Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah
immer.«
»Ich weiß nicht. Cody bekommt alle Aufmerksamkeit, wenn wir ausgehen. Vielleicht sollte ich meine Haare noch weiter blondieren.«
Ich verkniff mir den Hinweis darauf, dass Peter erst mit knapp vierzig zu einem Vampir geworden war und sich sein Haar bereits heftig auf dem Rückzug befunden hatte. Cody war sehr jung gewesen – kaum zwanzig - und hatte ein sonnengebräuntes, löwenhaft gutes Aussehen. Unsterbliche, die einmal Menschen gewesen waren, bewahrten Alter und Erscheinungsbild, wenn sie unsterblich wurden. Wenn die beiden Vampire nach wie vor Clubs und Studentenkneipen frequentierten, hätte Cody zweifelsohne mehr Glück.
»Wir verschwenden Zeit«, rief ich aus, weil ich Peter von dieser Debatte über Äußerlichkeiten abbringen wollte. »Ich möchte rauskriegen, wer Hugh überfallen hat.«
»Meine Güte, bist du aber einseitig fixiert«, fauchte er. »Warum kannst du nicht einfach abwarten?«
Gute Frage. Ich wusste es nicht. Etwas in mir trieb mich dazu, die Wahrheit herauszubekommen, alles Mögliche zum Schutz meiner Freunde und meiner selbst zu unternehmen. Ich konnte nicht bloß untätig herumsitzen.
»Es konnte kein Sterblicher sein. Nicht nach Hughs Beschreibung des Überfalls.«
»Ja, aber kein Unsterblicher hätte Duane töten können. Das habe ich dir bereits gesagt.«
»Kein geringerer Unsterblicher«, gab ich zu bedenken. »Aber ein höherer Unsterblicher …«
Peter lachte. »Ha-ha, jetzt übertreibst du aber mächtig! Du meinst, irgendwo da draußen ist ein rachsüchtiger Dämon?«
»Sie wären gewiss dazu imstande.«
»Ja, aber sie haben kein Motiv.«
»Nicht un…«
Plötzlich breitete sich ein komisches Gefühl über mir aus, kitzelig, sanft und silbrig. Es erinnerte mich an Fliederduft, an das Klirren winziger Glöckchen. Ich warf den anderen einen scharfen Blick zu.
»Was zum …«, setzte Cody an, aber Peter war bereits auf dem Weg zur Tür. In gewisser Hinsicht ähnelte die Signatur, die wir alle spürten, der von Carter, war jedoch leichter und süßer. Weniger mächtig.
Ein Schutzengel.
Peter öffnete die Tür, und da stand Lucinda, ganz steif, die Arme fest um ein Buch gelegt.
Ich hätte mich fast verschluckt. Es würde passen. Im Allgemeinen hatte ich in dieser Gegend nicht viel mit Engeln zu tun. Carter war die Ausnahme, wegen seiner Beziehung zu Jerome. Dennoch kannte ich die hiesigen, und ich kannte Lucinda. Sie war kein wahrer Engel wie Carter. Schutzengel waren eher das himmlische Gegenstück zu Hugh: ehemalige Sterbliche, die für alle Ewigkeit dienten und Botengänge erledigten.
Ich hatte keinen Zweifel, dass Lucinda täglich alle möglichen guten Taten vollbrachte. Wahrscheinlich hatte sie in Suppenküchen gestanden und in ihrer Freizeit Waisenkindern vorgelesen. Jedoch wurde sie in unserer Gegenwart immer zu einem pedantischen kleinen Luder. Peter teilte meine Gefühle.
»Ja?«, fragte er kühl.
»Hallo Peter. Dein Haar ist heute sehr … interessant«, bemerkte sie diplomatisch, während sie sich nicht von der Stelle rührte. »Darf ich hereinkommen?«
Peters Gesicht verfinsterte sich wegen der Bemerkung über sein Haar, aber seine Instinkte als Gastgeber waren zu tief in ihm verwurzelt, als dass er sie nicht hereingewinkt hätte. Er mochte mich wegen meiner menschlichen Hobbys aufziehen, aber der Vampir hatte einen übergenauen Sinn für Eigentum und Etikette, der schon an eine zwanghafte Störung grenzte.
Sie rauschte herein, angemessen gekleidet in einen knöchellangen schlichten Rock und einen eng am Hals anliegenden Pullover. Das blonde, lockige Haar war zu einem perfekten Bob geschnitten.
Ich war eine ganz andere Geschichte. Mit meinem tiefen Ausschnitt, den knallengen Jeans und den superhohen Absätzen hatte ich das Gefühl, ich könnte mich ebenso gut mit weit gespreizten Beinen auf den Boden legen. Der gezierte Blick, mit dem sie mich bedachte, besagte eindeutig, dass sie dasselbe dachte.
»Schön, euch alle wiederzusehen.« Ihr Tonfall war knapp, formell. »Ich soll etwas von Mr. Carter abgeben.«
»Mr. Carter?«, fragte Cody. »Ist das sein Nachname? Ich habe das stets für seinen Vornamen gehalten.«
»Ich glaube, er hat nur den einen«, spekulierte ich. »Wie Cher oder Madonna.«
Lucinda äußerte sich nicht zu unserem Geplänkel. Stattdessen übergab sie mir ein Buch. Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus: Tausend und ein kleiner Unterschied zwischen den Geschlechtern.
»Was zum Teufel ist das?«, rief Peter aus.
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