Such mich Thriller
»Wenn meine Jungs als Automechaniker einfach nur gut wären, würden sie für so einen Job zwei Wochen brauchen. Ein Überrollbügel taugt nichts, wenn man ihn nicht fest am Rahmen verankert. Aber diese Burschen sind hochbegabte Künstler. Deshalb sind zwei Tage für einen Überrollbügel schnell. Es gibt keine Werkstatt, die es früher schafft.«
Er folgte ihr durch die Hintertür ins Haus. Erst drei Stunden waren vergangen, seit er seine Küche gesehen hatte, und jetzt riss er die Augen auf. Waren das etwa schon erste Anzeichen von Alzheimer? Einen Moment kam es ihm so vor, als wäre er in einem fremden Haus gelandet. Verrückt, dachte er und dann: total bescheuert.
Kathy Mallory stand mit grimmigem Gesicht am Tisch und fädelte die frisch gewaschenen Gardinen auf eine Vorhangstange. Der Stoff war um sechs Schattierungen heller geworden. Er sah sich um.
Wie hatte sie das in einem halben Vormittag geschafft?
Er hatte vergessen, dass das Linoleum unter dem Dreck mal ein Muster gehabt hatte, jetzt schimmerten die vielfarbigen Karos durch eine glänzende Bohnerwachsschicht. Der Schmutzwäscheberg war abgetragen, im Trockner drehte sich noch die letzte Ladung. Sein alter Holztisch war blank gescheuert, jeder Spritzer, jeder Ring, alle Erinnerungen an vergangene Mahlzeiten waren verschwunden. Selbst der Wasserhahn glänzte. Vermutlich war das der Dank für ihren Überrollbügel,
Geld hatte er natürlich von ihr nicht nehmen wollen, aber verdammt noch mal, diese Sauberkeit war der helle Wahnsinn. Er setzte sich an den Tisch und sah zu, wie sie mit einem Lappen den Türgriff bearbeitete, bis der Chrom blitzte. »Du bist ja der reinste Putzteufel. Wie kommt’s, dass du noch nicht verheiratet bist?«
»Hab nie dran gedacht.« Sie stellte Tassen und Untertassen auf den Tisch.
»Aber wünschst du dir keine Kinder?«
»Nein.« Sie brachte ihm eine Kaffeetasse, die ihm ohne Fingerspuren ganz unbekannt vorkam, und schenkte ihm ein Gebräu ein, das besser roch als alles, was er seit dem Tod seiner Frau getrunken hatte. Erst hinterher kam ihm der Gedanke, dass das womöglich etwas mit einer sauberen Kaffeekanne zu tun hatte. Als Mallory sich zu ihm setzte, konnte er sich eine weitere Frage nicht verkneifen. »Und warum willst du keine Kinder?«
Sie überlegte einen Augenblick. »Ich wüsste nichts mit ihnen anzufangen.«
Die beiden FBI-Agenten waren wieder in den Sitzungsraum gekommen, das heißt, sie waren an der Tür stehen geblieben, vielleicht um zu unterstreichen, dass sie bald gehen mussten und den Mann, der hier saß, um vernommen zu werden, mitnehmen wollten. Nahlman sah immer wieder betont auf ihre Uhr.
Charles Butler saß an dem langen Tisch neben Kayhill, den sie auch den Mann mit dem Mustertick nannten. Er war klein von Wuchs, noch unter einem Meter sechzig, hatte ein teigig blasses Gesicht und trug eine schwarz geränderte Brille. Er war tollpatschig und entschuldigte sich, während er den Kaffee trocknete, der über seine Karten geschwappt war. Vielleicht
war an der Ungeschicklichkeit auch eine starke Überdosis Koffein schuld.
Henry Kayhills Rekord für die Route 66 stand, wie er stolz erklärte, bei drei Tagen, in denen er hauptsächlich von Kaffee und Cola gelebt hatte.
Riker blieb vor Bewunderung fast der Mund offen stehen. »In den Sechzigern hab ich es in vier Tagen geschafft, aber da hatte ich jede Menge Tequila intus - beste Qualität, die mit dem Wurm in der Flasche.«
Sheriff Banner gab zu, dass er als Teenager auch mal die Route 66 gemacht hatte, und zwar »unter dem Einfluss von irgendeinem Stoff, ich könnte nicht mehr sagen, was für einem«. Er habe keine Erinnerung mehr an die Fahrt. Diese Geschichte wurde zum Gewinner erklärt.
Charles, der die berühmte Straße nie gefahren war, besah sich die Karten, die Kayhill auf dem Tisch ausbreitete.
Auf seine neueste Expedition hatte er erheblich mehr Zeit verwandt, deshalb war er zu spät zu dem Konvoi gestoßen. Er deutete auf die Kreuzchen, die Gräber bezeichneten. »Einige habe ich von den Internetgruppen.« Andere hatte er entdeckt, indem er sich bei Leuten erkundigt hatte, die an der Strecke lebten. »Dieses Grab wurde vor zehn Jahren gefunden. Die Einheimischen sagen, dass die sterblichen Überreste mumifiziert waren. An anderen Stellen waren die Leichen nach Aussage der Anwohner skelettiert, einer hat mir erzählt, dass die Knochen beim Herausholen zu Staub zerfielen, aber das war ein flaches Grab in einem
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