Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah
»Das habe ich doch schon mal in einer Talkshow gesehen.«
Plötzlich fiel mir wieder ein, wie ich das Krankenhaus mit Carter verlassen und er behauptet hatte, ein Buch zu besitzen, das mir bei Seth weiterhelfen würde. Ich warf es desinteressiert auf die Theke.
»Carters beschissener Humor in Aktion.«
Lucinda errötete tief. »Wie kannst du eine solche Sprache so achtlos benutzen? Du hörst dich an wie … wie in einem Umkleideraum.«
Ich glättete mein Tanktop. »Nichts da. So was würde ich in einem Umkleideraum nie tragen.«
»Ja, das hat nicht mal die Schulfarben«, sagte Peter.
Ich konnte nicht der Versuchung widerstehen, den Schutzengel etwas aufzuziehen. »In einem Umkleideraum würde ich wahrscheinlich einen kurzen Cheerleader-Rock tragen. Und keine Unterwäsche.«
Peter setzte das Spiel fort. »Und dann würdest du diesen einen Juchzer ausstoßen, nicht wahr? Mit den Händen gegen die Duschwand gestützt und den Arsch raus?«
»Genau«, pflichtete ich bei. »Immer bereit zu einem Jodler fürs Team.«
Selbst Cody wurde jetzt rot. Lucindas Gesicht zeigte ein tiefes Purpur.
»Ihr – ihr beide habt keinen Sinn für Anstand! Überhaupt keinen!«
»Oh, und wenn schon«, sagte ich zu ihr. »Im Country Club, oder wo immer du und der Rest eures Chors sich herumtreiben, tragt ihr wahrscheinlich die ganze Zeit über eine kürzere Variante dieses Rocks. Mit Kniestrümpfen. Ich wette, die andern Engel fahren echt auf dieses Schulmädchen-Aussehen ab.«
Wenn Lucinda eine meiner Freundinnen gewesen wäre, hätte ein solcher Kommentar zu weiteren sarkastischen und höhnischen Bemerkungen geführt. Der Schutzengel versteifte sich jedoch nur und zog es vor, eine ausdruckslose Selbstgerechtigkeit beizubehalten.
»Wir«, verkündete sie, »gehen nicht in so unziemlicher Weise miteinander um. Wir handeln züchtig. Wir behandeln einander mit Respekt. Wir gehen nicht aufeinander los.«
Letzteres sagte sie mit einem kurzen Blick auf mich.
»Was sollte das denn?«
Sie warf das Haar zurück, so wenig davon vorhanden war. »Oh, ich glaube, das weißt du. Wir haben alle von deiner kleinen Rolle als Mitglied der Bürgerwehr gehört. Zuerst der Vampir, dann der Kobold. Bei euch überrascht mich nichts mehr.«
Jetzt wurde ich rot im Gesicht. »Das ist Scheißdreck! Ich wurde wegen der Sache mit Duane schon vor langer Zeit freigesprochen! Und Hugh … das ist einfach nur blöd. Er ist mein Freund.«
»Was bedeutet Freundschaft unter solchen wie euch? Er ist ebenso schlecht wie ihr alle. Was ich so gehört habe, findet er es ausgesprochen lustig, jedem, der zuhören will, von deinem kleinen Auftritt mit Peitsche und Flügeln zu erzählen. Oh, und wenn dir meine Bemerkung nichts ausmacht, so halte ich das für die schändlichste Sache, von der ich je gehört habe. Selbst für einen Sukkubus.« Sie warf einen Blick zu dem Buch hinüber, das ich auf die Theke geworfen hatte. »Ich werde Mr. Carter sagen, dass du, äh, das Buch erhalten hast.«
Mit diesen Worten vollführte sie eine saubere Kehrtwendung und ging, wobei sie die Tür hinter sich schloss.
»Scheinheiliges Luder«, brummelte ich. »Und wie viele Leute wissen überhaupt von dieser Sache mit der Dämonin?«
»Vergiss sie«, sagte Peter. »Sie ist ein Niemand. Und ein Engel. Man kann unmöglich sagen, was sie tun werden.«
Ich sah finster drein. Und dann traf es mich wie ein Schlag. Ich konnte nicht glauben, dass ich nie zuvor daran gedacht hatte. Vielleicht musste man Lucinda doch mehr Anerkennung zollen.
»Das ist’s!«
»Was?«, murmelte Cody durch einen Mund voll fast kalter Pizza.
»Ein Engel hat Duane getötet und Hugh überfallen! Das passt perfekt! Du hast Recht gehabt, dass ein Dämon keinen Grund hätte, unsere Seite um die Ecke zu bringen. Aber ein Engel? Warum nicht? Ich meine einen echten, keinen Schutzengel wie Lucinda.«
Peter schüttelte den Kopf. »Ein Engel könnte so was tun, aber es wäre allzu bedeutungslos. Der große kosmische Kampf Gut gegen Böse ist größer als ein Zweikampf. Das weißt du. Die Agenten des Bösen einen nach dem anderen zur Strecke zu bringen, wäre eine Verschwendung von Ressourcen.«
Cody überlegte. »Was, wenn es ein abtrünniger Engel wäre? Jemand, der die Spielregeln nicht befolgt?«
Überrascht wandten Peter und ich uns zu dem jüngeren Vampir um. Er hatte sich an diesem Abend mehr oder weniger aus unseren Spekulationen herausgehalten.
»So was gibt’s nicht«, gab sein Mentor zurück. »Nicht wahr,
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