Such mich Thriller
Wie kommen Sie darauf?«
Das war keine müßige Neugier. Nahlmans Stimme war schärfer geworden, sie wechselte in den Vernehmungsmodus, auch wenn sie Kayhill freundlich zulächelte. Der lächelte zurück, stolz darauf, dass sie endlich Interesse zeigte.
»Ein Hai passt in das Muster«, erläuterte er. »Sein Gebiet ist der Länge und Breite nach außergewöhnlich groß, dort schwimmt er ständig herum, ist ständig auf der Suche nach Beute.« Mit einer Hand fuhr er über die ausgebreiteten Karten. »Diese Gräber liegen nicht in einer chronologischen Reihenfolge, das heißt, dass er sich auf der Straße beliebig hin und her bewegt. Sehen Sie mal …« Er deutete auf lange rote Striche, die sich über eine der Karten zogen. »Das ist sein Außenbereich. Ich gebe zu, dass meine Daten für dieses spezielle Muster begrenzt sind. Nur eine frische Leiche wurde je gefunden, und dieses Mädchen war vierundzwanzig Stunden vor dem Fund des Grabes entführt worden. Ich gehe deshalb davon aus, dass er ein Kind nicht länger als einen Tag behält. Und er achtet strikt auf das vorgeschriebene Tempolimit.«
Charles nickte. »Damit die Polizei nicht auf ihn aufmerksam wird.«
»Eben.« Der Mann mit dem Mustertick war glücklich. »Nach dieser Erkenntnis habe ich sein Revier geographisch eingegrenzt.«
»Gute Theorie«, sagte Riker. »Und mit einem Wohnwagen könnte er in aller Ruhe auch tagsüber überall an der Strecke graben. Er braucht nur bei einem der Reifen die Luft rauszulassen und einen Wagenheber gut sichtbar hinzulegen. Wetten, dass kein Cop auf die Idee käme, anzuhalten und ihm seine Hilfe anzubieten?« Er betrachtete die Striche rechts und links auf der Karte. »Wie groß ist das Gebiet unseres Hais?«
»Ich komme auf sechshundert Meilen in der Breite und zweitausendvierhundert in der Länge. Enorm, nicht?« Er holte unter einer der Karten ein kleines Notizbuch hervor. »Hier habe ich genauere Berechnungen über noch nicht entdeckte Gräber. Ich habe die Entfernung zwischen bekannten Gräbern gemessen und dabei besiedelte Gebiete und unzugängliche Stellen berücksichtigt. Es gibt einen Abschnitt in Illinois, wo die Route 66 in einem See endet.« Er drückte Riker das Notizbuch in die Hand. »Es gehört Ihnen, Sie werden es noch einmal gut gebrauchen können.«
»Bestimmt.« Riker nahm das Geschenk mit einem etwas gezwungenen Lächeln entgegen. Er zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich scheinbar locker zurück. »Nun mal zu Ihnen persönlich, Horace. Haben Sie ein Kind verloren?«
»Nein, ich war ja auch nie verheiratet.«
»Und was machen Sie so?«
»Ich interessiere mich vor allem für Statistik, für Muster, Zusammenhänge und dergleichen und natürlich für die Route 66. Ich kenne alle Websites, die sich mit ihr befassen. So habe ich auch zwei von Dr. Magrittes Leuten gefunden - in einem Chatroom
für die Route 66. Und auch andere Eltern. Die Namen wurden im Zusammenhang mit statistischen Unterlagen und Berichten über ermordete Kinder genannt, die man an der alten Straße gefunden hat.«
Riker stieß einen Rauchfaden aus und sah zu, wie er sich nach oben kräuselte. »Und wovon leben Sie, Horace? Oder sagten Sie das schon?«
»Ich bin Statistiker.«
»Ja, natürlich.« Riker lächelte. »Dumme Frage!«
Eine Hilfspolizistin kam mit einem Zettel herein, den sie dem Sheriff vorlegte. Nach einem kurzen Blick gab er ihn an Riker weiter, und Charles sah ihm über die Schulter. Es war das Ergebnis einer Recherche über Horace Kayhill. Er war zu hundert Prozent behindert, arbeitslos und arbeitsunfähig. Seine Krankheit war nicht explizit benannt, aber Charles kannte die Symptome. Der Mann hatte eine Zwangsstörung - eine logische Erklärung für die vielschichtig ineinandergreifenden Muster, von denen er besessen war.
Riker betrachtete die Karte von Missouri, die auch Teile von Nachbarstaaten umfasste. Eins der Bleistiftkreuze war zwanzig Meilen von hier entfernt, das nächste in Kansas. Riker tippte mit dem Finger darauf.
Auch Sheriff Banner sah jetzt auf die Karte. »Dort haben wir die Halbwüchsige gefunden, der eine Hand fehlte, aber sie war nicht begraben, sondern lag auf der Straße, vielleicht einen Tag, nachdem sie umgebracht worden war.«
»Eine Halbwüchsige passt nicht ins Muster«, sagte Mr. Kayhill. »Ebenso wenig wie eine Leiche, die nicht begraben wurde. Auf das Muster ist Verlass, an der Stelle liegt eine Kinderleiche, die Sie nur noch nicht gefunden haben.« Er tippte auf das
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