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Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah

Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah

Titel: Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richelle Mead
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sie aus dem Regal, blätterte zu Genesis 6 und las die von Erik genannte Passage:
    1 Als sich die Menschen über die Erde hin zu vermehren begannen und ihnen Töchter geboren wurden,
    2 sahen die Gottessöhne, wie schön die Menschentöchter waren, und sie nahmen sich von ihnen Frauen, wie es ihnen gefiel.
    3 Da sprach der Herr: Mein Geist soll nicht für immer im Menschen bleiben, weil er auch Fleisch ist; daher soll seine Lebenszeit hundertzwanzig Jahre betragen.
    4 In jenen Tagen gab es auf der Erde die Riesen, und auch später noch, nachdem sich die Gottessöhne mit den Menschentöchtern eingelassen und diese ihnen Kinder geboren hatten. Das sind die Helden der Vorzeit, die berühmten Männer.
    Aha. Das erklärte alles.
    Ich las die Passage mehrmals in der Hoffnung, mehr herauszubekommen. Am Ende kam ich zum Schluss, dass Erik mir die falsche Kapitelnummer gegeben hatte. Immerhin war er abgelenkt gewesen. Diese Passage hatte meiner Einschätzung zufolge nichts mit gefallenen Engeln zu tun, nicht mal mit dem kosmischen Kampf zwischen Gut und Böse. Worum es jedoch hierbei ging, war die menschliche Zeugung. Man musste kein Bibelgelehrter sein, um zu verstehen, was es zu bedeuten hatte, wenn „sich die Gottessöhne mit den Menschentöchtern eingelassen“ hatten, insbesondere wenn im nächsten Satzteil von Kindern die Rede war. Mit Sex hatte sich auch schon damals ein Buch gut verkauft, genau wie heute. Ich überlegte, ob es ein Witz gewesen war, dass Erik mir ausgerechnet diese Passage genannt hatte.
    »Suchen Sie die Religion?«
    Beim Aufschauen sah ich zunächst ein Pac-Man-T-Shirt vor mir, dann Seths fragenden Ausdruck. »Fürchte, die habe ich vor langer Zeit gefunden und wieder verloren.« Ich schloss das Buch, als er sich neben mich kniete. »Schlage nur was nach. Was machen Cady und O’Neill heute?«
    »Gute Fortschritte bei ihrem letzten Fall.« Er lächelte stolz, und ich ertappte mich dabei, das Bernsteinbraun seiner Augen zu mustern. Während der letzten paar Tage hatte ich ein paar Mal E-Mails mit ihm ausgetauscht und mich an meinen Miniromanen erfreut, obwohl unser laut geäußerter Wortwechsel nur wenig besser geworden war. »Ich habe gerade ein Kapitel abgeschlossen und brauche eine Pause. Herumlaufen, was trinken.«
    »Kein Koffein, vermutlich.« Ich hatte gelernt, dass Seth keine Getränke mit Koffein zu sich nahm, was ich sowohl erschreckend als auch unnatürlich fand.
    »Nein. Kein Koffein.«
    »Sie sollten es nicht so runtermachen. Es könnte Ihren Seitenausstoß steigern.«
    »Ah, ja, genau. Sie sind der Ansicht, meine Bücher würden nicht rasch genug herauskommen.«
    Ich stöhnte bei der Erinnerung an den Tag, als ich ihn getroffen hatte. »Ich glaube, meine eigenen Worte sind an jenem Tag etwas zu rasch herausgekommen.«
    »Unsinn. Sie waren glänzend. Ich werd’s nie vergessen.«
    Seine spöttische Maske verschwand kurz, ebenso wie bei der Tanzstunde, und erneut sah ich männliches Interesse und Anerkennung über seine Züge huschen. Wie ich da so neben ihm hockte, hatte ich wieder kurz ein Gefühl von Natürlichkeit, wie ich es normalerweise bei Doug oder einem der Unsterblichen empfand. Etwas Freundschaftliches und Beruhigendes. Als würden Seth und ich einander schon seit ewigen Zeiten kennen. Vielleicht war das auch in gewisser Hinsicht bei mir so, über seine Bücher nämlich.
    Und dennoch war diese Nähe zugleich beunruhigend. Ablenkend. Mir fielen Dinge auf wie die sehnigen Muskeln seines Arms und wie das wirre braune Haar sein Gesicht einrahmte. Selbst das golden glänzende Licht, das auf seine Gesichtsbehaarung und die Form seiner Lippen fiel, erregte meine Aufmerksamkeit. Im Abwenden spürte ich die ersten Regungen des Durstes nach Lebensenergie in mir, und ich unterdrückte den Drang, die Hand auszustrecken und sein Gesicht zu berühren. Der Gestaltwechsel draußen hatte mehr Schaden verursacht, als mir klar geworden war. Ich musste zwar immer noch nicht so richtig Energie nachfüllen, aber der Instinkt der Sukkuben machte sich allmählich in Form von Gereiztheit bemerkbar. Ich müsste ihn rasch stillen, aber gewiss nicht mit Seth.
    Hastig erhob ich mich, immer noch die Bibel in der Hand, und wollte mich von ihm entfernen. Er stand ebenfalls auf.
    »Na ja«, setzte ich ungeschickt an, als mehrere Augenblicke lang keiner von uns beiden etwas sagte, »ich muss zurück an die Arbeit.«
    Er nickte, und das Interesse auf seinem Gesicht verwandelte sich in Anspannung.

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