Substance-Die Formel
eines Polizisten ihren Schritt. Er sprach mit dem Marktleiter, der Erica den Rücken zukehrte. Sie wandte ihr Gesicht zur Seite, damit er sie nicht erkannte. Unauffällig drehte sie sich weg, als der Polizist dem Marktleiter in den hinteren Teil des Marktes folgte. Ihre Handtasche vor den Magen gedrückt, schaffte sie es, unbemerkt den Laden zu verlassen. Im Freien umstanden Neugierige den Krankenwagen. Auf Erica achtete niemand. Sie zwang sich, gleichmäßig und ruhig zu atmen, dann rannte sie los.
NEUNUNDZWANZIG
Kevin knabberte an einem Pizzarest, während er die Zahlen auf dem Bildschirm studierte. Die grafische Darstellung der spektroskopischen Analyse zeigte Verunreinigungen des Kohlenstoffs von weniger als 0,001 Prozent, vor allem in Form von Methan und anderen organischen Molekülen. Er war darüber nicht überrascht. Das Verfahren lieferte das beste Ergebnis nicht im reinen Vakuum, sondern nur bei Vorhandensein einer geringen Menge von Wasserstoffgas. Trotzdem, mit dem bloßen Auge, ja, selbst unter einem starken Mikroskop, würde man im Syntheseprodukt keine Trübungen erkennen können. Es war tatsächlich möglich, mit dem Adamas-Verfahren lupenreine Diamanten herzustellen.
Kevin schüttelte den Kopf. Richtig glauben konnte er es immer noch nicht. Er ging zur Versuchsbox und sah durch das Arbeitsfenster. Die Probe lag mitten in der Reaktionskammer, und jedes Mal, wenn der Laser aufblitzte, bildeten sich neue Diamantschichten. Sie reihten sich exakt in die vorliegenden Schichten ein, so dass sich das Kristallgitter fortsetzte und einen Einkristall bildete, dessen Härte von nichts auf der Welt überboten wurde.
Wie so oft, wenn er bis spät in die Nacht arbeitete, irritierten ihn seine Kontaktlinsen, und er rieb sich die Augen. Ein Blick auf seine Uhr zeigte ihm, dass es schon eine halbe Stunde nach Mitternacht war.
»Reif fürs Bett?«
Erschrocken schnellte Kevin herum. Erica streckte den Kopf durch die offene Tür.
»He, du, ich hab dich gar nicht gehört. Was machst du denn hier?«
Erica kam herein und schloss die Tür hinter sich.
»Und was ist das für eine Begrüßung? Ich bin extra gekommen, um zu sehen, wie es läuft.«
»Tut mir leid. Der Tag war lang.«
»Hab schon verstanden.« Erica spähte in die Versuchsbox. Als sie die Probe sah, lachte sie lauthals. »So beweisen wir also, dass der Diamant künstlich hergestellt wurde.«
»Etwas anderes ist mir nicht eingefallen.«
»Ich finde es witzig. Wie weit bist du?« Sie zog sich einen Hocker heran und setzte sich neben ihn.
»Noch nicht so weit, wie ich gehofft hatte. Bis Samstag könnten wir jedoch vierzig Gramm erreichen.«
»Wie viele Karat sind das?«
»Das habe ich mich auch schon gefragt und habe im Internet nachgeschlagen. Ein Karat entspricht zweihundert Milligramm.«
Nach einer kurzen Pause rief Erica: »Das wären ja zweihundert Karat!«
»Ja. Ich denke, es reicht als Beweis.«
»Jennifer Lopez ist davon aber vielleicht nicht beeindruckt.«
»Da liegst du ganz richtig. Sie hat schon einen Dreihundert-Karat-Diamanten geordert.«
Erica nickte. »Hätte ich mir denken können. Sie mag es, wenn es glitzert.«
Kevin lächelte, konnte aber ein Gähnen nicht unterdrücken.
»Du brauchst jetzt Schlaf. In den vergangenen beiden Nächten hast du kaum ein Auge zugetan.«
»Es geht mir aber gut. Was hast du den ganzen Nachmittag getrieben?«
»Ich bin hier, weil ich nicht einschlafen konnte. Heute ist etwas Blödes passiert. Erst wollte ich es dir nicht erzählen, weil ich wusste, dass es dich erschrecken würde, aber ich habe meine Meinung geändert.«
»Was ist denn geschehen?« Kevin ging in Sekundenschnelle eine Reihe schlimmer Möglichkeiten durch.
»In dem Supermarkt, in dem ich heute einkaufen war, reagierte ein Mädchen, ein Teenager, allergisch auf etwas, das sie gegessen hatte.«
»Und?«
»Sie reagierte sehr heftig, sie hatte einen anaphylaktischen Schock.«
»Ach, du liebe Güte! Hat sie überlebt? Ist alles in Ordnung?«
»Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube, ja.«
»Das ist gut … Sekunde. Was hast du damit zu tun?«
Erica holte tief Luft. »Ich war bei ihr, als es passierte. Bis jemand merkte, was Sache war, bekam sie schon keine Luft mehr. Sie wäre vor meinen Augen gestorben, ich musste ihr helfen.«
»Was hast du getan?«
Sie rief eine Internetseite auf dem Laborrechner auf. Kevin las: Roanoke Times . Sie scrollte weiter.
Kevin las den Artikel zwei Mal, bevor er aufsah.
»Sag mir nicht, dass
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