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Titel: Suche: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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eingestehen, dass er nicht besonders gut darin war, Märchen zu erfinden. Er stand auf, um zu unterstreichen, dass sein Entschluss endgültig war.
    Ella schaute ihren Vater enttäuscht an. Doch dann strahlte sie plötzlich. »Guck mal, Papa. Vielleicht war der sechste Mann ja schon hier? Und hat ein paar Bonbons für uns hingelegt. Dann hat er gewusst, das wir zu Besuch kommen.« Steinar folgte ihrem Blick und erschauerte. Mitten auf der alten Holzbank am anderen Ende des Raumes lagen ein paar Päckchen mit Keksen und eine Tüte mit Schokobonbons. Jemand musste vor Kurzem hier gewesen sein.
    Ihm schwindelte. Wer? Er konnte nicht klar denken, und für einen Moment hatte er größere Angst als seine Tochter. Doch dann schob er diese lächerlichen Gefühle beiseite. Das war nicht der richtige Zeitpunkt, um hier herumzustehen und an Gespenster und alte Bergwerksgeschichten zu glauben. »Du musst jetzt ein ganz mutiges Mädchen sein und Papa gehen lassen. Iss so viel du willst von den Süßigkeiten. Aber pass auf, dass dir nicht schlecht wird. Ich bin in einer halben Stunde zurück. Hier kannst du nachsehen, nimm meine Uhr. Wenn der große Zeiger auf zwölf steht und der kleine auf fünf, dann komme ich zurück. Dann kannst du anfangen, zu lauschen. Du wirst meine Schritte viel früher hören, als dass du mich siehst. Und ich lege noch eine Kerze hier auf den Tisch neben die, die brennt. Wenn die andere so weit runtergebrannt ist …«, er zeigte ans untere Ende der Kerze, die er in eine alte Schachtel gedrückt hatte, in die er ein Loch gebohrt hatte, »dann nimmst du einfach die neue Kerze und drückst sie in das Loch, und dann erlischt die alte. Aber du musst sie vorher natürlich an der alten anzünden.«
    Ella ließ einen langen, zittrigen Seufzer vernehmen. »Kann ich denn nicht mit dir kommen, Papa?«
    »Nun sei nicht dumm, Ella. Es dauert doch viel länger, wenn du mitkommst. Bleib du hier und warte auf mich.« Und dann sagte er etwas, das er, soweit er sich erinnern konnte, noch nie gesagt hatte. »Papa hat dich ganz, ganz lieb. Das weißt du doch. Papa wird dich nie hier allein zurücklassen.« Damit verschwand er schnell durch die Tür und machte sie hinter sich zu.
    Ella kroch in die hinterste Ecke der Holzbank zwischen der Felswand und den staubigen grauen Holzplanken. Sie wickelte den Overall um sich herum. Papas Schritte wurden immer leiser. Und zum Schluss war sie allein.
    Er wollte sich beeilen, natürlich wollte er das. Aber es waren Leute in den Tagesanlagen, an der Treppe zum Aufsichtsraum hoch. Er hatte das Gefühl, eine Ewigkeit ausharren zu müssen, und fror, während er darauf wartete, dass sie endlich gingen. Es schien, als hätten sie alle Zeit der Welt, die beiden Personen, aber dann verschwanden sie schließlich doch durch die Tür zur Waschkaue. Er lief über den Parkplatz, zum Container. Öffnete das Auto, löste die Handbremse und schob es hinaus. Schloss die Containertore und setzte sich hinein. Nachdem er den Zündschlüssel gedreht hatte, schaltete er den Wagen in den Leerlauf und drückte den Starter rein, so dass der Wagen von allein den Hang hinunterrollte. Er startete den Motor erst, als er schon weit den Berghang hinunter war. Niemand hatte ihn gesehen oder gehört, wieder einmal nicht.
    Dieses Mal wagte er es, direkt zu Kristians Wohnung zu fahren. Er hatte keine Zeit für Umwege. Der Schneescooter des Kumpels stand vor dem Anbau. Steinar stieg aus dem Wagen und ging zur Garage. Das Tor war verschlossen. Leise fluchte er. Das Glück, das ihm bis jetzt wohlgesonnen gewesen war, durfte nicht hier enden. Aber im Schneescooter steckte der Zündschlüssel. Kristian musste vergessen haben, ihn zu ziehen. Außerdem kam es selten vor, dass jemand einen Scooter in Longyearbyen stahl. Ein Dieb würde ziemlich schnell entdeckt werden.
    Steinar hielt die Straße entlang nach Autos und Fußgängern Ausschau. Er sah niemanden. Aber wo sollte er den Wagen lassen, wenn die Garage verschlossen war?
    »Reiß dich zusammen«, sagte er halblaut zu sich selbst. »Das kriegst du schon hin. Du bist deinem Ziel ziemlich nahe.« Und die eigene Aufmunterung schien zu wirken, denn plötzlich fand er eine Lösung. Auf dem Parkplatz vor dem Café Schwarzer Mann war immer etwas los. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals den Platz leer gesehen zu haben. Dort konnte er seinen Wagen abstellen.
    Er fuhr um den Parkplatz herum und hielt am Rand an, um sich zu orientieren, während er den Motor laufen ließ. Er

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