Knüppel zwischen die Beine.
Die Tür öffnete sich, und eine wohlgestaltete Blondine erschien mit einem dampfenden Becher Kaffee. Sie reichte ihn Tarnwell mit einem neckischen Lächeln. Obwohl sie manchmal miteinander ins Bett gingen – unter anderem ein Grund, warum er sie überhaupt angestellt hatte –, starrte Tarnwell weiter auf die Wand. Sie verließ sein Büro ohne ein Wort.
Sekunden später trat Lobec ein.
»Schieß los.«
»Das gehört Hamilton.« Lobec warf eine Brieftasche, ein Telefon und einen Schlüsselbund auf Tarnwells Schreibtisch.
Ohne um Erlaubnis zu bitten, setzte er sich auf einen der Stühle mit den hohen Rücken und berichtete.
»Er wurde anscheinend von einem Fahrzeug mitgenommen, das in die andere Richtung fuhr«, schloss Lobec. »Andernfalls hätten wir ihn sehen müssen. Direkt an der Bahnschranke gab es so gut wie kein Versteck für ihn.«
Tarnwell wusste, Lobec war ein fähiger Mann, also vergeudete er keine Zeit mit Schuldzuweisungen. Das Wichtigste war, diesen Hamilton zu finden.
»Er hat also kein Auto.«
»Richtig. Er muss jemanden um Hilfe bitten.«
»Die Polizei?«
»Sehr gut möglich. Er hat sich schon einmal an sie gewandt, wir müssen davon ausgehen, dass er es wieder tut.«
»Wie können wir das verhindern?«
»Wir brauchen es nicht zu verhindern. Ich habe meine Leute bei der Polizei in Houston. Wenn Hamilton sich irgendwo meldet, erfahre ich es fünfzehn Minuten später.«
»Hat dich jemand in der Wohnanlage gesehen?«
»Die Möglichkeit besteht, aber der Parkplatz war leer. Wenn wir überhaupt gesehen wurden, dann nur aus der Entfernung.«
»Hamilton hat euch gesehen. Er könnte euch beide identifizieren.«
»Er kann uns beschreiben, aber ich versichere Ihnen, der Polizei liegen keine Fotos von mir oder Bern vor.«
»Können wir ihn uns greifen, während er auf der Polizei ist?«
»Nein, es sei denn, sie halten ihn irgendwo fest, wo ich Leute habe. In diesem Fall würde man ihn morgen mit einem Kissen auf dem Gesicht finden. Es gibt aber keinen Grund, ihn einzusperren. Man wird seine Aussage zu Protokoll nehmen, ihm ein paar Fotos unter die Nase halten und ihn dann laufen lassen. Wenn wir erst einmal wissen, wo er ist, müssen wir nur darauf warten, bis er das Gebäude verlässt. Für uns wäre es genau genommen das Beste, wenn er zur Polizei ginge.«
»Und wenn sie ihm Polizeischutz geben? Du hast immerhin versucht, ihn umzubringen.« Eine Mischung aus Belustigung und Verachtung malte sich kurz auf Lobecs Gesicht, und Tarnwell wusste, Lobec schätzte seine Bemerkung als dilettantisch ein.
»Polizeischutz wird nur in besonderen Fällen gewährt, etwa dann, wenn Zeugen vor ihrer Aussage bedroht wurden. Die finanziellen Mittel der Polizei sind beschränkt. Sie würde wohl kaum einem Studenten mit einem Verkehrsregister, wie Hamilton es aufweist, Polizeischutz anbieten, nur weil er mit einer haarsträubenden Geschichte aufwartet. Es gibt keine Beweise. Er hat keine Ahnung, warum wir bei ihm waren.«
»Doch, es gibt die E-Mail. Und was ist mit seinem Auto?«
»Wards Nachricht wird ab heute Nachmittag spurlos aus dem Computersystem der Fakultät verschwunden sein. Wir wissen noch immer nicht, was die Anspielung auf die Masterarbeit zu bedeuten hat, aber Hamilton weiß es auch nicht. Wir haben sein Auto in einen Stadtteil abschleppen lassen, in dem damit zu rechnen ist, dass es komplett ausgeschlachtet sein wird, bevor die Polizei es findet.«
»Gute Idee.« Tarnwell trank einen Schluck Kaffee und durchsuchte Hamiltons Brieftasche. Ein paar Kreditkarten, ein Führerschein und ein Studentenausweis, das war alles. »Was können wir jetzt tun?«, fragte er schließlich. »Ich habe keine Lust, auf
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