Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah
Mann nach dem anderen vor. Auf jeden Fall nett, Sie gesehen zu haben, Erik. Danke für die Plauderei. Und du, Georgina … na ja, wir sehen uns bestimmt bald wieder.«
Etwas an diesen Worten ließ mich frösteln. Ich benötigte jede Unze meiner Entschlusskraft, um ihm nachzurufen: »Carter?«
Seine Hände lagen auf der Tür. Er hielt inne, warf einen Blick zu mir zurück und hob anerkennend eine Braue.
»Weiß Jerome, dass du hier bist?«
Langsam erschien ein verschmitztes Lächeln auf dem Gesicht des Engels.
»Wirst du jetzt mich verpfeifen, Georgina? Und ich dachte, wir würden einen so großen Fortschritt machen! Vielleicht hätten wir noch etwas länger Smalltalk machen sollen. Du hättest mich fragen können, ob sich das Wetter bald ändern würde, ich hätte bemerken können, wie hübsch du heute aussiehst und so weiter und so fort. Du weißt, wie das geht.«
Ich war verblüfft. Seine Worte beschworen dieses Mal das Bild von der Notiz an meiner Tür in mir herauf.
Du bist eine wunderschöne Frau, Georgina. Wunderschön genug, glaube ich, um sogar Engel in Versuchung zu führen …
Gab er mir weitere Hinweise? Spielte er mit mir, wie Cody es angedeutet hatte? Oder las ich zu viel in diese Sache hinein? War er nach wie vor bloß der nervige Carter, ein Nagel zu meinem Sarg, der mich wie stets quälte? Ich wusste es ehrlich nicht, war jedoch immer noch der Ansicht, dass von allen Engeln in der Stadt, die in der Lage gewesen wären, böse Unsterbliche zur Strecke zu bringen, Carter die meiste Gelegenheit dazu gehabt hätte.
»Wie hübsch bin ich denn?« Die Kehle war mir wie zugeschnürt. »Hübsch genug, um dafür zu fallen?«
Die Lippen des Engels zuckten. »Ich wusste, dass du auf mich verfallen würdest. Bis später, Georgina, Erik.« Er öffnete die Tür und ging.
Ich stand da und sah ihm nach. »Was wollte er hier?«
Erik setzte ein Tablett mit zwei Tassen auf den kleinen Tisch. »Jetzt kommen Sie schon, Miss Kincaid! Ich wahre Ihre Geheimnisse. Sie können nicht von mir erwarten, für ihn weniger zu tun.«
»Nein, vermutlich nicht.«
Auch, dachte ich, als der alte Mann die Teekanne holen ging, wollte ich nicht das Risiko eingehen, ihn dadurch in Gefahr zu bringen, dass er in Affären der Unsterblichen mit hineingezogen wurde. Na ja, wenigstens nicht noch mehr hineingezogen, als er es sowieso schon war.
Kurz darauf kehrte er zurück und schenkte uns ein. »Ich hatte den gerade aufgesetzt, bevor Sie hereinkamen. Freut mich, dass Sie ihn mit mir teilen können.«
Ich kostete. Eine weitere Kräutermischung. »Wie heißt der hier?«
»Wunsch.«
»Passt«, bemerkte ich. Abgesehen von Engeln und Verschwörern war ich immer noch begierig auf Roman. »Haben Sie was herausgefunden?«
»Fürchte nein. Ich habe herumgefragt, jedoch nichts von Vampirjägern erfahren, auch keinen Hinweis auf einen in der Gegend hier bekommen.«
»Überrascht mich nicht weiter.« Ich nippte an dem Tee. »Ich glaube, da geht was anderes vor.«
Bescheiden wie eh und je sagte er nichts dazu.
»Ich weiß, Sie werden mir nicht sagen, weswegen er hier war, und ich habe dafür Verständnis …« Meine Stimme erstarb, während ich überlegte, wie ich es am besten in Worte fassen könnte. »Aber was … was halten Sie von ihm? Carter, meine ich. Hat er irgendetwas Unheimliches oder, ich weiß nicht, Verdächtiges getan? Geheimniskrämerisches?«
Erik warf mir einen komischen Blick zu. »Entschuldigen Sie bitte, aber ich habe eine Anzahl von Kunden – Sie eingeschlossen –, auf die diese Beschreibung passt.«
Zweifelsohne war das eine Untertreibung. »Na ja, dann, ich weiß nicht. Vertrauen Sie ihm?«
»Mr. Carter?« Überraschung zeigte sich in seinem Gesicht. »Ich kenne ihn länger als Sie. Wenn einem dieser „verdächtigen und geheimniskrämerischen“ Kunden zu vertrauen ist, dann gehört er gewiss mit an oberste Stelle. Ich würde ihm mein Leben anvertrauen.«
Kaum überraschend. Wenn Carter Jerome täuschen konnte, dann auch bestimmt einen Sterblichen.
Das Thema wechselnd, fragte ich: »Wissen Sie etwas über gefallene Engel?«
»Ich würde mal annehmen, dass Ihnen dieses Thema bereits vertraut ist, Miss Kincaid.«
Ich überlegte, ob das eine Anspielung auf die Gesellschaft war, die mich umgab, oder auf den alten Mythos, dass es sich bei Sukkuben um Dämonen handelte. Ganz nebenbei – wir sind keine.
»Fragen Sie niemals einen Gläubigen, wenn Sie etwas über die Geschichte einer Religion erfahren wollen.
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