Such mich Thriller
das Gefühl, dass er gerade erst die Augen zugemacht hatte.
»Die FBI-Agenten haben durchgezählt«, sagte Charles. »Sechs weitere Paare sind verschwunden.«
Mallory war mit Kansas einverstanden. Es war ein flacher, aber schön aufgeräumter Staat mit sauber abgegrenzten Feldern und geraden Straßen, die sich genau im rechten Winkel kreuzten.
Sie hatte keine Mühe, den langgezogenen Schuppen zu finden, obgleich er etwas zurückgesetzt auf Privatgelände stand. Die Längsseite zur Straße hin diente einem Kaufhaus in der Nachbarstadt als Werbefläche. Eine gekieste Auffahrt führte an dem Schuppen vorbei zu dem unbewohnten Farmhaus der Finns. Das Holz war weiß gestrichen, im Schindeldach waren Giebelfenster. Hinter dem Haus war eine Scheune, aber man sah keine Tiere. Nichts regte sich. Auf der Veranda standen braune Korbmöbel, trotzdem wirkte sie verlassen. Wie mochte der Garten vor einem Jahr ausgesehen haben? Auf dem breiten grünen Rasen hatten Spielsachen und Fahrräder gestanden und verraten, dass hier Kinder lebten.
Mallory war auf halbem Wege zum Haus, als sie anhielt und zurücksah, um sich zu orientieren. Der Serienmörder musste vor dem Schuppen an der Straße auf sein Opfer gewartet haben. Ein Fahrzeug, das auf Privatgelände parkte, würde Vorbeifahrenden nicht auffallen. Der Windschutz aus Bäumen sorgte dafür, dass man vom Haus aus einen Wagen, der von der Straße abbog und hinter dem Schuppen in Deckung ging, nicht sehen konnte.
Wie viele Häuser hatte der Killer ausgekundschaftet, ehe er eins gefunden hatte, das ihm den idealen Schutz vor Entdeckung bot und eine Konfrontation mit Erwachsenen ausschloss?
Mallory fuhr weiter. In der Auffahrt parkte ein Jeep, aber der Mann, mit dem sie sich verabredet hatte, saß in einem Korbsessel auf der Veranda. Jetzt stand er auf und winkte. Der Polizeichef hatte ihm wohl erst erklären müssen, warum eine Kriminalbeamtin aus New York einen knallgrünen Pickup mit einem Jaguar als Kühlerfigur fuhr.
Sie zeigte ihm ihre Dienstmarke, dann ließ sie das vorbereitende Geplänkel über sich ergehen, das für die Bewohner dieser Gegend unverzichtbar zum Kennenlernen gehörte. Während sie zu dem Schuppen zurückgingen, erfuhr sie, dass Myles White, früher Ermittler für den Bezirkssheriff, in den Vorruhestand gegangen war. Sein Vater war allein nicht mehr mit der Farm zurechtgekommen und hatte Hilfe gebraucht. Noch ehe sie an der Straße waren, kannte sie die Namen seiner vier Kinder, von denen keins Interesse hatte, die Farm zu übernehmen, Mr. White hingegen wusste außer dem, was er auf ihrem Dienstausweis gelesen hatte, nichts über sie, aber etwas in ihrem Blick sagte ihm, dass er für heute genug Privates preisgegeben hatte.
Sie war eine viel beschäftigte Frau.
Und deshalb rollte er seine Mordstory vom Ende her auf. »Eine ganze Woche lag sie bei uns in der Leichenhalle, die Ariel, aber Joe hat sich geweigert, sie zu identifizieren. Das kann nicht meine Tochter sein, hat er gesagt, Ariel ist nicht tot, sie hat sich nur verlaufen. Da hinten ist der Friedhof, da haben die Nachbarn sie begraben. Auf dem Grabstein ist keine Inschrift. Wenn Joe irgendwann wieder vernünftig wird, haben sie gesagt, können wir den Namen immer noch einmeißeln. Hier wohnen sehr geduldige Leute.«
Dann hatten sie die Straße erreicht, und er erzählte von dem Tag, als Ariel zum letzten Mal lebend gesehen worden war. »Joe ist Witwer. Eine Nachbarin blieb bei den Kindern, wenn er unterwegs war. Aber an jenem Tag war Peter mit einer Erkältung aufgewacht, und Mrs. Henry war nach Hause gefahren, um ihm Hustensaft zu holen. Deshalb waren nur die drei Kinder im Haus, Ariel, Peter und Dodie.«
»Und Joe Finn?«
»Der war im Krankenhaus, in Kansas City. Sein letzter Fight hatte ihn schwer mitgenommen. Als ich ihm die Nachricht brachte, war sein Gesicht noch so geschwollen, dass er nicht aus den Augen sehen konnte. An Autofahren war nicht zu denken, aber wenn ich ihn nicht mitgenommen hätte, wäre er auch den ganzen Weg zu Fuß gegangen.«
»Die drei Kinder waren also im Haus«, half Mallory vorsichtig nach.
»Ariel kümmerte sich um Dodie, die zur Schule musste. Peter war in seinem Zimmer, aber Dodie hat kräftige Lungen, er hörte, wie sie Ariel anschrie, sie solle sich gefälligst mit der Lunchbox beeilen, sie würde sonst zu spät kommen und der Bus würde ohne sie wegfahren.« Er deutete auf den Rand der Auffahrt. »Da hat der Schulbus gehalten.«
»Sind die Kinder
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